In den meisten Versicherungsbedingungen gibt es Ausführungen, welche Verhaltenspflichten der Versicherungsnehmer im Schadensfall hat. Ein Verstoß gegen diese Normen kann zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Nehmen Sie Ihren Versicherungsordner und schauen Sie in der angefertigten Aufstellung nach, was bei den einzelnen Versicherungsarten im Schadensfall zu beachten ist.
Beispiel: Autodiebstahl und fehlerhafter Ersatzschlüssel
Frau Gisela Neudeck wurde der Pkw in Ungarn gestohlen. Fristgemäß meldete sie den Schaden und übersandte die zwei Hauptschlüssel und einen Ersatzschlüssel per Einschreiben an die Versicherungsgesellschaft. Diese stellte am 22.05.2001 fest, dass die Transpondernummer auf dem Ersatzschlüssel fehlte. Die Versicherungsgesellschaft rief daraufhin Frau Neudeck an, die angab, dass kein Familienmitglied vom Fehlen der Transpondenummer gewusst habe bzw. der Ersatzschlüssel nie benutzt wurde. Einen Monat erfolgte keine Reaktion von Seiten des Versicherungsunternehmens. Dann besuchte ein Regulierer die Familie und unterbreitete ein Vergleichsangebot von 10.000 Euro. Damit seien alle Schadenszahlungen abgedeckt. Nach Einschaltung eines Anwalts wurde schließlich doch die volle Entschädigungssumme ausbezahlt. Zusätzlich machte der Anwalt Kosten, beispielsweise für Kredite, gegenüber der Versicherung geltend, da diese ohne Grund die Schadenszahlung verzögert hatte. Die Nummer auf dem Ersatzschlüssel hatte keine Auswirkung auf die Zahlungsverpflichtung der Versicherung. Grundvoraussetzung für eine Schadensregulierung ist die unverzügliche Meldung des Schadens. Der Begriff „unverzüglich“ bedeutet, dass die Anzeige ohne schuldhaftes Zögern erfolgen muss.
Beispiel: Sechs Tage bei Wasserschaden zu lang
Das Landgericht Köln, Vers.R. 95, 291 fand die Meldung von sechs Tagen bei einem Wasserschaden nicht mehr unverzüglich, sodass die Versicherungsgesellschaft leistungsfrei war. Als Serviceleistung vieler Versicherungsgesellschaften wurden so genannte Schadenshotlines eingerichtet. Im Schadensfall kann man dann per Telefon den Schaden melden. Leider traten jetzt vermehrt die Fälle auf, in denen es Schwierigkeiten mit dem Versicherer gab, der angeblich keine Meldung erhielt.
Schaden richtig melden
Legen Sie sich bei Meldung des Schadens das Formular der Schadensmeldung, das Sie im Serviceteil und in unserem Versicherung-Ratgeber finden, mit ans Telefon. Setzen Sie die notwendigen Daten ein, damit Sie im Nachhinein zumindest den Sachbearbeiter und Einzelheiten des Gesprächs nachvollziehen zu können. Lassen Sie sich auch die Schadennummer von der Versicherungsgesellschaft geben. Wenn möglich, fertigen Sie nochmals eine schriftliche Schadensmeldung an und senden Sie diese nach. Einfacher ist die Meldung bei Ihrem zuständigen Versicherungsbetreuer, wobei Sie eine Abschrift der Meldung verlangen. Ist die Meldung erfolgt, übersendet Ihnen die Versicherungsgesellschaft in der Regel eine Schadensanzeige. Seien Sie vorsichtig und füllen Sie diese nicht leichtfertig aus. Sie gefährden sonst Ihren Versicherungsschutz. Auch fehlerhafte oder unvollständige Angaben in der Schadensanzeige können zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Achten Sie daher darauf, dass Sie beim Ausfällen der Schadensmeldung äußerste Sorgfalt walten lassen.
Hier einige Beispiele, in denen der Versicherungsschutz von Seiten des Versicherers rechtmäßig versagt wurde:
• Unfallversicherung:
In der Schadensanzeige wurde nachgefragt, ob noch weitere Unfallversicherungen bestehen. Dies wurde verneint, obwohl ein weiterer Vertrag bestand (OLG Saarbrücken Vers.R. 93, 346).
• Kaskoversicherung: Unrichtige oder unvollständige Angaben über
– Anzahl und Name der Vorbesitzer (Köln Vers.R. 84, 378),
– Vorschäden, auch wenn diese bereits repariert sind (Köln r+s 85, 262),
– Kaufpreis des Kfz,
– Verschweigen von Rabatten (BGH Vers.R. 76, 849),
– unrichtige Angabe über die gefahrene Geschwindigkeit (BGH 48, 7),
– Weigerung, den richtigen Fahrer anzugeben (LG Koblenz r+s 96, 300),
– Falschbeantwortung von Mängeln am Fahrzeug (Düsseldorf Vers.R. 61,991).
Hüten Sie sich bei einem Diebstahl Ihres Pkw, die Frage nach dem Kilo-meterstand nur zu schätzen. Leider führen Abweichungen, die nicht geringfügig sind, zum Verlust des Versicherungsschutzes. Nun werden Sie sich fragen, wie die Versicherungsgesellschaft den Kilometerstand bei einem Diebstahl ermitteln will. Eine Möglichkeit ist die Nachfrage bei Ihrer Autowerkstatt. Eine Frage in der Schadensmeldung beinhaltet nämlich, wann die letzte Reparatur oder Durchsicht war und bei welcher Autowerkstatt (OLG Hamm Vers.R. 93, 473). Sollten Sie den Kilometerstand nicht kennen, schreiben Sie dies bitte deutlich hin. Auch ein Strich hinter einer Frage kann zu Missverständnissen fuhren.
Tipp: Seien Sie sehr sorgfältig!
Füllen Sie die Schadensanzeige sehr sorgfältig aus. Können Sie eine Frage nicht beantworten, teilen Sie dies der Versicherungsgesellschaft mit. Der Versicherungsnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt des Schadens und dessen Flöhe. Demgemäß müssen Sie in der Schadensanzeige den Schadenshergang genau beschreiben. Eine Zuschauerin schrieb an die Redaktion, dass sie Schwierigkeiten mit Ihrer Unfallversicherung habe. Auf Nachfrage bei der Versicherungsgesellschaft wurde bestätigt, dass eine Auszahlung nicht erfolge, da kein versicherter Unfall vorliege. Die Frau hatte in der Schadensanzeige geschrieben, dass Sie um vier Uhr morgens Blumentöpfe zum Auto brachte, um diese auf dem Markt zu verkaufen. Beim Beladen des Autos stolperte sie und fiel hin.
Dies wurde laut den Versicherungsbedingungen nicht als Unfall gewertet. Auf Nachfragen, wie es genau passierte, erklärte sie, dass sie über ein kleines Brett gefallen sei, das im Weg lag. Sie wusste nicht, dass sie dies in der Unfallanzeige hätte mit angeben müssen, weil ja die Ursache des Sturzes das Stolpern war. Die Versicherungsgesellschaft bezweifelte nun, dass die neue Schadensschilderung stimmt, und versagte weiterhin die Entschädigungszahlung. Überlegen Sie die Schadensschilderung vor Meldung genau und formulieren Sie sie vor. In der Regel ist man nach einem Schadensfall viel zu aufgeregt, um detaillierte Aussagen treffen zu können. Teilen Sie der Versicherungsgesellschaft mit, dass Sie die vollständige Schadensschilderung erst später einreichen.
Belege sammeln
Zur Feststellung des Schadens werden vom Versicherer Belege angefordert Hier sind die Originalbelege gemeint. Nun kommt es häufig vor, dass diese Belege nicht mehr vorhanden sind. Zwar können Sie oftmals im Geschäft eine neu gefertigte Rechnung erhalten, aber Vorsicht: Diese Zweitschrift ist kein Original und dies muss erkennbar sein. Setzen Sie daher auf die Rechnung den Vermerk „Zweitschrift“. Wenn keine Belege vorgelegt werde können, kommen viele Versicherungsnehmer auf seltsame Ideen.
Beispiel: Rechnung von der Schwester
So wurde einmal einer jüngeren Frau das Fahrrad gestohlen. Da sie keinen Beleg mehr hatte, fragte sie ihre Schwester, die das gleiche Fahrrad besaß, ob sie die Rechnung noch habe. Diese Rechnung wurde dann der Versicherungsgesellschaft eingereicht. Es kam ihr gar nicht in den Sinn, dass dies Versicherungsbetrug darstellt, da beide Fahrräder den gleichen Preis hatten. Liegen keine Rechnungen mehr vor, teilen Sie dies der Versicherungsgesellschaft mit.