Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung
a)Gesetzliche Grundlage
Die Gesetzliche Unfallversicherung ist im SGB VII (Sozialgesetzbuch Siebtes Buch) geregelt.
b)Prävention, Rehabilitation und Entschädigung
Die gesetzliche Unfallversicherung hat die Aufgabe
• mit allen geeigneten MittelR Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten (Prävention),
• nach Eintritt von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
– die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen (Rehabilitation),
– die Versicherten oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen (Entschädigung).
Die Prävention findet ihren Ausdruck durch Maßnahmen zur Unfallverhütung.
c) Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
Die Unfallversicherung wird von Gewerblichen Berufsgenossenschaften einschließlich der See-Berufsgenossenschaft, Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand
(z.B. Bund, Unfallkassen der Länder, Gemeinde-Unfallversicherungsverbände) durchgeführt.
Die Berufsgenossenschaften führen die Unfallversicherung in den ihnen jeweils zugeteilten Gewerbezweigen durch, während den Gemeinden, den Gemeinde-Unfallversicherungsverbänden, den Ländern und dem Bund die Unfallversicherung für die Arbeitnehmer der unmittelbaren Staatsverwaltung aber auch für bestimmte weitere Personengruppen (z.B Schüler, Studenten) gesetzlich übertragen ist.
Versicherter Personenkreis
a) Versicherung kraft Gesetzes
Kraft Gesetzes sind die in § 2 SGB VII genannten Personen versichert. Hierzu zählen insbesondere:
– Beschäftigte (einschließlich der Heimarbeiter) unabhängig von der Höhe ihres Arbeitsentgelts
– Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung
– Kinder während des Besuchs von bestimmten Tageseinrichtungen (z.B. öffentlichen Kindergärten)
– Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen
– Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen
Die vollständige Aufzählung der kraft Gesetzes versicherten Personen würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. So genießt man beispielsweise auch Unfallversicherungsschutz kraft Gesetzes beim Blutspenden.
b) Versicherung kraft Satzung
Durch ihre Satzung können die Träger der Unfallversicherung die Versicherungspflicht auf weitere Personen ausdehnen. Hierfür kommen insbesondere Unternehmer und die im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten in Frage, soweit sie nicht schon kraft Gesetzes versichert sind.
Eintritt des Versicherungsfalles
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit. Als Unfall gilt ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zum Gesundheitsschaden oder zum Tod führt und sich während der versicherten Tätigkeit ereignet hat. Da der Besuch einer Kindertageseinrichtung, einer Schule oder Hochschule eine versicherte Tätigkeit darstellt, ist ein Unfall bei dieser Tätigkeit ebenfalls ein Arbeitsunfall.
Der Gesetzgeber hat den Schutz der Unfallversicherung auf die sog. Wegeunfälle ausgedehnt. Hierunter fallen alle Unfälle auf einem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg zum und vom Ort der Tätigkeit. Verunglückt der Versicherte auf einem solchen Weg, hegt ebenfalls ein Arbeitsunfall vor. Im Einzelfall wird der Unfallversicherungsträger allerdings prüfen, ob der Weg noch im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand oder ob bereits einer nicht mehr versicherten Tätigkeit nachgegangen wurde.
Beispiel: Der direkte Weg von der Arbeit nach Hause steht noch im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, der Bummel über den Weihnachtsmarkt nach Feierabend aber nicht mehr.
Eine Berufskrankheit ist eine Krankheit, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung als solche näher bezeichnet hat und die der Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleidet. Der Leistungsanspruch setzt voraus, dass zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Die bloße Vermutung reicht nicht aus.
Durch die Öffnungsklausel in § 9 SGB VII sind die Unfallversicherungsträger verpflichtet, auch noch nicht in der Rechtsverordnung genannte Krankheiten wie Berufskrankheiten zu entschädigen , wenn sie durch die versicherte Tätigkeit entstanden sind und sie in der Liste nur deshalb fehlen, weil sie als Berufskrankheiten bisher noch nicht hinreichend bekannt bzw. als solche registriert waren.
Umfang der Leistungen in der Gesetzlichen Unfallversicherung
Leistungsarten
Nach Eintritt des Versicherungsfalles (Arbeitsunfall, Berufskrankheit) hat der Versicherte Anspruch auf die verschiedenen Leistungen der Unfallversicherung. Aus der nachfolgenden Übersicht können die verschiedenen Leistungsarten entsprechend der Systematik im SGB VII entnommen werden:
Leistungsart | Umfang der Leistungen |
Heilbehandlung | – Ärztliche und zahnärztliche Behandlung- Arznei- und Verbandsmittel – Heilmittel (z.B. auch Sprachtherapie) – Hilfsmittel – Häusliche Krankenpflege – Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen |
Berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation | – Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Förderung der Arbeitsaufnahme- Berufsvorbereitung – Berufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung, Umschulung – Hüfen zu einer angemessenen Schulbildung – Arbeits- und Berufsförderung (z.B. in einer anerkannten Werkstatt für Behinderte) – Leistungen an Arbeitgeber zur dauerhaften beruflichen Eingliederung, Probebeschäftigung, Ausbildung und Umschulung |
Leistungen zur sozialen Rehabilitation und ergänzende Leistungen | -Kraftfahrzeughilfe- Wohnungshilfe – Haushaltshilfe – Reisekosten |
Leistungen bei Pflegebedürftigkeit | – Pflegegeld oder- Pflegekraft (wird gestellt) oder – Heimpflege |
Geldleistungen während der Heilbehandlung und der beruflichen Rehabilitation | – Verletztengeldt- Übergangsgeld |
Renten an Versicherte | siehe nachstehend in D 6.1.4.2 |
Leistungen an Hinterbliebene | – Sterbegeld- Kosten der Überführung und Bestattung – Hinterbliebenenrenten – Beihilfe statt Rente (für Witwer, Witwen, Waisen, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen) |
Renten an Versicherte
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20% vermindert ist, haben Anspruch auf Rente. Die Rente soll die durch den Versicherungsfall eingetretene Beeinträchtigung ausgleichen. Darüber hinaus hat sie eine Schmerzensgeldersatzfunktion.
War die Erwerbsfähigkeit durch einen früheren Arbeitsunfall bereits gemindert und wird zusammen mit dem jetzigen Arbeitsunfall die 20%-Grenze erreicht bzw. überschritten, besteht auch für den früher eingetretenen Arbeitsunfall Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind aber nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um mindestens 10% mindern.
Im Laufe der Jahre haben sich für bestimmte Verletzungen Erfahrungswerte über den Grad der Erwerbsminderung gebildet, die von den Unfallversicherungsträgern in einer sog. Gliedertaxe festgehalten wurden. Danach bedeutet beispielsweise der Verlust der rechten Hand eines Rechtshänders eine Erwerbsminderung von 60%, der Verlust des rechten Armes schon 80%.
Die Gliedertaxe hat aber nur die Funktion einer Anleitung, da bei der Bemessung der Erwerbsminderung die individuellen Auswirkungen beim Versicherten zu berücksichtigen sind. Bei Kindern und Jugendlichen ist für die Bemessung der Erwerbsminderung die künftige wirtschaftliche Existenzsicherung von erheblicher Bedeutung.
Grundzüge der Berechnung der Verletztenrente a) Berechnungsgrundlage
Die Rente wird im Allgemeinen nach dem Jahresarbeitsverdienst des Versicherten berechnet. Bei einem Arbeitsunfall werden für die Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes die letzten 12 Kalendermonate vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, zugrundegelegt , während bei Berufskrankheiten der letzte im Zusammenhang mit der Berufskrankheit stehende Arbeitstag als Tag des Versicherungsfalles angesetzt wird, wenn dies für den Versicherten günstiger ist.
Bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes sind Mindest- und Höchstgrenzen zu beachten, die wiederum von der im Zeitpunkt des Versicherungsfalles maßgebenden Bezugsgröße abhängen (2007: 29 400,00€ West).
Die Höchstgrenze beträgt das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgebenden Bezugsgröße, wobei die Satzung des jeweiligen Unfallversicherungsträgers eine höhere Obergrenze bestimmen kann.
Als Mindestjahresarbeitsverdienste gelten folgende Sätze:
– für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, 60% der Bezugsgröße
– für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 40% der Bezugsgröße
Höhe der Rente
Hat der Versicherte seine Erwerbsfähigkeit verloren, besteht Anspruch auf Vollrente. Sie beträgt 2/3 des Jahresarbeitsverdienstes. Ist die Erwerbsfähigkeit durch die Folgen des Versicherungsfalls eingeschränkt, wird eine am Grad der Erwerbsminderung ausgerichtete Teilrente gewährt.
Bei einer Erwerbsminderung von 50% oder mehr erhöht sich die Rente um 10% (Schwerverletztenrente).
Berechnungsbeispiele: | |
Der Jahresarbeitsverdienst des Unfallverletzten soll 25 350,00 € betragen. Dieser | |
Betrag liegt innerhalb der Grenzen, so dass eine Mindest- die Rentenberechnung nicht angesetzt werden muss. | bzw. Höchstgrenze für |
(1) Berechnung der Vollrente (volle Erwerbsunfähigkeit) Rente: 25 350 • 2/3 | 16 900,00 € |
Schwerverletztenrente 10% von 16 900 | 1 690,00 € |
Jahresrente | 18 590,00€ |
Monatsrente | 1 549,17€ |
(2) Berechnung der Teilrente (geminderte Erwerbsfähigkeit von z.B. 40%) | |
Rente: 40% von 16 900 | 6 760,00€ |
Schwerverletztenrente | 0,00€ |
Jahresrente | 6 760,00€ |
Monatsrente | 563,33€ |
Die Unfallrenten werden jährlich in der gleichen Höhe angepasst, wie sich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Berücksichtigung der Veränderungen der Belastungen bei Renten verändern.
In bestimmten Fällen können Versicherte anstelle der Rente einen Kapitalbetrag erhalten.