Fälligkeit des Erstbeitrages
Der erste oder Einmalbeitrag ist sofort nach Abschluss des Vertrages zu zahlen (Einlösungsklausel). Sofortige Zahlung bedeutet, dass unmittelbar nach dem Abschluss des Vertrages zu leisten ist. Es besteht also eine Vorauszahlungspflicht. Nach WG ist die erste oder einmalige Prämie unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen (in der Lebensversicherung nach Ablauf von 30 Tagen) nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. Der Aufschub von zwei Wochen bzw. 30 Zagen steht im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht des VN. Der VN ist zur Zahlung des Erstbeitrages jedoch nur gegen Aushändigung des Versicherungsscheines verpflichtet (er hat ein Zurückbehaltungsrecht), es sei denn, dass die Ausstellung eines Versicherungsscheins vertraglich abbedungen wurde. Die Fälligkeitsregelung im WG bzw. VVG a. F. ist abdingbar.
Beispiel aus den AHB:
Der erste oder einmalige Beitrag wird – wenn nichts anderes vereinbart ist – sofort nach Abschluss des Vertrages fällig. Die Zahlung gilt als rechtzeitig, wenn sie nach Erhalt des Versicherungsscheins und der Zahlungsaufforderung (sowie nach Ablauf der im Versicherungsschein genannten Widerspruchsfrist von 14 Tagen) unverzüglich erfolgt.
Abgrenzung Erstbeitrag – Folgebeitrag
Manchmal ist es zweifelhaft, ob eine bestimmte Beitragsschuld ein Erstbeitrag oder Folgebeitrag ist. Aber gerade von dieser Unterscheidung hängt es ab, ob ein Versicherungsfall, der sich vor der Zahlung des Beitrages ereignet hat, gedeckt oder nicht gedeckt ist. Die Unterscheidung zwischen Erst- und Folgebeitrag ist sehr wichtig wegen der abweichenden Rechtsfolgen bei Verzug. § 37 VVG (§ 38 WG a. F.) gilt deshalb nur für den Erstbeitrag, während §38 WG (§ 39 WG a. F.) den Folgebeitragsverzug regelt. Die strengeren Verzugsfolgen des §37 VVG (§ 38 VVG a. F.) lassen sie damit begründen, dass der VN von vornherein keinen Anspruch auf Versicherungsschutz haben soll, wenn er trotz Belehrung noch nicht einmal den ersten Beitrag rechtzeitig zum vereinbarten Zeitpunkt (Fälligkeitstermin) an den VR bezahlt.
Neben dem Einmalbeitrag und dem Beitrag für die erste Versicherungsperiode bei
Verträgen mit Verlängerungsklausel oder auf unbestimmte Zeit, handelt es sich u. a. in den folgenden Fällen um einen Erstbeitrag: •Beitrag für eine vorläufige Deckungszusage;
•der Beitrag für eine Unfallversicherung, die äußerlich durch Nachtrag mit der bestehenden Haftpflichtversicherung zusammengefasst wird;
•Die erste Rate eines Jahresbeitrages, wenn im Vertrag von vornherein generell
Zahlung in Raten (Halb-, Vierteljahres-, Monatsraten) vorgesehen war. Nur die erste Rate ist hier Erstbeitrag, alle weiteren Raten sind Folgebeiträge i. S. des VVG. Ist dagegen der Jahresbeitrag als Gesamtbeitrag – wie im Versicherungsschein ausgewiesen – sofort fällig, wird aber ein Teil der Zahlung gestundet, dann sind sämtliche Raten zusammengenommen als Erstbeitrag anzusehen, mit der Folge, dass bei Nichtzahlung einer Rate die strengen Folgen des Erstbeitragsverzuges eintreten.
•der erste Beitrag für einen Vertrag, der einen anderen Vertrag ersetzen soll, z. B.
bei der Umwandlung einer Teilkasko- in eine Vollkaskoversicherung. Das Gleiche gilt, wenn nach Ablauf eines Vertrages ein zweiter neuer Vertrag geschlossen werden soll, z. B. wenn der VN nach Anschaffung eines neuen KFZ einen neuen Antrag auf Abschluss einer Kraftfahrtversicherung stellt, auch wenn noch ein Restbeitrag aus dem früheren Vertrag anzurechnen ist. Dagegen liegt bei Vertragsänderungen kein Erstbeitrag vor, z. B. wenn die Versicherungssumme erhöht wird. Ebenso haben versicherungstechnische Vorgänge in der Regel keinen Einfluss auf versicherungsrechtliche Vorgänge, jedenfalls solange die Parteien dies nicht beabsichtigen. Wird z. B. ein teurerer Zweitwagen auf die schon lange bestehende Versicherung eines billigeren Erstwagens umgeschrieben, um in den Genuss des günstigen Rabatts dieser Versicherung zu kommen, so ist der erste Beitrag nach Abschluss des Neuvertrages dennoch ein ganz normaler Folgebeitrag und nicht, wie es versicherungstechnisch den Anschein hat, Erstbeitrag. Der VN hat im Zweifelsfall mit der Umschreibung keine versicherungsrechtliche Änderung beabsichtigt, die ihn im Verzugsfall den strengen Regelungen des Erstbeitragsverzugs unterwerfen würde.
Rechtsfolgen bei Nichtzahlung des Erstbeitrages
Verzug setzt nach BGB-Recht Mahnung und Vertretenmüssen (Verschulden) voraus. Kein Verschulden könnte vorliegen bei schwerer Krankheit, Verkehrssperre usw. Im VVG wird für die Rechtsfolgen auf das Verschulden des VN abgestellt. Das VVG a. F. regelte die Folgen des Beitragsverzuges aber abweichend von den Vorschriften im BGB.
Wird der Erstbeitrag nicht rechtzeitig bezahlt, dann hat dies nach VVG Auswirkungen:
•Beitragsanspruch des VR
Der VR kann den Beitragsanspruch – bei Verzug inkl. Kosten und Verzugszinsen – gerichtlich geltend machen, d. h. der VR erhebt Klage bzw. beantragt erst einmal einen Mahnbescheid.
•Rücktrittsrecht des VR
Der VR kann aber auch den Rücktritt vom Vertrag erklären, der dann von Anfang an aufgehoben wird (Aktivrücktritt bzw. erklärter Rücktritt). Nach VVG kann der VR nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn der VN die Nichtzahlung zu vertreten hat. Nach VVG a. F. muss der VR den Rücktritt nicht ausdrücklich erklären. Es gilt als Rücktritt, wenn er den Anspruch auf den Beitrag nicljJ innerhalb von drei Monaten – vom Fälligkeitstag des Beitrages an – gerichtlich geltend macht (Passivrücktritt bzw. fingierter Rücktritt). Die Möglichkeit des fingierten Rücktritts nach VVG a. F. ist im VVG nicht mehr vorgesehen. Der VR hat im Fall des Rücktritts einen Anspruch auf eine angemessene Geschäftsgebühr, die pauschaliert die entstandenen Verwaltungskosten abdecken soll.
•Leistungsfreiheit des VR (Einlösungsprinzip)
Ist der Beitrag zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles noch nicht bezahlt, tritt nach VVG Leistungsfreiheit nur dann ein, wenn
-der VN die Nichtzahlung zu vertreten hat,
-der VN durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf die Rechtsfolge der Nichtzahlung aufmerksam gemacht wurde.
Nach § 38 (2) VVG a. F. ist der VR unabhängig davon, ob der VN die Nichtzahlung verschuldet hat, von der Verpflichtung zur Leistung frei. Ausnahmen zur WG-Regelung gelten nur, wenn der VN und der VR eine der folgenden Vereinbarungen getroffen hat:
•Erweiterte Einlösungsklausel
•Deckende Stundung: Hatte der VR dem VN den Erstbeitrag gestundet, so tritt die Leistungsfreiheit nicht sofort ein wenn z. B. die 2. Rate des lediglich nur gestundeten Gesamtbetrages des ersten Jahresbeitrages nicht rechtzeitig gezahlt wird. Die Rechtsprechung fordert hier zunächst eine warnende Mahnung gegenüber dem VN, ohne die er den Versicherungsschutz nicht verlieren soll.
•Vorläufige Deckungszusage