Auch Erträge aus anderen Geldanlagen sind steuerfrei. Nun werden sich viele fragen, wo denn überhaupt noch der Vorteil einer Kapital-Lebensversicherung liegt. Natürlich muss der Versicherte in seine Renditeberechnung Steuervorteile einbeziehen, wobei Gesellschaften und Vertreter dieses für die Kapital-Lebensversicherung eigentlich nicht tun dürfen, da Steuervorteile nicht ihre Leistungserfolge sind und nicht darüber hinwegtäuschen dürfen, dass die Unternehmen aus den Spargeldern der Versicherten, ihren Erträgen und Wertsteigerungen Renditen von acht bis über zehn Prozent erzielen, davon an die Versicherten selbst aber nur etwa 60 bis 70 Prozent weitergeben.
Steuervorteile haben Kapital bildende Versicherungen unter drei Voraussetzungen:
1. Die Vertragsdauer muss mindestens zwölf Jahre betragen.
2. Es müssen für mindestens fünf Jahre Beiträge gezahlt werden.
3. Der Todesfallschutz muss mindestens in Höhe von 60 Prozent aller während der Vertragsdauer zu zahlenden Beiträge vereinbart sein. (Beispiel: Jahresbeitrag 1000 Euro x Vertragsdauer 30 Jahre = 30000 Euro; davon 60 Prozent = 18000 Euro)
Steuervorteile werden von der Werbung und den Vertretern immer sehr pauschal versprochen. Da die Abzugsfähigkeit von Lebensversicherungsbeiträgen als Sonderausgaben kaum zum Tragen kommt, weil die Sonderausgaben-Freibeträge in der Regel – zumindest bei Arbeit- nehmerhaushalten – voll ausgeschöpft sind, hatte die Branche selbst Schenken über eine entsprechende Werbung geäußert: Bereits heute sehen wir uns kaum noch in der Lage, mit der Steuerbegünstigung von Lebensversicherungsbeiträgen zu werben, weil wir es erlebt haben und weiter gewärtig sein müssen, dass uns eine solche Werbung von Verbraucherschützern als Irreführung der Versicherungsinteressenten ausgelegt wird.
Nur wenn der Sonderausgabenabzug gegeben ist, was in der Regel nur bei Selbstständigen der Fall ist, kann es sinnvoll sein, bei einem auf Dauer hohen Einkommen bzw. Steuersatz eine Kapital-Lebensversicherung – als reine Geldanlage – mit der Mindestlaufzeit von zwölf Jahren zur Ausnutzung dieses Steuervorteils abzuschließen. Steuervorteile können sich auch ergeben durch den Abschluss der Kapital-Lebensversicherung als so genannte Direktversicherung über den Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung. Die Steuerfreiheit der Kapitalerträge war dagegen bei der Kapital-Lebensversicherung keine Besonderheit, wie sie immer von der Branche und ihren Vertretern dargestellt wurde. Wertsteigerungen aller Kapitalanlagen – aus Grundbesitz, Wertpapieren oder Fonds – waren auch K hon immer steuerfrei. Bei Aktien und Aktienfonds sind das (nach einer Sperrfrist von einem Jahr) etwa 90 Prozent der Erträge (Kurswertsteigerungen). Nur der Rest sind zu versteuernde Dividendenausschüttungen.
Schon in den Vorauflagen dieses Buches wurde seit 1984 gewarnt, die neuerlichen Rahmenbedingungen zur Kapital-Lebensversicherung konnten sich verschlechtern. Anfang der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts kam dann ein erster Schlag gegen die Kapital-Lebensversicherung vom Bundesverfassungsgericht. Dieses hatte die Bundesregierung aufgefordert, Steuergerechtigkeit bei den Erträgen aus Geldanlagen herzustellen. Der Bundesfinanzminister musste der geliebten Kapital-Lebensversicherung wehtun und die Zinsfreibeträge anderer Geldanlagen verzehnfachen: Ab 1993 brauchten Ledige ihre Zinseinnahmen bis zu 6100 Mark nicht zu versteuern.
Verheiratete konnten sogar 12200 Mark pro Jahr an Kapitalerträgen steuerfrei kassieren. Diese Zahlen sind inzwischen wieder halbiert und – durch die Umrechnung in Euro – sogar gevierteilt worden. Jetzt können Ledige nur noch Kapitalerträge bis zu 1 550 Euro pro Jahr steuerfrei kassieren, Verheiratete 3 100 Euro. Im Jahre 1996 drohte ein nächster Schlag. Politiker forderten, die Steuerfreiheit der Erträge aus Kapitalversicherungen völlig abzuschaffen. Die Wirtschaftswoche schrieb damals: Bundesfinanzminister Theo Waigel ist das Steuerprivileg der Lebensversicherung nicht mehr heilig. Seit Monaten halten sich Gerüchte, dass die Steuerfreiheit nun doch gekippt werden könnte. Ein stellvertretendes Vorstandsmitglied einer Rückversicherung AG: Wir müssen uns im EG-Markt darauf einstellen, dass es für Lebensversicherungen keine oder zumindest eingeschränkte steuerliche Vorteile gibt.
Bundesfinanzminister Eichel machte im Jahre 1999 Ernst. Das letzte Privileg, der Sonderausgabenabzug der Beiträge zu Lebensversicherungen (den kaum jemand geltend machen kann), sollte zum I. Januar des Jahres 2000 fallen. Die Branche nutzte diese Situation zunächst als Werbeargument und schloss im Jahre 1999 etwa fünf Millionen Kapital-Lebensversicherungen mehr ab als im Jahresdurchschnitt. Und dann verhinderte sie durch massiven Druck auf ihren größten Schuldner (die Bundesregierung) das Vorhaben noch in letzter Minute. Es ist aber weiterhin damit zu rechnen, dass die Steuerfreiheit der Erträge aus Versicherungen einmal fallen wird, was auch für bestehende Verträge gelten kann. In Österreich ist dieser Sonderausgabenabzug im Jahre 1997 bereits für alle – also auch für bestehende – Lebensversicherungen gestrichen worden!
Wenn es in Zukunft überhaupt noch ein Steuerprivileg geben sollte: Kapitalversicherungen werden selbst für Steuersparer durch die künftig niedrigeren Steuersätze immer uninteressanter. Verlassen Sie sich nicht auf das Steuerprivileg von Lebens- und Rentenversicherungen. Es sollte schon unter der alten Bundesregierung rückwirkend für alle Verträge gestrichen werden, was von Verfassungsrechtlern als zulässig angesehen wird. Auch hier gilt die BdV-Devise:
Ob mit oder ohne Steuervorteile – jede andere langfristige Geldanlage ist besser. Für viele, die vorzeitig kündigen und dabei viel Geld verlieren, wäre sogar der Sparstrumpf besser gewesen.
Kapitalversicherungen allenfalls zu empfehlen zum Steuernsparen im Rahmen der Sonderausgaben oder als Direktversicherung
Kapital bildende Versicherungen (zu denen auch die private Rentenversicherung gehört) haben so viele Nachteile, dass sie – unter dem Vorbehalt, dass die steuerlichen Rahmenbedingungen sich nicht verändern – allenfalls als Geldanlage zum Steuernsparen empfohlen werden können,
1 wenn die Beiträge während der gesamten Vertragsdauer im Rahmen der Sonderausgaben vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden können (nur mit zwölf Jahren Laufzeit und nur bei Spitzengesellschaften),
2 als Direktversicherung über den Arbeitgeber (nur bei hohem Steuersatz und erst ab Alter um die 40, weil der Vertrag bis zum 60. Lebensjahr laufen muss und sonst die Inflation die Vorteile wieder auffrisst).
In beiden Fällen werden die Steuervorteile in Zukunft vermutlich niedriger sein, weil die Steuersätze erheblich reduziert werden sollen.
Alle Lebens- und privat Rentenversicherten müssen sich jetzt also überlegen, ob sie ihre Verträge weiterführen wollen – was in den seltensten Fällen angezeigt ist. Wer den Todesfallschutz benötigt, erhält diesen – wenn er noch gesund ist – für einen Bruchteil des Beitrages über die Risiko-Lebensversicherung. Ansonsten ist jetzt – bei den oben genannten Sparerfreibeträgen – die simpelste Geldanlage ab etwa sechs Prozent Zinsen schon besser und vor allem viel flexibler als das Sparen in Kapital-Lebens- oder privaten Rentenversicherungen. Ledige könnten danach bis zu 26000 Euro, Verheiratete bis zu 52000 Euro pro Jahr zu sechs Prozent anlegen, ohne Steuern auf die Erträge zahlen zu müssen.