Beispiel: Alberto G. liegt seit seinem Autounfall schon die dritte Woche im Spital. Die Ärzte haben ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule sowie Quetschungen und Stauchungen im Brustwirbelbereich diagnostiziert. Außerdem befürchten sie, dass eine leichte Hirnleistungsstörung Zurückbleiben könnte. An eine Wiederaufnahme der Arbeit als Monteur ist jedenfalls für längere Zeit nicht zu denken. Frau G. hat gleich am Montag nach dem Unglück den Arbeitgeber informiert und dieser hat den Unfall bei der Unfallversicherung des Betriebs angemeldet. Diese übernimmt sämtliche Kosten für Krankenwagen, Spital, Arztrechnungen und Medikamente. Den Lohn erhält Alberto G. vorläufig weiter vom Betrieb, allerdings reduziert auf 80 Prozent, weil die Taggelder der Unfallversicherung auf diesen Betrag limitiert sind.
In diesem Versicherung-Artikel geht es um die zentrale Sozialversicherung bei Unfällen: die obligatorische Unfallversicherung. Die gesetzliche Grundlage bilden das Unfallversicherungsgesetz (UVG) und die dazugehörende Verordnung (UVV). Dort ist alles geregelt: wer versichert ist, welche Leistungen erbracht werden, wie hoch die Leistungen sind etc. Durchgeführt wird die Unfallversicherung einerseits von der Suva und andererseits von privaten Versicherern. Dabei sind der Suva bestimmte Branchen aus dem handwerklichen Bereich fest zugewiesen. Betriebe dieser Branchen können nicht zu einem privaten Versicherer wechseln. Ebenso wenig kann sich ein Betrieb aus einer nicht zugewiesenen Branche (vor allem aus dem Bereich Büro und Dienstleistung) freiwillig der Suva anschließen. Aufgrund ihrer Größe kommt der Suva bei der Durchführung eine zentrale Rolle zu. Bei ihr sind rund ein Viertel aller Erwerbstätigen versichert. Den Rest teilen sich über 30 Versicherungsgesellschaften Die obligatorische Unfallversicherung bietet einen guten Versicherungsschutz bei Unfällen während der Arbeit und der Freizeit. Eine Notwendigkeit zum Abschluss zusätzlicher privat finanzierter Versicherungen besteht nur in Ausnahmefällen und bei besonderen Bedürfnissen. Welche Möglichkeiten es gibt und worauf Sie achten müssen, sehen Sie in unserem Versicherung-Portal.
Wer ist obligatorisch versichert?
Vom Schutz der sozialen Unfallversicherung profitieren in erste Linie die angestellt Erwerbstätigen, die von ihrem Arbeitgeber obligatorisch versichert werden müssen. Selbständig erwerbende können sich freiwillig anschließen. Durch das Netz des obligatorischen Unfallschutzes fallen die Nichterwerbstätigen – vor allem Studierende sowie Hausfrauen und Hausmänner. Sie müssen für die Abdeckung des Unfallrisikos auf private Versicherungen und auf die Krankenkasse ausweichen. Eine Sonderstellung nehmen die Arbeitslosen ein. Solange sie Taggelder der Arbeitslosenversicherung beziehen, sind sie von Gesetzes wegen bei der Suva versichert. In seltenes Lallen kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber seine Angestellten nicht unfallversichert. Bei Betrieben, für die nicht die Suva zuständig ist, springt dann die Ersatzkasse UVG ein und übernimmt die gesetzlichen Leistungen an Verunfallte.
Unfall in der Freizeit: minimales Wochenpensum
Das Unfallversicherungsgesetz unterteilt die Unfälle in zwei Kategorien: Berufsunfälle und Nichtberufsunfälle (Freizeitunfälle). Während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Berufsunfälle auf jeden Fall versichert sind, gibt es bei den Nichtberufsunfällen eine Einschränkung: Versichert ist nur, wer mindestens acht Stunden pro Woche beim selben Arbeitgeber tätig ist. Dieses minimale Pensum entspricht ungefähr einer 20-Prozent-Stelle.
Die Prämien für die beiden Bereiche Beruf und Freizeit werden von den Unfallversicherern separat berechnet. Das sehen Sie auf Ihrer Lohnabrechnung bei den Sozialabzügen. Wie bei den meisten Sozialversicherungen werden die Prämienzahlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt:
• Die Prämien für die obligatorische Versicherung der Berufsunfälle (BLT oder BUV) trägt der Arbeitgeber.
• Die Prämien für die obligatorische Versicherung der Nichtberufsunfälle (NBU oder NBUV) wird dem Arbeitnehmer vom Lohn abgezogen. Der Arbeitgeber kann aber auch diese Prämie oder einen Teil davon freiwillig übernehmen, vor allem die Entwicklung im Bereich der Freizeitunfälle bereitet den Unfallversicherern Sorgen. Weil die Versicherten immer mehr und auch immer gefährlicheren Freizeitaktivitäten nachgehen, haben die Unfälle in diesem Bereich stark zugenommen. Dass die Berufsunfälle rückläufig sind – wohl eine Folge der Verlagerung von Arbeitsplätzen aus der Produktion, dem handwerklichen Bereich und der Landwirtschaft zu weniger unfallträchtigen Bürojobs vermag diese Entwicklung nicht zu kompensieren.
Wenn Sie in einem kleinen Teilzeit panzern tätig sind: Überprüfen Sie, ob Sie auch gegen Nichtberufsunfälle versichert sind. Wenn nicht, sollten Sie an eine zusätzliche Versicherung denken. Denn gerade das Unfallrisiko in der Freizeit hat zugenommen.
Freiwillige Unterstellung unter die Unfallversicherung
Sind Sie selbständig oder wollen Sie sich selbständig machen? Dann sollten Sie Ihre Versicherung Situation von einer Fachperson abklären lassen. Um vieles, was bei Angestellten vom Arbeitgeber erledigt wird, müssen Sie sich selbst kümmern. Neben der Abdeckung des Krankheits- und Haftpflicht Risikos ist auch eine Unfallversicherung ein Muss.
Zwar besteht für Selbständig erwerbende keinen Obligateren, Sie haben aber die Möglichkeit, sich freiwillig der Unfallversicherung nach UVG anzuschließen. Die Liste der beim Bundesamt für Gesundheit registrierten Versicherer, die UVG-Deckungen anbieten, finden Sie im Internet unter bag.admin*ch Themen -> Versicherung -> Unfallversicherung).
Bevor Sie Ihre Versicherung abschließen, sollten Sie prüfen, ob der im UVG verbindlich festgelegte Deckungsumfang für Sie richtig ist oder ob Sie nicht mit einer maßgeschneiderten privaten Lösung besser fahren. Wenn Sie beispielsweise weder verheiratet sind noch Kinder haben, macht es wenig Sinn, Prämien für Witwen- und Waisenrenten zu bezahlen, die im Unfallversicherungsgesetz zwingend vorschrieben sind. Notwendig ist dagegen auf jeden Fall die vernünftige Abdeckung eines Erwerbsausfalls und des Invaliditätsrisikos. Hier die richtige Lösung zu finden, ist wichtig. Verlieren Sie nämlich als Selbständiger Ihre Erwerbsfähigkeit, fällen Sie durch die Maschen des sozialen Sicherheitsnetzes, das die Angestellten in solchen Fällen auffängt. Lassen Sie sich von einem vertrauenswürdigen Versicherungsexperten beraten (mehr dazu auf Seite 154).
Wann beginnt, wann endet der Versicherungsschutz?
Sind Sie angestellt, beginnt Ihr Versicherungsschutz mit dem Antritt der Stelle. Sobald Sie sich also am ersten Arbeitstag am Morgen auf den Weg zur Arbeit machen, sind Sie unfallversichert. Auf der anderen Seite endet der Versicherungsschutz nicht mit dem letzten lag, an dem Sie für Ihren Arbeitgeber tätig sind. Obligatorisch unfallversichert sind Sie bis zum Ende Ihres Anspruchs auf mindestens den halben Lohn – und noch 30 Tage darüber hinaus (Nachdeckung). Wenn Sie also am Ende der Kündigungsfrist noch Ferien beziehen, Überzeit kompensieren oder wenn Sie – mit Lohnfortzahlung – freigestellt sind, ist trotzdem der Kündigungstermin ausschlaggebend. Denn obwohl Sie mit der Arbeitstätigkeit aufgehört haben, muss Ihnen bis zu diesem Zeitpunkt der Lohn bezahlt werden.
Beispiel: Am 10. Februar ist Sandra Z. mit ihrem Skateboard verunfallt. Nun liegt sie im Spitalbelt und sorgt sich: Wird die Unfallversicherung bezahlen? Sie hat nämlich ihre alte Stelle bei der Regionalzeitung auf den 31. Januar gekündigt. Und da sie einiges an Ferien und Überzeit angespart hatte, konnte sie den Arbeitsplatz bereits vor dem offiziellen Ende des Arbeitsverhältnisses räumen, in der Redaktion war sie seit Ende Dezember nicht mehr, der Lohn wurde ihr aber noch bis Ende Januar bezahlt. Am 15. März hätte sie ihre neue Stelle beim Fernsehen angetreten – aber nun ist dieser blöde Unfall passiert. Ist Frau Z. überhaupt irgendwo unfallversichert?
Sandra Z. hat Glück im Unglück: Der Unfall ereignete sich zwar zehn Tage nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Zeitung und die neue Stelle hat sie noch nicht angetreten. Doch sie profitiert von der 30-tägigen Nachdeckung. Diese 30 Tage beginnen nicht mit dem Ende der Arbeitsleistung (am 31. Dezember), sondern erst mit dem Ende des Eohnanpruchs am 31. Januar. Deshalb ist Frau Z. noch bis zum 2. März bei der Zeitung unfallversichert. Pech hätte sie gehabt, wenn sie nach dem 2. März, aber vor dem Antritt der neuen Stelle am 15. März verunfallt wäre: Dann hätte weder die Unfallversicherung des alten noch die des neuen Arbeitgebers bezahlt.
Für größere Lücken: die Abrede Versicherung
Die 30-tägige Nachdeckung verhindert, dass bei einem kurzen Unterbruch zwischen zwei Stellen eine Lücke im Versicherungsschutz entsteht. Was aber gilt bei einem längeren Arbeitsunterbruch – beispielsweise bei einem unbezahlten Urlaub oder einer Weiterbildung?
Beim Unfallversicherer des bisherigen Arbeitgebers können Angestellte freiwillig die sogenannte Abrede Versicherung abschließen. Und zwar für maximal 180 Tage. Dieser Abschluss lohnt sich auf jeden Fall, wenn Sie einen längeren Arbeitsunterbruch planen. Für wenig Geld erhalten Sie weiterhin den Schutz der gut ausgebauten Unfallversicherung (der Ausdruck Abrede Versicherung kommt übrigens daher, dass diese nur aufgrund einer besonderen Vereinbarung- einer Abrede -entsteht). Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, Sie beim Verlassen des Betriebs ausdrücklich auf die Abrede Versicherung aufmerksam zu machen. Unterlässt er dies, muss seine Unfallversicherung selbst dann noch Leistungen erbringen, wenn Sie nach Ende des obligatorischen Versicherungsschutzes (also mehr als 30 Tage nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses) verunfallen und nicht versichert sind.