Haftungsarten
Haftpflicht bedeutet Verpflichtung zum Schadenersatz, d.h., der Schädiger haftet unter bestimmten Voraussetzungen mit seinem Vermögen und Einkommen für einen Schaden, den er einem anderen (Fremdschädigung) zugefügt hat. Sind Schädiger und Geschädigter identisch (Eigenschaden), so können keine Haftpflichtansprüche gestellt werden. Ob und in welchem Umfang in einzelnen Schadenfällen zu haften ist, richtet sich nach dem Haftpflichtrecht. Die Haftpflichtbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bilden die Grundlage des deutschen Haftpflichtrechts. Weitere Haftpflichtbestimmungen finden sich in Spezialgesetzen, wie z.B. dem Straßenverkehrsgesetz (StVG), dem Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG); dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), dem Produkthaftungsgesetz (ProdHG).
Beispiel:
Heinz Berger ist mit seinem Pkw auf dem Weg von der Werkstatt, wo eine neue Auspuffanlage montiert wurde, nach Hause. Nach ca. drei Kilometer Fahrt fällt der Endschalldämpfer der neuen Auspuffanlage vom Wagen auf die Straße. Ein nachfolgender Pkw kann nicht mehr rechtzeitig abbremsen und fährt gegen das Teil. Die vordere Schürze unter der Stoßstange sowie der Unterboden werden beschädigt. Der Eigentümer des Fahrzeuges verlangt Schadenersatz von Herrn Berger. Grundsätzlich lassen sich die gesetzlich geregelten Schadenersatzansprüche wie folgt voneinander abgrenzen:
• Schadenersatz aus Deliktshaftung (außervertragliche Haftung)
• Schadenersatz aus Vertragshaftung bei Vertragsverletzungen
Unabhängig von den gesetzlichen Bestimmungen kann ein Haftpflichtanspruch auch aufgrund vertraglicher Vereinbarung gegeben sein (sog. reine Vertragshaftung bzw. rein vertragliche Haftpflicht).
Im Beispielsfall werden die Geschädigten ihre Schadenersatzansprüche mit folgenden Rechtsgrundlagen begründen:
Deliktshaftung
– Der Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs hat einen Schadenersatzanspruch gegen Heinz Berger aus der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG; denn der Betrieb eines Kraftfahrzeuges stellt einen Gefährdungstatbestand dar, der zur Schadenersatzverpflichtung führen kann, auch wenn kein Verschulden vorliegt.
– Kann der Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs Herrn Berger nachweisen, dass er den Mangel an seinem Fahrzeug, z. B. durch erhebliche Klopfgeräusche, bemerkt hat und trotzdem weiter gefahren ist, kommt ferner die reine Verschuldenshaftung nach § 823 (1) BGB infrage.
– Hat ein Geselle der Werkstatt die Auspuffanlage montiert, kann der Werkstattbesitzer evtl, auch aus der Haftung für vermutetes Verschulden nach § 831 BGB (Haftung für den Verrichtungsgehilfen) in Anspruch genommen werden.
Vertragshaftung
– Heinz Berger kann wegen des schlecht erfüllten Werkvertrages vom
Werkstattbesitzer Schadenersatz nach den Bestimmungen über die vertragliche Haftung kraft Gesetzes verlangen; wobei der Werkstattbesitzer nicht nur für eigenes Verschulden sondern auch für das Verschulden seiner Mitarbeiter bei der Vertragserfüllung einstehen muss (Haftung für den Erfüllungsgehilfen).
– Sofern die Werkstatt eine Garantie auf die ausgeführte Reparatur übernommen hat, kommt auch noch eine reine Vertragshaftung in Betracht. Das Beispiel zeigt, dass deliktische und vertragliche Haftungsansprüche nebeneinander bestehen können. Der Haftpflichtige hat den Schaden zwar nur einmal zu ersetzen, insbesondere für die Beweisführung ist es aber nicht unerheblich, ob der Anspruch aus Delikts- oder Vertragshaftung geltend gemacht wird.
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