Nicht einverstanden mit dem Entscheid der Versicherung
Sind Sie mit dem Entscheid der Versicherungsgesellschaft nicht einverstanden, können Sie ihn innerhalb der angegebenen Frist mit einer Einsprache anfechten. Dieses Einsprache verfahren ist kostenlos.
Hinweis: Sie haben einen rechtlichen Anspruch auf eine Verfügung. Das ist deshalb wichtig, weil Sie nur gegen eine Verfügung Einsprache erheben können. Haben Sie also von Ihrem Versicherer nur einen Brief erhalten. verlangen Sie als Erstes den Erlass einer Verfügung.
Sie haben das Recht auf Einsicht in Ihre Akte. Nehmen Sie dieses Recht auf jeden Fall wahr. Sie dürfen alle Ihren Fall betreffenden Unterlagen ansehen: Arztzeugnisse, Berichte von Spitälern und Rehabilitationskliniken, Berichte der Außendienst Mitarbeiter des Versicherers, Akten- und Telefonnotizen etc. So sehen Sie im Detail, auf welche Grundlagen der Versicherer seinen Entscheid abstützt. Mit diesen Informationen können Sie Ihre Einsprache begründen.
Muster: Einsprache bei Unfallversicherung
Alberto Beck
Tödistrasse 8
8103 Unterengstringen
Einschreiben
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
Fluhmattstrasse 1
6002 Luzern
Unterengstringen, 24. Februar 2007
Unfallnummer 90.123456.03 / Ihre Verfügung vom 16. Februar 2007 Einsprache
Sehr geehrte Damen und Herren,
In Ihrer Verfügung vom 16. Februar 2007 sprechen Sie mir für den Verlust meines rechten Daumens eine Integritätsentschädigung von 5 Prozent zu. Damit bin ich nicht einverstanden und erhebe hiermit fristgerecht Einsprache.
Mein Arzt ist der Ansicht, dass ich mindestens 15 Prozent zugut habe.
Eine schriftliche Bestätigung liegt bei. Ich beantrage, dass mir eine Integrität sens Schädigung von mindestens 15 Prozent zugesprochen wird.
Freundliche Grüße Alberto Beck
In der Regel müssen die Akten beim Versicherer eingesehen werden. Sie können sich – gegen einen Kostenbeitrag – Kopien machen lassen. Haben Sie einen Anwalt beauftragt, werden ihm die Akten zur Einsicht zugestellt und Sie können sie bei ihm ansehen.
Einsprache bei der Unfallversicherung
Fühlen Sie sich nach der Akteneinsicht darin bestärkt, dass Sie den Entscheid nicht akzeptieren wollen, reichen Sie dagegen eine Einsprache ein. Zuständig ist immer derjenige Versicherer, von dem Sie die Verfügung erhalten haben.
Es steht Ihnen frei, persönlich beim Versicherer vorbeizugehen und Ihre Einsprache mündlich vorzutragen und zu begründen. Der Versicherer nimmt dann ein Protokoll auf. Meist werden Einsprachen aber schriftlich eingereicht. Keine Sorge: Sie müssen dazu keinen Roman schreiben. Legen Sie einfach kurz dar, weshalb Sie mit dem Entscheid der Versicherung nicht einverstanden sind. Wohin Sie Ihre Einsprache senden müssen, sehen Sie aus der Rechtsmittelbelehrung am Ende der Verfügung (manchmal auf der Rückseite des letzten Blattes oder auf einem Zusatzblatt). Ebenfalls in der Rechtsmittelbelehrung sehen Sie die Frist: Sie beträgt 30 Tage. Diese Frist müssen Sie unbedingt einhalten! Warten Sie zu lange, haben Sie keine Möglichkeit mehr, sich zur Wehr zu setzen. Deshalb finden Sie im Kasten nebenan ein bisschen Fristenarithmetik.
Tipp: Wollen Sie auf Nummer sicher gehen, übergehen Sie die Einsprache der Post besser einige Tage vor Ablauf der Frist. Damit Sie die Einhaltung der Frist nötigenfalls auch beweisen können, senden Sie die Einsprache eingeschrieben und machen sich eine Kopie. Die Frist gilt als eingehalten, wenn die Einsprache am letzten Tag der Frist der Post übergeben wird (ausschlaggebend ist der Poststempel).
Fühlen Sie sich mit Ihrer Einsprache unsicher oder ist der Fall kompliziert, sollten Sie bei einer Beratungsstelle Hilfe holen oder eine Anwältin beiziehen. Diese verlangt natürlich ein Honorar. Wenn Ihnen die finanziellen Mittel dazu fehlen, haben Sie die Möglichkeit, ein Gesuch um unentgeltlichen Rechtsbeistand einzureichen.
So werden Fristen berechnet
Gerechnet wird die 30-tägige Frist ab Zustellung der Verfügung, nicht etwa ab dem Datum, das darauf steht. Der Tag der Zustellung wird nicht gezählt; der erste Tag nach Erhalt der Verfügung ist der erste Tag der Frist.
Endet die Frist an einem Samstag, Sonntag oder eidgenössischen Feiertag, erstreckt sie sich automatisch bis zum nächsten Werktag. Zudem besteht während folgenden Zeiten ein Fristenstillstand, das heißt, diese Tage werden bei der Berechnung nicht mitgezählt:
• siebter Tag vor Ostern bis und mit siebter Tag nach Ostern
• 15. Juli bis und mit 15. August
• 18. Dezember bis und mit 1. Janua
Einfache Fristenberechnung | |
Zustellung der Verfügung mit der Post | 2. Mai |
Dauer der Frist | 30 Tage |
Ablauf der Frist | 2. Juni |
Letzter Tag zur Aufgabe der Einsprache bei der Post | 1. Juni |
Fristenberechnung mit Fristenstillstand | |
Zustellung der Verfügung mit der Post | 5. Dezember |
Dauer der Frist | 30 Tage |
Fristenstillstand 18. Dezember bis 1. Januar | |
Abgelaufene Frist bis Beginn Fristenstillstand | 17 Tage |
Restliche Frist ab Ende Fristenstillstand | 13 Tage |
Ablauf der Frist (13 Tage ab 2. Januar) | 14. Januar |
Letzter Tag zur Aufgabe der Einsprache bei der Post | 13. Januar |
Tipp: Wenn Ihr Fall nicht ganz eindeutig liegt, lohnt es sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt verschiedene spezialisierte Beratungsstellen, die als erste Anlaufstelle in Frage kommen.
Einspracheentscheid
Auf Ihre Einsprache hin muss der Unfallversicherer den Fall neu an- sehen und dabei die von Ihnen vorgebrachten Argumente berücksichtigen. Wenn nötig werden zusätzliche Abklärungen getroffen; es wird zum Beispiel ein medizinisches Gutachten in Auftrag gegeben oder ein ergänzender Bericht bei einer Klinik eingeholt. Das Ergebnis der Abklärungen teilt Ihnen der Versicherer im Einspracheentscheid mit. Wird Ihre Einsprache abgewiesen, muss der Entscheid eine nachvollziehbare Begründung enthalten, die auf Ihre Argumente eingeht und darlegt, weshalb der Versicherer diesen nicht gefolgt ist. Auch wenn Ihre Einsprache abgelehnt wird, dürfen keine Kosten und Gebühren erhoben werden. ]e nach Fall kann dieses Einsprache verfahren ein bis zwei Monate oder auch bis zu einem Jahr dauern.
Weiterzug ans Gericht
Geben Sie sich keinen Illusionen hin: Ihre Einsprache geht zurück an den gleichen Versicherer und zum Teil sogar zu den gleichen Sachbearbeitern. Dass diese die eigene Verfügung nun ändern, ist doch einigermaßen selten. Wo innerhalb eines gewissen Ermessensbereichs entschieden wurde, wird der Versicherer praktisch immer am ursprünglichen Entscheid festhalten. Selbst wo das Gesetz falsch angewendet wurde, haben Einsprachen meist nur dann Erfolg, wenn offensichtliche und grobe Fehler passiert sind – etwa wenn ein wichtiges Aktenstück übersehen, ein Arztbericht falsch interpretiert wurde – oder wenn zusätzliche Abklärungen wesentliche neue Tatsachen ergeben haben. In den weitaus meisten Fällen wird die Einsprache abgewiesen. Ihnen bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie machen die berühmte Faust im Sack oder Sie ziehen die Sache mit einer Beschwerde ans Gericht weiter. Zuständig ist das kantonale Versicherungsgericht (in verschiedenen Kantonen übernimmt das Verwaltungsgericht dessen Funktion). Örtlich zuständig ist das Gericht des Kantons, in dem Sie zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung Ihren Wohnsitz haben. Die Frist zur Einreichung der Beschwerde beträgt drei Monaten seit Empfang des Einsprache Entscheids. Das Gericht braucht für seinen Entscheid in der Regel zwischen einem halben und einem Jahr.
Fristen im Überblic
• Einsprache gegen die Verfügung der Unfallversicherung 30 Tage
• Beschwerde gegen den Einsprache entscheid (kantonales Versicherungs- oder Verwaltungsgericht) 3 Monate
• Weiterzug ans Eidgenössische Versicherungsgericht 30 Tage
Hinweis: Im Sozialversicherungsbereich ist auch das Verfahren vor Gericht von Gesetzes wegen kostenlos. Ziehen Sie einen Anwalt bei, müssen Sie – sollten Sie den Prozess verlieren – sein Honorar selber bezahlen. Sind Sie auch mit dem Urteil des kantonalen Versicherungsgerichts nicht einverstanden, können Sie den Fall mit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht weiterziehen. Für Unfallversicherungssachen zuständig ist das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) in Luzern. Die Weiterzugsfrist beträgt 30 Tage ab Empfang des Urteils. Prozessieren bis vors Bundesgericht? Das Eidgenössische Versicherungsgericht entscheidet meist nur darüber, ob die Kritik am angefochtenen kantonalen Urteil gerechtfertigt ist oder nicht. Heißt es die Beschwerde gut, hebt es den kantonalen Entscheid auf und weist die Sache zurück ans kantonale Versicherungsgericht. Dieses muss dann einen neuen Entscheid im Sinn der Erwägungen des EVG fällen. Unter Umständen weist das kantonale Gericht die Angelegenheit seinerseits zurück an den Versicherer, damit dieser weitere Abklärungen trifft. Ist die versicherte Person dann mit dem neuen Entscheid der kantonalen Instanz oder der neuen Verfügung des Versicherers wieder nicht einverstanden, steht der ganze Instanzenweg von neuem offen. Auf diese Weise ist es durchaus möglich, dass die gleiche Sache mehrmals vom Eidgenössischen Versicherungsgericht behandelt werden muss. Da versteht es sich von selbst, dass bis zum endgültigen Entscheid Jahre vergehen können. Das Beschreiten des Rechtswegs braucht also Ausdauer, Nerven und unter Umständen die Bereitschaft zu einem gewissen finanziellen Risiko.
Wann brauchst einen Anwalt?
Das Prozessieren vor den kantonalen und eidgenössischen Gerichten ist nicht mehr so einfach zu bewältigen wie das Einsprache verfahren bei der Versicherung. Es gilt, Formvorschriften zu wahren, und es braucht Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen sowie der relevanten Rechtsprechung, um aussichtsreich argumentieren zu können.
Achtung: Der Weilerzug ans Gericht kann zum Bumerang werden. Das Gericht kann nämlich den Entscheid der Versicherung auch zu Ihren Ungunsten abändern und zum Beispiel statt dem von der Versicherung bestimmten Invaliditätsgrad von 60 Prozent einen von nur noch 50 Prozent festsetzen. Die Möglichkeit einer Verschlechterung des Anspruchs – Reformation in Pius genannt – muss aber vor dem Urteil angekündigt werden, sodass Sie die Beschwerde zurückziehen können, um größeren Schaden zu verhindern.
Vom eigenständigen Prozessieren vor den Gerichten ist juristischen Laien eher abzuraten. Spätestens wenn Sie Ihre Sache ans kantonale Versicherungsgericht weiterziehen wollen, sollten Sie deshalb einen Anwalt beiziehen. Das bringt natürlich ein gewisses Kostenrisiko mit sich:
Gerichtsgebühren lallen zwar keine an; sollten Sie mit der Beschwerde aber unterliegen, müssen Sie den eigenen Anwalt selbst bezahlen. Nur wenn Ihre Beschwerde gutgeheißen wird, muss die Versicherung Ihre Anwaltskosten übernehmen. Tipp: Prüfen Sie in Ihren Unterlagen, ob Sie nicht eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, die das Honorar für Ihre Anwältin übernimmt.
Unentgeltlicher Rechtsbeistand
Auch wenn jemand nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, soll er 7.u seinem Recht kommen können. Deshalb sieht das Gesetz vor, dass Versicherte, die einen Anwalt nicht selber finanzieren können, sich auf dem ganzen Rechtsweg – im Einsprache- wie im Beschwerdeweg- fahren – unentgeltlich vertreten lassen können. Der Staat kommt für ihre Anwaltskosten auf. Einen solchen unentgeltlichen Rechtsbeistand erhalten Sie nur, wenn Ihnen tatsächlich die Mittel fehlen, den Anwalt selber zu bezahlen. Wer auf seinem Konto ein paar zehntausend Pranken hat, kann nicht damit rechnen. Auch muss Ihr Fall eine gewisse Komplexität aufweisen, die anwaltliche Hilfe nötig macht. Und schließlich darf Ihr Prozessstandpunkt nicht von vornherein aussichtslos erscheinen. Tipp: Möchten Sie einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, können Sie Ihr Gesuch mit einem kurzen Brief beim Gericht einreichen oder zusammen mit Ihrer Einsprache heim Versicherer einen Antrag stellen. Wenn Sie bereits eine Anwältin beigezogen haben, kann diese die nötigen Schritte für Sie unternehmen.
Sonderfall Militärversicherung
Bei der Militärversicherung sind von Gesetzes wegen alle Personen versichert, die Militär-, Zivil- oder Zivilschutzdienst leisten. Finanziert wird diese Versicherung nicht durch Prämienzahlungen der Versicherten, sondern durch Leistungen aus der Bundeskasse. Mit der Durchführung der Militärversicherung ist seit dem 1. Juli 2005 die Suva betraut. Die Versicherung erstreckt sich auf jede Gesundheitsschädigung, die während des Dienstes in Erscheinung tritt, gemeldet oder sonst wie festgestellt wird. Der Versicherungsschutz geht also weiter als bei der obligatorischen Unfallversicherung. Vor allem wird nicht zwischen Unfall und Krankheit unterschieden. Die Militärversicherung richtet sich auch nicht nach dem Verursachungs-, sondern nach dem Gleichzeitigkeitsprinzip. Ausschlaggebend ist nicht das gesundheitsschädigende Ereignis, sondern der Umstand, dass der Schaden während des Dienstes in Erscheinung tritt. Und wenn ein Schaden, der schon vorher besteht, sich im Dienst verschlimmert, ist auch dies über die Militärversicherung abgedeckt.
Die Leistungen der Militärversicherung orientieren sich an denjenigen der Unfallversicherung, sind jedoch noch etwas besser ausgebaut. Dienst- Leistende haben Anspruch auf:
• Krankenpflege (ärztliche Behandlung, Therapien, Spitalaufenthalt etc.)
• Taggeld
• Zulagen
• Erstattung von Sachschäden
• Übernahme von Hilfsmitteln
• Eingliederungsleistungen
• Invalidenrente
• Integritätsschadenrente
• Hinterlassenen Rente (Ehegatte, Waisen, Eltern)
• Genugtuung