Sinnvoll nur für große Prozessrisiken
Rechtsschutzversicherungen sind vor allem dann sinnvoll, wenn Sie um hohe Geldbeträge streiten und zusätzlich das Risiko besteht, dass Sie den Prozess verlieren. Vorrang sollte auf jeden Fall die Absicherung von hohen Risiken durch Haftpflicht-, Risikolebens-, Berufs-unfähigkeits- und eventuell Unfall-Krankentagegeld-, Hausrat- und Wohngebaudeversicherung haben. Erst danach sollten Sie den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung erwägen.
Kosten für Anwalt und Gerichtsverfahren
Bei einer rechtlichen Auseinandersetzung kommt die Rechtsschutzversicherung für die Kosten des Anwalts und des Gerichts, Gebühren für Zeugen, gerichtlich bestellte Sachverständige, Übersetzung sowie für weitere Auslagen wie für Gutachten und Vollstreckung auf. Außerdem übernimmt sie die Kosten des Prozessgegners, wenn Sie vor Gericht verloren haben und gewährt zinslose Darlehen für Strafkautionen im Ausland. Für Geldstrafen oder andere Zahlungen aufgrund eines Gerichtsurteils kommt die Rechtsschutzversicherung aber in keinem Fall auf.
Umfang des Versicherungsschutzes
Abhängig davon, in welchen Bereichen die Gefahr einer rechtlichen Auseinandersetzung besteht oder befürchtet wird, können Sie mit der Police unterschiedliche Lebensbereiche abdecken.
Verbreitet ist die Kombination unterschiedlicher Bausteine wie
> Privat-/Berufs-Rech1:sschu1z,
> Verkehrs-Rechtsschutz und
> Grundstücks- bzw. Miet-Rechtsschutz.
Auch für andere potenzielle Konfliktbereiche wie z. B. Streitigkeiten aus einer selbstständigen Tätigkeit können Sie eine Rechtsschutzversicherung abschließen. Bei einer Privat-/Berufs-Rechtsschutzversicherung sind Sie in der Regel gegen folgende Streitigkeiten abgesichert:
> zivilrechtliche Fragen wie Kauf, Reparatur, Kredit, Schadenersatzansprüche gegen Dritte und Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen,
> Konflikte mit dem Finanzamt und anderen Behörden,
> Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber,
> Sozialleistungen wie Alters- oder Berufsunfähigkeitsrenten, Krankenkassenleistungen sowie die
> Verteidigung in Bußgeld-, Straf- und beruflichen Disziplinarverfahren.
Eine vergleichbare Unterstützung erhalten Sie beim Verkehrs-Rechtsschutz. Dieser tritt ein, wenn Sie sich mit der Werkstatt über die Reparatur streiten, Schadenersatz von anderen Verkehrsteilnehmern einfordern oder sich wegen Verkehrsverstößen mit den Behörden streiten oder in Bußgeld- oder Strafverfahren verteidigen müssen. Der Verkehrs-Rechtsschutz schützt Sie als Fahrer der eigenen und als Fahrer fremder Fahrzeuge, die nicht auf Sie zugelassen sind. Sofern Sie keinen eigenen Pkw auf sich zugelassen haben, ist der Abschluss einer Fahrer-Rechtsschutzversicherung möglich. Die Grundstücks- bzw. Miet-Rechtsschutzversicherung schützt Sie als Mieter, Vermieter oder Eigentümer z. B. bei Streitigkeiten in Miet-und Grundstücksfragen wie der Kündigung des Mietvertrags oder bei Mieterhöhung. Beim Privat-/Berufs-Rechtsschutz ist die ganze Familie versichert. Kinder sind bis zu ihrem 25. Lebensjahr eingeschlossen, solange sie unverheiratet sind und noch keine auf Dauer angelegte berufliche Tätigkeit ausüben. Außerdem kann der nichteheliche Lebensgefährte mitversichert werden, wenn er im gleichen Haushalt wohnt. Versicherungsschutz genießen Sie in Europa und in den Mittelmeerstaaten, nach den neuen Versicherungsbedingungen meist weltweit. Er ist dann aber in der Regel auf nicht-berufliche Aufenthalte bis sechs Wochen und 25.000 Euro Versicherungssumme beschränkt.
Schutz mit Lücken
Ein Rundum-Sorglos-Paket, wie es so manches Versicherungsunternehmen gern suggerieren will, ist die Rechtsschutzversicherung nicht. Denn eine ganze Reihe von Rechtsfragen sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Im Privat-/Berufs-Rechtschutz gehören dazu meist Familien- und Erbrecht (z. B. Scheidungen, Unterhaltsansprüche), hier gewähren die Versicherungsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen nur eine erste Beratung,
> vorsätzliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten,
> Auseinandersetzungen rund ums Bauen, Baufinanzierung sowie Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentum.
Auch Klagen von Kapitalanlagen schließen Rechtsschutzversicherungsunternehmen zunehmend aus. Bei Ärger mit Behörden zahlt die Versicherung meist erst beim Prozess. Ohne Beistand stehen Sie also vielfach da, wenn Sie im vorgerichtlichen Verwaltungsverfahren Widerspruch gegen einen Behördenbescheid einlegen. Die Privat-Rechtsschutzversicherung für Selbstständige bietet keinen Schutz bei Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit der selbstständigen, freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeit sehen. Auch wer meint, dass ersieh mit einer Grundstücks-bzw. Miet-Rechtsschutzversicherung umfassend absichern kann, liegt falsch. Denn wie beim Privat-Rechtsschutz gibt es umfangreiche Ausschlüsse vor allem um Baustreitigkeiten. So sind Sie nicht versichert bei Planung, Bau oder Umbau einer Immobilie, beim Kauf oder Verkauf eines Baugrundstücks, Enteignung, Rechtsfragen des Baugesetzbuchs, Er-schließungs- und Anliegerabgaben sowie der steuerlichen Bewertung von Grundstücken.
Keine Unterstützung von der Rechtsschutzversicherung erhalten Sie, wenn der Rechtsstreit keine Aussicht auf Erfolg hat. Keine Leistung gibt es weiter, wenn der Konflikt schon vor Versicherungsbeginn bestand. Außerdem müssen Sie eine vereinbarte Wartezeit einhalten, bevor Sie die Versicherung in Anspruch nehmen können. Die Wartezeit kann aber entfallen, wenn vor Beginn des Vertrages bereits eine andere Rechtsschutzversicherung mit gleichem Versicherungsumfang bestanden hat und beide Verträge nahtlos ineinander übergehen. Grundsätzlich nicht abgedeckt ist die Abwehr von Schadenersatzforderungen Dritter. Dies ist Angelegenheit der jeweiligen Haftpflichtversicherung. Und wenn Sie die Leistungen nach Auffassung des Versicherungsunternehmens zu intensiv beanspruchen, erhalten Sie oftmals die Kündigung. Viele Wege führen zum Recht – auch ohne Versicherung Recht haben heißt bekanntlich noch lange nicht, tatsächlich Recht zu bekommen (vgl. dazu auch So setzen Sie Ihre Versichertenrechte durch). Nicht nur die mangelnde Kenntnis der eigenen Rechte, auch die Furcht vor hohen Anwalts- und Gerichtskosten hat häufig abschreckende Wirkung und verhindert die Durchsetzung der eigenen Rechte, Wohl also dem, der eine Rechtsschutzversicherung hat? Ganz so einfach ist die Entscheidung nicht. Denn die Gefahr, dass ein Rechtsstreit mit hohen und unkalkulierbaren finanziellen Belastungen verbunden ist, wird teilweise überschätzt Außerdem sollten Sie berücksichtigen, dass bei kleineren Streitigkeiten auch Anwalt und Gericht keine hohen Kosten verursachen und es zahlreiche Alternativen zu Anwalt und Gericht gibt, die nichts oder nur wenig kosten. Ferner müssen Sie bei einem Gerichtsverfahren grundsätzlich nur dann zahlen, wenn Sie verlieren. Ausnahme ist der Arbeitsgerichtsprozess, in dem Sie die eigenen Anwaltskosten in der ersten Instanz immer selbst tragen müssen. Wer sich von einem Anwalt oder anderen Rechtsexperten beraten lässt, kann oft rechtzeitig die Erfolgschancen einschätzen und bei schlechten Prozessaussichten von einer Klage Abstand nehmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Versicherungsfällen können Sie daher das Risiko oft durch Ihre eigene Entscheidung beeinflussen und benötigen dafür keinen Rechtsschutz.
Fragen kostet oft nicht viel
Nutzen Sie also zunächst die kostenlosen oder kostengünstigen Informationen, um sich Klarheit über Ihre Rechte zu verschaffen. Broschüren, Online-Informationen und persönlichen Rat erhalten Sie bei vielen öffentlichen Einrichtungen wie Ministerien oder Sozialversicherungen, Verbraucherorganisationen wie dem Bund der Versicherten und den Verbraucherzentralen, Gewerkschaften, Berufsverbänden, Mietervereinen, Sozialverbänden oder Automobilclubs. Einige der genannten Institutionen gewähren Hilfe bei einer Klage und können Sie sogar vor Gericht vertreten. In diesen Fällen benötigen Sie keinen Anwalt. Für Mitglieder kann eine spezialisierte Rechtsschutzversicherung im Beitrag enthalten sein oder wird günstig als Gruppenversicherung angeboten. Für die Vertretung vor Gericht müssen Sie aber teilweise Wartezeiten einhalten, also bereits eine bestimmte Zeit Mitglied sein.
Streit, ohne Gericht schlichten
Eine weitere kostengünstige Lösung kann die außergerichtliche Streitschlichtung sein. Sie wird in immer mehr Bereichen angeboten. Es gibt zum Beispiel einen Ombudsmann für Versicherungsangelegenheiten. Anwalt oder Gericht müssen Sie auch nicht bemühen, wenn Schadenersatzansprüche gegen Sie geltend gemacht werden und Sie haftpflichtversichert sind. Denn dann prüft Ihre Haftpflichtversicherung, ob die Ansprüche berechtigt sind und wehrt unberechtigte Forderungen ab, notfalls auf gerichtlichem Wege. Die Haftpflichtversicherung wirkt in diesen Fällen also wie eine Rechtsschutzversicherung. Nach einem Verkehrsunfall können Sie sich als Geschädigter, den kein Verschulden trifft, einen Rechtsanwalt auf Kosten der gegnerischen Versicherung nehmen. Dabei darf es sich allerdings nicht um einen Bagatellschaden handeln.
Kalkulierbare Kosten bei Anwalt und Gericht
Selbst beim Gang zum Anwalt oder vor Gericht müssen nicht gleich hohe Kosten entstehen. Dort können Sie die Rechtslage klären, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat, welche außergerichtlichen Möglichkeiten bestehen den Streit beizulegen und mit welchen Kosten Sie rechnen müssen. Grundsätzlich gilt, dass die Honorare abhängig sind vom Streit- oder Gegenstandswert. Je höher diese Summe ist, desto höher sind tendenziell die Anwaltsgebühren. Auch vor Gericht hängen die Kosten im Wesentlichen vom Gegenstandswert ab. Anwaltskosten fallen nicht in jedem Fall an, denn vor allem in den unteren Instanzen müssen Sie keinen Anwalt einschalten. So besteht kein Anwaltszwang vor dem Amtsgericht (mit Ausnahme von Ehe- und einigen Familiensachen) sowie dem Verwaltungs- und Finanzgericht. Selbst vertreten können Sie sich auch vor dem Arbeit und Landesarbeitsgericht sowie dem Sozial- und Landessozialgericht. Wer nur über ein geringes Einkommen verfügt, kann Beratung Sund Prozesskostenhilfe beantragen. Sie deckt Kosten für die anwaltliche Beratung und das Gericht ab, jedoch nicht die Kosten der Gegenseite. Diese Kosten müssen Sie also selbst tragen, falls Sie den Prozess verlieren. Keinen Anspruch auf öffentliche Hilfe haben Sie, wenn die Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht hat. In einigen Fällen können Sie die Kostenrisiken eines Prozesses über einen Prozesskostenfinanzierer abdecken. Prozesskostenfinanzierer sind private Unternehmen, die die gesamten Kosten und damit das Risiko eines Prozesses tragen. Aber: Sie übernehmen nur aussichtsreiche Fälle und verlangen eine Gewinnbeteiligung von bis zu 50 Prozent. Nach Recherchen der Stiftung Warentest ist auch die Seriosität nicht immer gewährleistet.
→ Scheuen Sie sich nicht, schon beim ersten Gespräch mit dem Anwalt die Kosten anzusprechen – und zu verhandeln. Denn das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das seit dem 1.7.2004 gilt, lasst mehr Spielraum für die Festlegung der Honorare. Wird der Anwalt für Sie vor Gericht tätig, dürfen dabei die gesetzlich festgelegten Gebühren nicht unterschritten werden. Bei außergerichtlichen Auseinandersetzungen dagegen darf das Honorar niedriger oder höher als die gesetzliche Gebühr sein.
→ Wenn Sie einen Prozess gewinnen, sind Sie fein heraus. Denn dann muss der Gegner Ihnen die Kosten für Anwalt und Gericht ersetzen, allerdings nur die im Gesetz festgelegten Sätze. Nur beim Arbeitsgericht müssen Sie in der ersten Instanz die eigenen Anwaltskosten in jedem Fall tragen.
Wann eine Rechtsschutzversicherung Sinn machen kann In einigen Fällen ist eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll. Denn nicht immer wird nur um kleine Beträge gestritten. Und nicht immer sind die Erfolgsaussichten eindeutig. Teuer kann es auch werden, wenn Sachverständigengutachten eingeholt werden. Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie dann vor hohen Kosten, falls Sie den Prozess verlieren. Vor allem bei gesundheitlichen Schäden – sei es, dass ein Arzt Sie falsch behandelt hat, dass Sie an einer Berufskrankheit leiden oder Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sind – kann es um hohe Schmerzensgeldforderungen oder langjährige Rentenzahlungen gehen. Auch bei Streitigkeiten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung kann es um hohe Summen gehen. Für Vielfahrer, die möglicherweise beruflich auf das Auto angewiesen oder viel im Ausland unterwegs sind, kann guter Rechtsrat in Verkehrsfragen von existenzieller Bedeutung sein. Auch bei drohenden Problemen am Arbeitsplatz kann eine Rechtsschutzversicherung hilfreich sein. Aber: Sinn macht eine Absicherung nur für Prozesse mit hohen Streitwerten. Nicht zweckmäßig ist dagegen ein Schutz für kleinere Streitigkeiten wie Bußgeldsachen. Diese sollten aus eigener Tasche bezahlt werden. Aus diesem Grund ist eine hohe Selbstbeteiligung empfehlenswert. Viele Versicherungen bieten nur Policen mit Selbstbehalt an. Verbreitet sind Beträge von 150 Euro, angeboten werden aber auch niedrigere oder höhere Selbstbeteiligungen.
→ Prüfen Sie genau, ob und wo bei Ihnen hohe Prozessrisiken entstehen können und schließen Sie nur das Rechtsschutzpaket ab, das Ihrem persönlichen Bedarf entspricht.
→ Die Deckungssumme sollte mindestens 250.000 Euro betragen.
→ Wählen Sie auf jeden Fall eine Rechtsschutzversicherung mit hoher Selbstbeteiligung. Erkundigen Sie sich nach dem höchstmöglichen Betrag.