Die beiden vorangegangenen Abschnitte deuten einige langfristige Trends in der Versicherungswirtschaft an. Inwieweit diese Trends die Geschäftstätigkeit eines einzelnen Versicherungsunternehmens letztlich mitprägen werden, hängt von der Größe, Marktstellung, strategischen Ausrichtung und Unternehmenskultur des Unternehmens ab.
Die wichtigsten Trends der jüngeren Vergangenheit, die sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen dürften, sind:
• Die zu beobachtende Konsolidierung in der Branche wird anhalten, die Zahl der Versicherungsunternehmen und -konzerne entsprechend weiter abnehmen. Dieser Trend dürfte vor allem die Schaden- und Unfallversicherer betreffen (viele Kleinunternehmen), in weiten Teilen aber auch kleinere Pensions- und Sterbekassen. Weitere Zusammenschlüsse innerhalb der Gruppe der öffentlich-rechtlichen bzw. öffentlichen Versicherer sind ebenfalls zu erwarten, Gleiches gilt für die Gruppe der VVaG.
• Weitere Verschiebungen bei den Marktanteilen der einzelnen Rechtsformen sind zu erwarten. Die Versicherungs-Aktiengesellschaft dürfte mehr und mehr zur beherrschenden Rechtsform auf dem Versicherungsmarkt werden (Ausnahme: Krankenversicherung), öffentlich-rechtliche Unternehmen hingegen fast vollständig verschwinden. Durch weitere Fusionstätigkeit, speziell unter kleineren Vereinen, wird auch die Zahl der VVaG weiter zurückgehen.
• Die Verschiebungen zwischen den Sparten dürften sich fortsetzen, der Marktanteil der Lebensversicherung dabei zunehmen. Das Beitragsvolumen der Schaden- und Unfallsparte dürfte eher stagnieren. Relativ schwer ist die künftige Entwicklung der privaten Krankenversicherung zu prognostizieren, da hier einerseits ein erhöhter Bedarf besteht, andererseits aber der Zugang gerade zur Krankheitskostenvollversicherung durch den Gesetzgeber in der Vergangenheit immer wieder erschwert worden ist (Erhöhungen der Versicherungspflichtgrenze).
• Ein weiterer Anstieg der Vorsorgequote der Bevölkerung ist zu erwarten, dürfte aber eher moderat ausfallen. Einerseits ist zwar ein erhöhter privater Vorsorgebedarf in praktisch allen Bereichen gegeben (vor allem in der Lebens- und Krankenversicherung), andererseits ist aber in Zukunft nicht mit steigenden Reallöhnen zur Finanzierung dieser Vorsorge zu rechnen.
Bei alledem ist zu beachten, dass die Versicherungswirtschaft auch weiterhin externen Einflussfaktoren unterworfen bleibt, die einzelne Entwicklungen wieder umkehren können. Zu diesen Einflussfaktoren gehören:
• Veränderungen in den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Branche, vor allem im VAG und VVG,
• Veränderungen des ökonomischen Umfelds (konjunkturelle Zyklen),
• Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen (demografischer Wandel, Risikoverhalten),
• Entwicklungen in benachbarten Bereichen wie der Bank- und Investmentbranche.
Die genannten Einflussfaktoren ergeben sich dabei wiederum teilweise aus Entwicklungen im Zuge der Globalisierung, längerfristig können auch Faktoren wie der Klimawandel und internationale politische Entwicklungen eine wichtige Rolle spielen.