Über das Verallgemeinern: Niemals richtig. Trotzdem wichtig.
(Erich Kästner)
Seien wir ehrlich: leben ist immer lebensgefährlich.
(Erich Kästner)
Im Grunde kennt das tägliche Risiko keine Grenzen. Wer frühmorgens aufwacht, mag daran denken, dass dies die beste Zeit für einen Herzinfarkt ist, dass er sich gleich aus dem Bett erheben wird, in dem noch immer die meisten Menschen sterben, und sich ins Bad begibt, in dem sich durch Sturz die meisten Unfälle ereignen. Zur Risikovermeidung sollte der Weg zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden. Doch wer zu Fuß zur Haltestelle geht, ist stärker unfallgefährdet als derjenige, der mit dem Wagen von Tür zu Tür fährt. Büroangestellte können sich anschließend eine Zeitlang in relativer Sicherheit wiegen, obwohl auch hier Erdbeben oder Schlaganfälle drohen. Ein abendlicher Gang in Kneipe, Restaurant oder Theater ist mit Feuergefahr verbunden, und spätabends im Bett findet der Zeitgenosse auch keinen gefahrfreien Moment: Immer droht der frühe Tod. Das allgemeine Lebensrisiko ist den meisten heute so bewusst, dass die Vertreter auf das Sargklappern verzichten können, weil es eher zusätzlich abschrecken würde. Sie sprechen von Sicherheit, und alle wissen, was im Grunde gemeint ist, brauchen es aber nicht auszudenken. Daraus folgt: Jedes Risiko ist nicht auszuschließen. Leben ist definitionsgemäß Risiko. Jeder einzelne muss allein entscheiden, wieviel Risiko er zulässt oder erträgt.
Goldene Regeln für den Versicherungsabschluss
1. Absolut notwendig sind Versicherungen gegen die größten existenzbedrohenden Risiken. Dazu zählen Haftpflicht und Berufsunfähigkeit.
2. Nicht notwendig sind Versicherungen gegen geringfügige finanzielle Schäden.
Klein-Versicherungen wie eine Glasversicherung sind wegen der hohen Verwaltungskosten in bezug zur Schadensumme und der relativen Schadenhäufigkeit meist unwirtschaftlich. Sorgen Sie lieber dafür, dass stets ein bestimmter Betrag dafür zins-bringend bei der Bank angelegt ist.
3. Unwichtig sind Versicherungen gegen finanzielle Schäden, die Sie notfalls auch ohne größere Mühe selbst zahlen könnten. Dazu zählen, je nach Geldbeutel, die kostenabsichernde Vollkaskoversicherung, die Rechtsschutzversicherung oder die Reisegepäckversicherung.
4. Vorsicht ist stets angeraten, wenn eine Versicherung mit einem Sparplan verknüpft wird. Ausbildungs- und Aussteuerversicherung oder eine Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr lohnen meist nicht. Eine Kapital-Lebensversicherung rentiert sich nur in bestimmten Fällen.
5. Der Abschluss von Luxusversicherungen sollte genau überlegt werden. Niemand braucht wirklich eine Krankenhaus-Zusatzversicherung. Doch wer für diesen Komfort zahlen möchte, mag es tun.
6. Setzen Sie sich ein Limit für Ihre jährlichen Versicherungsausgaben. Dafür bieten sich beispielsweise fünf Prozent Ihres Nettoeinkommens zuzüglich Krankenversicherung an. Außerdem können Sie auch die Kapital- Lebensversicherung gesondert führen, falls Sie damit
erheblich Steuern sparen können. Das Limit führt dazu, dass nicht notwendige Versicherungen von vornherein wegfallen. Legen Sie einen Posten auf einem besonderen Sparbuch an, der für Kleinschäden reserviert ist. Das sollten etwa 3 000 € sein.
Diese Summe können Sie mit einer Sondersparform zinsbringend anlegen.
7. Vereinbaren Sie hohe Selbstbeteiligungen. Das spart dem Versicherer Verwaltungskosten und Ihnen Beitrag. Ein Kleinschaden von 100 € kostet die Versicherung mindestens 50 € Regulierungskosten. Im Grunde entspricht eine Selbstbeteiligung auch dem ursprünglichen Versicherungsgedanken der Gemeinschaft als Schutz gegen existenzbedrohende Schäden. Allerdings wird Ihr Vertreter weniger Freude an Ihrer Neigung zur Selbstbeteiligung haben. Schließlich verdient er prozentual an Ihrer Prämie, und die ist ohne Selbstbeteiligung natürlich höher. Allerdings lohnt sich die Selbstbeteiligung für die Privathaftpflicht- und Rechtsschutzversicherung (noch) nicht.
8. Der beste Weg zur richtigen und günstigen Versicherung ist der Postweg. Der Verbraucher sollte zunächst seinen Bedarf prüfen. Nach der grundsätzlichen Entscheidung für eine bestimmte Versicherungsart sollte er die günstigste Gesellschaft suchen. Das geht am einfachsten über schriftliche Anfragen (siehe Musterbriefe am Ende dieses Artikels). Aus den Angeboten kann er sich dann in Ruhe das beste aussuchen.
Als Kriterium für die Notwendigkeit des Versicherungsschutzes sollte die mögliche Schadenhöhe dienen: Je höher der mögliche Schaden, desto wichtiger ist der Versicherungsschutz. Dafür ist der Schutz historisch auch gedacht: Der Ursprung der Versicherung liegt in der gemeinsamen Bewältigung von Großrisiken wie dem Verlust eines Schiffes oder dem Verlust eines Hauses. Kleinere Schäden sollte jeder Haushalt selbst tragen. Nach dem Kriterium der Schadenhöhe ist folgende Reihenfolge der Versicherung anzustreben: Privathaftpflicht (das Risiko ist weder zeitlich noch in der Höhe überschaubar und kann die gesamte Existenz gefährden), eventuell Gebäudeversicherung, dann je nach Alter und Familienstand die Berufsunfähigkeits- (vor allem wenn man jung ist, kann ein Unfall oder eine Krankheit das ganze Leben auch finanziell zerstören) und Risiko-Lebensversicherung (zur Absicherung der Familie). Es folgen als weniger wichtige Versicherungen Hausrat, Rechtsschutz, sonstige Sachversicherungen und Zusatzversicherungen.
Die notwendigen Versicherungen im Lebensablauf
Singles. Die jungen Berufsanfänger sind die umworbenste Gruppe für die Versicherungsvertreter. Hier sind noch keine bestehenden Versicherungen vorhanden, Geld ist da, die Unerfahrenheit groß und das Gefühl verbreitet, irgendwie brauche man ja eine Versicherung. Meist bleibt es dann nicht nur bei einer Versicherung, sondern der Vertreter verkauft gleich eine Komplettausstattung mit Lebensversicherung und Unfallversicherung. Tatsächlich brauchen Singles nur zwei Versicherungen: eine Privathaftpflichtversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Berufsunfähigkeitsversicherung schützt gerade Berufs-anfänger. Sie müssen erst die Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen. Das sind 60 Monate oder fünf Jahre, in denen Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Vor Ablauf der Wartezeit haben sie bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit keinen Rentenanspruch. Die oft verkaufte Unfallversicherung bietet nur einen eingeschränkten Schutz, da sie nicht bei berufsbedingter Krankheit zahlt. Unnötig ist eine Hausratversicherung, da es meist noch gar nicht viel zu versichern gibt. Einbrecher nehmen übrigens meist nur den Fernseher, die Stereoanlage und den Videorecorder mit. Falls solche Dinge vorhanden sind, ist deren Verlust notfalls zu verkraften. Wenig sinnvoll ist eine Lebensversicherung, da es niemanden zu versorgen gibt.
Junge Paare (Doppelverdiener). Auch junge Paare brauchen eigentlich nur die Singleausstattung mit Privathaftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherung. Das gleiche gilt für nichteheliche Lebensgemeinschaften.
Notwendige und sinnvolle Versicherungen im Lebensablauf | ||||||
Berufs unfähig
| Risiko leben | Unfall (Kind) | Hausrat | Privat haft pflicht | ||
Singles/ Berufsanfänger |
– – | O | – | + + | ||
Paar | + + | + | O | O | + + | |
Familie mit kleinen Kindern | + + | + + | + | + | + + | |
Familie mit großen Kindern | O | + | + | + | + + | |
Ehepaar nach Kindererziehung | – | – | – | + | + + | |
Alleinstehende Rentner | + | + + | ||||
+ + = notwendig, + = wichtig, O = muss nicht sein, – = unwichtig, — = überflüssig |
Zu denken wäre auch an eine Hausratversicherung.
Familie mit kleinen Kindern. Mit der Geburt eines Kindes steht auch schon oft der Versicherungsvertreter auf der Matte: Neben den Berufsanfängern sind Familien mit kleinen Kindern die zweite umworbene Kundengruppe. Auch hier ändert sich mit Erscheinen des Nachwuchses der Versicherungsbedarf. Psychologisch trifft der Vertreter ebenfalls auf eine günstige Situation: Die frischgebackenen und stolzen Eltern machen einen Rollenwandel zu Familienverantwortlichen durch. Und dazu gehört auch Absicherung, also genau das, was eine Versicherung bieten kann. Zu Haftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherung treten nun die Versicherungen für die Familie, vor allem, wenn nur ein Verdiener in der Familie ist. Das Risiko des Todes des Einkommensbeziehers sollte durch eine Risiko-Lebensversicherung gedeckt werden. Oft lohnt sich eine Kombination mit der Berufsunfähigkeitsversicherung. Nun wird auch die Unfallversicherung wieder wichtiger: Das stark unfallgefährdete Kind sollte durch eine Kinder-unfallversicherung gegen die finanziellen Folgen einer späteren Invalidität und Erwerbsminderung abgesichert werden. Auch eine Hausratversicherung ist im nun meist schon größer gewordenen Haushalt empfehlenswert.
Familie mit großen Kindern. Die Kinder sind nicht mehr schulpflichtig. Dennoch sollte die Kinderunfallversicherung bleiben oder besser noch eine Berufsunfähigkeits-Police als Alternative abgeschlossen werden. Auch die Risiko-Lebensversicherung ist weiter sinnvoll. Wegfallen kann dagegen die Berufsunfähigkeitsversicherung der Eltern, da inzwischen gesetzliche Ansprüche und eigenes Vermögen meist groß genug sind, dieses Risiko zu decken.
Ehepaar nach der Kindererziehung. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, ist Zeit für eine Reihe von Kündigungsbriefen an die Versicherungsgesellschaften. Die Unfallversicherung fällt weg, und auch die Risiko-Lebensversicherung kann gekündigt werden, wenn genug Vermögen vorhanden ist. Wichtiger als die reine Existenzsicherung wird nun die Absicherung des Erreichten: Eine Hausratversicherung sollte bestehenbleiben.
Alleinstehende Rentner. Wenn Vater Staat jeden Monat Rente zahlt, ist die Sorge um einen Einkommensverlust genommen: Weder Unfall- noch Berufsunfähigkeits-, noch eine Lebensversicherung sind mehr notwendig. Es bleiben nur die Haftpflicht- und eine Hausratversicherung. Die Versicherungsausgaben pro Jahr sollten sich dann auf rund 300 bis 400 € belaufen.