a) Neue Risiken
Damit Lücken im Versicherungsschutz erst gar nicht auftreten bzw. möglichst einfach geschlossen werden können, sehen die AHB, ferner die RBE-Privat, eine weitere für den VN vorteilhafte Besonderheit vor. Entsteht nach Abschluss der Versicherung bzw. einer späteren Anzeigeaufforderung ein völlig neues Risiko, das anders als die Risikoerhöhung bzw. -erweiterung nicht mehr in das Bild der bestehenden Risikobeschreibung passt, gewähren die AHB zunächst auch hierfür sofortigen Versicherungsschutz (Vorsorgeversicherung).
Die Vorsorgeversicherung soll den VN vor unangenehmen Überraschungen bewahren, denn gewöhnlich denkt der VN nicht sofort daran, für ein neues Risiko eine entsprechende Haftpflichtversicherung abzuschließen.
Beispiele: Privat-HV
Ein VN in der Eigenschaft als Privatperson
• vermietet sein bisher selbst genutztes Einfamilienhaus (Grundbesitzer-HV),
• nimmt größere Umbauarbeiten (Baukosten z. B. größer als 50 000,00 €) an seinem
selbst genutzten Einfamilienhaus vor (Bauherren-HV),
• kauft sich einen Hund oder ein Pferd (Tierhalter-HV).
Der VN kauft beispielsweise einen Hund. Das Tierhalterrisiko war bisher nicht versichert. Bis zum Abschluss der jetzt zusätzlich notwendigen Tierhalter-HV sind Schadensfälle, die das Tier anrichtet, im Rahmen der Vorsorgeversicherung mitversichert. Ist dagegen ein zweiter Hund gekauft worden, so liegt hinsichtlich der schon bestehenden Tierhalter-HV nur eine Risikoerweiterung vor.
Im Gegensatz zu den AHB sehen die RBE-Privat ferner vor, dass das neue Risiko auch in der Person eines Mitversicherten entstehen kann.
Beispiel:
Die im Vertrag des Vaters (VN) wegen Erststudiums noch mitversicherte volljährige Tochter legt sich am Studienort einen Hund zu.
Nach den AHB ist dieses neue, von einer mitversicherten Person eingebrachte Risiko, durch die Vorsorgeversicherung nicht gedeckt, wohl aber nach den RBE-Privat.
Neue Risiken sind solche, die in keinem inneren Zusammenhang mehr mit dem bereits versicherten Risiko stehen. Es handelt sich also um Risiken, für die das im Versicherungsschein beschriebene Risiko nicht mehr typisch ist.
b) Ausgestaltung des vorläufigen Versicherungsschutzes
Der Versicherungsschutz in den o. a. Beispielen beginnt jeweils sofort mit Eintritt des neuen Risikos.
• Der VN ist allerdings verpflichtet, binnen Monatsfrist nach Aufforderung durch den
VR (meist geschieht das auf der Beitragsrechnung) das neue Risiko anzuzeigen.
Unterlässt der VN die rechtzeitige Anzeige oder kommt es innerhalb Monatsfrist nach
Eingang der Anzeige beim VR nicht zu einer Beitragsvereinbarung, so fällt der
Versicherungsschutz für das neue Risiko rückwirkend vom Gefahreneintritt ab wieder
fort.
Der VR ist verpflichtet, seine Beitragsvorschläge – in der Regel der Tarifbeitrag – so rechtzeitig dem VN vorzulegen, dass dieser in der Lage ist, das Angebot zu prüfen und noch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist anzunehmen.
• Tritt der Versicherungsfall vor Anzeige des neuen Risikos ein, so muss der VN
beweisen, dass das neue Risiko erst nach Vertragsabschluss und in einem Zeitpunkt
eingetreten ist, in dem die Anzeigefrist noch nicht verstrichen war.
Es ist deshalb eine besonders wichtige Aufgabe des Außendienstes, den Zeitpunkt, zu dem das neue Risiko entstanden ist, in jedem Einzelfall korrekt festzustellen. Nur dadurch lässt sich vermeiden, dass der VN ein neues Risiko jahrelang nicht anzeigt und es im Schadensfall als gerade erst eingetreten ausgibt, um in unredlicher Weise die Vorsorgeversicherung in Anspruch nehmen zu können.
c) Begrenzung des Versicherungsschutzes der Vorsorgeversicherung Deckungssummen
Da der VR bei der Vorsorgeversicherung ein unbekanntes Risiko trägt, das er weder nach Zahl noch nach Art übersehen kann, sind die Deckungssummen niedriger als die des Hauptvertrages:
• Personenschäden sind in der Regel bis zu 500 000,00 € mitversichert (Proximus
Bedingungen: 1 Mio. €)
• Sachschäden sind in der Regel bis zu 150 000,00 € mitversichert (Proximus
Bedingungen: 500000,00 €)
• Vermögensschäden (soweit vereinbart) bis 2 000,00 €
Im Versicherungsschein können geringere Versicherungssummen festgesetzt sein. Außerdem ist der rückwirkende Versicherungsschutz ab Gefahreneintritt bis zur Beitragsvereinbarung in der Regel kostenlos. Es gibt also keine Nachverrechnung (Nachbeitrag) wie bei der Risikoerhöhung bzw. -erweiterung. Der VN kann ein neues Risiko auch bei einem anderen VR unterbringen. Folgerichtig kommt erst mit dem beitragswirksamen Einschluss des neuen Risikos durch Nachtrag die Deckungssumme des Gesamt- bzw. entsprechenden Hauptvertrages zur Anwendung.
– Risikoausschlüsse
Gewisse Risiken sind von der Vorsorgeeinrichtung ausgenommen;
• nach AHB u.a.:
– aus dem Eigentum, Besitz, Halten oder Führen eines Kraft-, Luft- oder
Wasserfahrzeugs, soweit diese Fahrzeuge zulassungs-, führerschein- oder
versicherungspflichtig sind,
– versicherungstechnisch einmalig kurzfristige Risiken, z. B. die Teilnahme an
Ausstellungen.
Beispiel:
Der privathaftpflichtversicherte Student kauft sich ein Segelboot. 14 Tage später verursacht er auf einer Segeltour einen Haftpflichtschaden. Der Schadenfall ist nicht über die Vorsorgeversicherung aus der Privat-HV gedeckt. Nur der rechtzeitige Abschluss einer Wassersport-HV hätte hier für Versicherungsschutz gesorgt.
Es bleibt anzumerken, dass der gelegentliche Gebrauch von fremden Wassersportfahrzeugen (mit Motoren) in der Privat-HV mitversichert ist.
• nach den RBE-Privat:
Bei der Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden – Anlagenrisiko ist das Anlagenrisiko ausdrücklich von der Vorsorgeversicherung ausgeschlossen. Daher fällt das Tank-Haftpflichtrisiko einer gerade erst errichteten Ölheizung nicht unter die Vorsorgeversicherung.
Versicherungsschutz für das (nach Vertragsabschluss) neu entstehende private Haftpflichtrisiko | |
keine Vorsorgeversicherung für | Vorsorgeversicherung für |
das Halten/Führen- eines eigenen Segelbootes – eines eigenen oder fremden Motorbootes VS-Schutz besteht in den beiden Fällen nur im Rahmen einer Wassersporthaftpflichtversicherung | – das Tierhalterrisiko nach Anschaffung eines Hundes/Pferdes bis zum rechtzeitigen Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung |
– das Gebäuderisiko (bauliche Instandhaltung usw.) bei Vermietung eines Einfamilienhauses, einer Eigentumswohnung bzw. bei Anschaffung/ Vermietung eines Zwei- bzw. Mehrfamilienhauses bis zum rechtzeitigen Abschluss einer Grundbesitzerhaftpflichtversicherung | |
– Betreiben eines Heizöltanks nach Errichtung einer ÖlheizungVS-Schutz besteht erst nach Abschluss einer Gewässerschadenhaftpflichtversicherung | – Risiken infolge Änderung der persönlichen Verhältnisse (Heirat, Geburt) soweit nur eine Privat-HV für Einzelpersonen besteht bis zum rechtzeitigen Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung nach dem Kompaktmodell |
– kurzfristige Risiken (die kürzer als ein Jahr bestehen)VS-Schutz hierfür wird ausschließlich durch besonderen Vertrag gewährt | – das Bauherrenrisiko (auch als kurzfristiges Risiko) bei einer Bausumme von mehr als 50 000,00 € bis zum rechtzeitigen Abschluss einer Bauherrenhaftpflichtversicherung |
Vergleich | Risikoerhöhung/-erweiterung | Vorsorgeversicherung |
Art des Risikos | nur Änderung des bereits versicherten Risikos | neues Risiko; nicht typisch für das versicherte Risiko |
Versicherungsschutz | endgültig und bedingungslos auch bei unrichtiger bzw. unterlassener Anzeige; das hinzugekommene Risiko ist nicht bei einem anderen VR versicherbar | vorläufiger Schutz, der bei nicht fristgerechter Anzeige und entsprechender Nachtragsversicherung innerhalb eines weiteren Monats (Beitragsvereinbarung) rückwirkend wieder entfällt |
Beginn der Beitragspflicht | rückwirkende Beitragsregulierung ab Gefahreneintritt (Nachbeitrag) | beitragsfrei bis zum Vertragseinschluss (Beitragsvereinbarung ) |
Deckungssummen | unveränderte Deckungssummen | Deckungssummen zunächst nur1 000 000,00/500 000,00 € (Proximus-Bedingungen |
Ausschlüsse | nur das Führen und Halten von Luft-, Kraft- und Wasserfahrzeugen | weitere Ausschlüsse u. a. Betrieb von Bahnen aller Art usw. |
Mitversichert ist nur der gelegentliche Gebrauch von fremden Motor-Wassersportfahrzeugen (Motorstärke <= 55 KW).
Eine andere Auffassung würde wohl regelmäßig zulasten des VR gehen, da der VN ein kurzfristiges Risiko, das bis zur nächsten Beitragsaufforderung schon wieder erloschen ist, nur dann nachträglich anzeigen würde, wenn sich ein Haftpflichtschaden ereignet hat.