Die kostenlose Beratung der Versicherungsvermittler
Der freundliche Versicherungsvertreter, oft ein netter Kollege oder ein guter Bekannter, bietet ein Gespräch an, um den Versicherungsbedarf zu analysieren und die Lücke bei der Altersvorsorge zu bestimmen. Alles soll ganz unverbindlich sein – und obendrein noch kostenlos. Wer will da schon Nein sagen? Was der Vermittler nicht verrät, ist, dass seine Beratung keineswegs kostenlos ist. Beim Abschluss eines Vertrages erhält er Abschluss- und Folgeprovisionen. Sie sind in die Prämien eingerechnet und werden daher von den Versicherten bezahlt. Dabei können je nach Versicherungsart und Vertragsdauer ganz unterschiedliche Provisionen fällig werden:
> Für Sach-, Haftpflicht- und Unfallversicherungen erhält der Vermittler eine einmalige Abschlussprovision zwischen 10 und 15 Prozent der ersten Jahresnettoprämie für eine Vertragslaufzeit von einem Jahr. Für einen dreijährigen Vertrag dagegen werden schon bis 50 Prozent fällig. In den Folgejahren werden Bestandspflegeprovisionen im Bereich von 10 bis 15 Prozent geleistet. Eine Sonderregelung gibt es für Makler (vgl. unten), die nicht an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen gebunden sind und vielfach keine langfristigen Verträge vermitteln. Sie erhalten laufende Courtagen zwischen 20 und 25 Prozent.
> Bei Personenversicherungen wie Lebens-, Renten- und Krankenversicherungen erhalten Vermittler meist nur eine einmalige Provisionszahlung. Bei Kapitallebensversicherungen sind dies ca. vier Prozent des Beitrags, aber bezogen auf die gesamte Laufzeit des Vertrages, bei Krankenversicherungen etwa sechs bis acht Monatsbeiträge. Dass so mancher Vermittler nach der Devise handelt, Wer leben will, bringt >Leben< (also eine Kapitallebens- oder Rentenversicherung), ist aufgrund dieser Zahlen leicht nachvollziehbar. Dass er an möglichst langfristigen Verträgen interessiert ist, ist ebenfalls verständlich. Außerdem wird er versucht sein, bei jedem Kunden möglichst viele und vor allem neben Sach- auch Personenversicherungen zu verkaufen, um die durchschnittlichen Provisionen beim jeweiligen Kunden zu erhöhen.
→ Verlassen Sie sich nicht auf den Rat eines einzigen Versicherungsvermittlers oder Anbieters von Altersvorsorgeprodukten. Verzichten Sie nach Möglichkeit auf Vertreterbesuche und informieren Sie sich möglichst breit und aus unabhängigen Quellen wie dem Bund der Versicherten, den Verbraucherzentralen oder Versicherungs- und Rentenberatern, die Sie entgeltlich und ohne Provisionsinteresse beraten. Merke: Nichts ist umsonst! Gute Beratung hat ihren Preis.
→ Unter den Vermittlern bieten Makler, die nicht an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen gebunden sind, eher die Gewähr für eine verbraucherorientierte Betreuung als Ein-Firmen- oder Mehrfachagenten, die nur die Produkte einer oder weniger festgelegter Versicherungsgesellschaften vertreiben. Aber bedenken Sie, dass auch bei Maklern die Provisionshöhe bei der Empfehlung für ein bestimmtes Produkt eine Rolle spielen kann. Keinesfalls gefeit gegen schlechte Beratung sind Sie bei den Banken und Sparkassen, die ebenfalls nur die eigenen Verträge an Frau und Mann bringen wollen, deren Angestellte Vorgaben haben und nicht frei von Provisionsinteressen sind.
Bund der Versicherten
Der Bund der Versicherten e.V. (BdV) ist eine unabhängige bundesweittätige Verbraucherschutzorganisation, die 1982 gegründet wurde. Sein Ziel ist es, die Interessen der Versicherten zu vertreten, Verbraucher unabhängig zu informieren und die Missstände im Versicherungswesen zu beseitigen. Der Verein finanziert sich allein durch seine über 50.000 Mitglieder und wird von den Finanzbehörden als gemeinnützig anerkannt. Der Bund der Versicherten gibt kostenlose Informationsmaterialien wie die Broschüre Gut und günstig versichert und Merkblätter von A wie Auslandsreisekrankenversicherung bis Z wie Zahnzusatzversicherungen heraus (eine vollständige Liste der Merkblätter finden Sie im Anhang). Außerdem bietet der BdV online unter bundder versicherten*de umfangreiche Informationen zu privaten Versicherungen und informiert die Öffentlichkeit durch aktive Pressearbeit. Die Mitglieder zahlen einen jährlichen Mitgliedsbeitrag von 40 Euro (bis zur Vollendung des 25.
Lebensjahres 20 Euro) und erhalten aktuelle Versicherungsinformationen in der BdV- Mitgliederzeitung sowie individuellen Versicherungs- und Rechtsrat von den Juristen und Versicherungsberatern des BdV. Sie können sich außerdem günstig und provisionsfrei über die BdV-Gruppenversicherungen versichern und dabei viel Geld sparen. Um Verbraucherinteressen im Versicherung(u -)wesen durchzusetzen, führt der BdV eine Vielzahl von Verbandsklageverfahren bis hin zu den höchsten deutschen Gerichten. Daneben wird der BdV an Gesetzgebungsverfahren beteiligt und ist auf EU-Ebene, bei Ministerien, dem Aufsichtsamt und Gerichten als qualifizierte Interessenvertretung der Versicherten anerkannt. Die wissenschaftliche Diskussion wird durch einen wissenschaftlichen Beirat, eine eigene wissenschaftliche Schriftenreihe Versicherungswissenschaflliche Studien im Nomos-Verlag und die jährlichen BdV-Wissenschaftstagungen gefördert.
Verbraucherschutzorganisationen
Eine wichtige Informationsquelle für Versicherte sind die öffentlich geförderten Verbraucherzentralen und die Stiftung Warentest, Die Verbraucherzentralen veröffentlichen Ratgeber und Broschüren zu speziellen Versicherungsthemen und zur Altersvorsorge, Die Stiftung Warentest untersucht regelmäßig Geldanlage- und Versicherungsangebote, Die Testergebnisse sowie Verbrauchertipps werden in den monatlichen Zeitschriften Test und FINANZ Test sowie online unter stiftung-warentest*de veröffentlicht. Außerdem können Sie dort gegen ein Entgelt einen individuellen Versicherungsvergleich anfordern In den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen können Verbraucher Fachinformationen in der Infothek gegen eine geringe Nutzungsgebühr einsehen. Zusätzlich angeboten werden ausführliche persönliche Versicherungsberatungen, für die unterschiedliche Gebühren berechnet werden. Telefonische Auskünfte werden vielfach über kostenpflichtige Nummern erteilt. Online können aktuelle Verbrauchertipps abgerufen werden.
Versicherung und Rentenberater
Gewähr für unabhängige Beratung bieten auch die gerichtlich zugelassenen Versicherungs- und Rentenberater, die jeweils in Bundesverbänden zusammengeschlossen sind (bvvb*de und renten-berater*de). Im Gegensatz zu Versicherungsvertretern und Maklern dürfen sie keine Versicherungen vermitteln und erhalten daher auch keine Provisionen von den Versicherungsgesellschaften. Aus diesem Grund muss der Kunde für die Beratung ein Honorar zahlen. Ein Teil der Berater rechnet pauschal ab, andere nach Stunden mit Sätzen von etwa 100 bis 150 Euro.
Ein-Firmen-Vertreter und Mehrfachagenten
Die meisten Verträge werden über Ein-Firmen-Vertreter abgeschlossen. Das sind die klassischen Versicherungsvertreter, die nur Angebote eines einzigen Versicherungsunternehmens vertreiben und von dort ihre Provisionen, manchmal ein Grundgehalt beziehen. Bis 2007 durfte jeder Versicherungen verkaufen, besondere Qualifikationen waren nicht erforderlich. Das Spektrum reicht daher bisher von gelernten Versicherungskaufleuten bis hin zu Nebenberufen, die einen ganz anderen Beruf ausüben und nur in ihrer Freizeit Versicherungen verkaufen. Ihr Wissen haben sie sich vielfach in Schnellkursen von ein paar Tagen angeeignet, bei denen der Schwerpunkt zudem weniger auf Fachwissen, dafür umso mehr auf Verkaufstricks liegt. Eine bedarfsgerechte Beratung ist hier kaum angestrebt.
Seit Mai 2007 benötigen Versicherungsvermittler eine Erlaubnis (§34d Gewerbeordnung), die widerrufen oder zurückgenommen werden kann. Sie ist an einen Sachkundenachweis gebunden. Zuständig ist die Industrie-und Handelskammer. Aufgrund einer hohen Zahl von Ausnahmen von der Erlaubnispflicht bleibt abzuwarten, ob die neue Regelung Verbesserungen der Beratung durch Vermittler bringt. Sofern Vermittler falsch beraten, haften sie in der Regel nicht selbst, sondern die Versicherungsgesellschaft. Bisher mussten die schlecht beratenen Versicherungskunden vor Gericht nachweisen, welche Aussagen oder Zusagen der Vertreter gemacht hat. Das war vielfach kaum möglich, Abhilfe soll nun die gesetzliche Verpflichtung des Vermittlers bringen, den Kunden zu beraten und dies zu dokumentieren (§61 Absatz 1 WG). Ob hieraus tatsächlich eine Verbesserung der Beweissituation erwächst, bleibt abzuwarten. Mehrfachagenten arbeiten für mehrere Versicherungsgesellschaften. Ansonsten sind sie im Status mit den Ein-Firmen-Vertretern vergleichbar.
Strukturvertriebe
Besonders problematisch sind die Strukturvertriebe. Mit standardisierten Finanz- und Versicherungs-Analysen werden angebliche Lücken und Schwachpunkte ausgemacht und auf den Abschluss von Neuverträgen gedrängt – nur allzu oft mit wenig bedarfsgerechten und überteuerten Verträgen. Hinzu kommt, dass Kunden bevorzugt im Verwandten- und Freundeskreis gesucht werden und damit das bestehende Vertrauensverhältnis ausgenutzt wird. Damit wird auch ein Markt- und Prämienvergleich unterbunden. Zusätzlich erzeugt das Provisionssystem Verkaufsdruck. Denn ein Vermittler der untersten Stufe muss einen Teil seiner Provision mit den Vermittlern teilen, die in der Hierarchie über ihm stehen. Nur wer selbst genügend Umsatz gebracht hat, kann aufsteigen und selbst mitkassieren. Die Beratungsqualität steht hinten an. Bekannte Namen sind AWD, OVB, MLP, Bonn Finanz oder die Deutsche Vermögensberatung.
Makler
Im Unterschied zu den Versicherungsvertretern vermitteln Makler grundsätzlich Angebote von vielen Versicherungsgesellschaften. Sie können daher das für den Kunden beste Angebot ermitteln. Einige Zusammenschlüsse von Maklern bieten außerdem günstige Konditionen für bestimmte Versicherungen, die sie mit den Versicherungsgesellschaften ausgehandelt haben. Der Makler haftet für die richtige Beratung, die Risikoanalyse des Kunden und die Auswahl des Anbieters. Für eine Falschberatung ist er dem Kunden gegenüber schadenersatzpflichtig. Vielfach verfügt er über eine Vermögens-schaden-Haftpflichtversicherung. Dennoch sollten Sie auch bei einem Makler nicht blind darauf vertrauen, dass Ihnen das optimale Angebot vermittelt wird. Zum einen ist es auch für einen Makler schwierig, den gesamten Markt zu überblicken. Zum anderen besteht auch hier die Verlockung, die Produkte zu vermitteln, die besonders hohe Courtagen abwerfen.
Versicherungsvermittler Richtlinie
Die Versicherungsvermittler-Richtlinie der EU bzw. deren Umsetzung in deutsches Recht hat den Verbraucherschutz verbessert. Wesentliche Neuerungen sind:
> Die Vermittler müssen eine fachliche Mindestqualifikation nach-weisen. Hier gibt es aber Ausnahmeregelungen, zum Beispiel für nebenberufliche Vermittler.
> Vermittler müssen eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Bei Versicherungsvertretern soll es aber ausreichen, wenn sie eine Haftungsübernahmeerklärung des Versicherungsunternehmens nach-weisen, für das sie tätig sind.
> Vermittler müssen sich in einem öffentlichen Register bei den Industrie- und Handelskammern eintragen lassen (vermittler-register.info)
> Der Vermittler muss den Kunden informieren, ob er ein ungebundener Vermittler (Makler) ist oder ein gebundener Vermittler, also ein Ein-Firmen-Vertreter oder Mehrfachagent.
> Bevor ein Vermittler einen Versicherungsvorschlag macht, muss er die Wünsche des Kunden, den objektiven Bedarf und die Begründung für seine Produktempfehlung dokumentieren.
Internet
Auch online gibt es jede Menge Informationen. Die Qualität ist allerdings höchst unterschiedlich. Vor allem müssen Sie prüfen, wer hinter einem Webauftritt steht. Wenig neutrale Informationen dürfen Sie bei den Versicherungsgesellschaften selbst und ihren Verbänden erwarten. Selbst die Information über die eigenen Angebote lässt so manches Mal an Vollständigkeit und Transparenz zu wünschen übrig. Und wenn bei einem vordergründig unabhängigen Vergleichsrechner für Versicherungen nur ein halbes Dutzend Anbieter berücksichtigt werden, sollten Sie auf diesen Rat verzichten. Plattformen, bei denen mehrere Dutzend Angebote miteinander verglichen werden wie aspect-online*de, fss-online*de oder einsurance*de können aber bei der Auswahl eine erste Entscheidungshilfe leisten. Außerdem müssen Sie auf Aktualität achten, da man nicht immer sicher sein kann, dass die eingestellte Information noch korrekt ist