Die Preisbestimmung für Versicherungsleistungen (Beitragskalkulation) unterscheidet sich aus mehreren Gründen von derjenigen in klassischen Produktionsgewerben (vgl. Bruhn / Meffert). Besonders zu beachten ist:
• Der Versicherungsgedanke beruht wesentlich auf statistischen und wahrscheinlichkeitstheoretischen Aussagen. Der Preis für Versicherungsschutz repräsentiert daher nicht tatsächliche, sondern voraussichtliche Sachverläufe.
• Der immaterielle Charakter eines Versicherungsproduktes bewirkt, dass in erster Linie Geldleistungen in andere Geldleistungen umgewandelt werden, ohne Zwischenschaltung eines unmittelbar fassbaren Warenaustauschs. Dieser erfolgt allenfalls symbolisch, zum Beispiel durch Übersendung einer Versicherungspolice vom Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer, zur Dokumentation von Rechtsverhältnissen und deren Änderungen.
• Die Herstellung des konkreten Gutes Versicherungsschutz folgt dem Verkaufsvorgang. Diesem geht nur die Fertigung eines Produktprototyps in Gestalt eines Versicherungs-tarifs voraus, der die allgemeinen Leistungsmerkmale, Rechtsbeziehungen und Berechnungsverfahren für den Preis der Versicherungsleistung festlegt.
• Versicherungszweige mit langfristigen Verpflichtungen, wie die Lebens- und Krankenversicherung, vereinbaren standardmäßig die Zahlung des Kaufpreises in Form von ratierlichen (periodisch fälligen) Prämien. Prämien- und Leistungszahlungen erfolgen demnach zu unterschiedlichen Zeitpunkten und müssen durch Betrachtung von Barwerten miteinander verglichen werden.
Die vom Kunden des Versicherungsunternehmens zu entrichtende Prämie wird auch Beitrag genannt. Von Beiträgen wird in der Literatur generell im Zusammenhang mit den Systemen der gesetzlichen Sozialversicherung gesprochen; in der Individualversicherung vor allem dann, wenn von konkreten Versicherungsverträgen die Rede ist, sowie allgemein in der Tarifierung bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit. Die Bezeichnung Prämie findet dagegen vor allem im Zusammenhang mit versicherungstheoretischen Überlegungen Anwendung und in der Tarifierung von Versicherungsaktiengesellschaften. Im Rahmen dieses Buches wird vereinfachend nur von Beiträgen gesprochen, es sei denn, eindeutige Gründe, wie die Formulierungen in Gesetzestexten, zwingen dazu, mit Prämien zu arbeiten.
Grundlage der Berechnung des individuellen Versicherungsbeitrages ist das versicherungstechnische Äquivalenzprinzip. Dieser Beitrag umfasst neben der Deckung des Schadenerwartungswertes weitere Bestandteile, die in diesem Versicherung-Artikel betrachtet werden. Dieser Versicherung-Artikel bietet schließlich eine Übersicht über die Besonderheiten der Beitragsberechnung in den jeweiligen Sparten.