Finanzdienstleistungskonzerne stellen eine Verallgemeinerung von Versicherungskonzernen unter Hinzunahme anderer Finanzdienstleistungsunternehmen dar. Unternehmen aller Finanzdienstleistungsbranchen können dabei nebeneinander als Mutter- und Tochtergesellschaften auftreten, dazu kommt meist noch eine Reihe von Tochtergesellschaften anderer Bereiche (EDV-Dienstleister etc.). Die Ursachen für die Bildung derartiger Konzerne ähneln im Wesentlichen denen für die Bildung von Versicherungskonzernen, gehen aber teilweise noch darüber hinaus. Die aus der Zusammenführung verschiedener Finanzdienstleistungsunternehmen unterschiedlicher Rechtsform und Unternehmenskultur resultierenden Konzernstrukturen können sehr kompliziert sein und sollen nur exemplarisch beschrieben werden.
Formen der Finanzdienstleistung
Der Begriff Finanzdienstleistungen beschreibt zusammenfassend alle Dienstleistungen im Umfeld von Finanzierungs- und Investitionsgeschäften. Eine Finanzdienstleistung zeichnet sich durch eine Kombination von Spar- und Entsparkomponenten aus, die in der Regel zeitlich versetzt sind. Im Kern laufen Finanzdienstleistungen damit auf eine Abfolge von Zahlungsströmen zwischen Finanzdienstleister und Kunden hinaus, die bezüglich eines beiden Parteien zur Verfügung stehenden langfristigen Kalkulationszinssatzes äquivalent zueinander sind (vgl. Äquivalenzprinzip der Versicherungsmathematik).
Die wichtigsten Anbieter von Finanzdienstleistungen neben den Versicherungsunternehmen sind:
• Banken: Die Geschäfte von Banken erstrecken sich nach Becker! Peppmeier auf Finanzierungen, Geld- und Kapitalanlagen, Zahlungsabwicklungen und sonstige Leistungen (Beratung, Risikoübernahme, Vermittlung und Verwaltung). Im Kern laufen diese Tätigkeiten auf komplizierte Spar- und Entsparprozesse hinaus, bei denen entweder anvertraute Geldmittel rentierlich investiert oder Investitionsprojekte finanziert werden.
• Bausparkassen: Der Geschäftszweck von Bausparkassen besteht darin, Einlagen von Bausparern entgegenzunehmen und daraus Darlehen für andere Bausparer zu finanzieren (Bildung eines Bausparkollektivs). Sowohl der Ansparzins als auch der Darlehenszins werden dabei niedrig gehalten, das Bausparkollektiv erhält dadurch im weiteren Sinne einen genossenschaftlichen Charakter. Bausparkassen sind damit Spezialbanken, deren Existenz der Förderung wohnungswirtschaftlicher Maßnahmen dient.
• Kapitalanlagegesellschaften (auch Investmentgesellschaften): Nach §2 InvG (Investmentgesetz) besteht der Geschäftszweck von Kapitalanlagegesellschaften in der Verwaltung von Sondervermögen und der individuellen Vermögensverwaltung. Kapitalanlagegesellschaften investieren die ihnen anvertrauten Geldmittel auf den internationalen Kapitalmärkten und gelten ebenfalls als Spezialbanken mit eingeschränktem Leistungsangebot.
Zwischen den Geschäftszwecken aller genannten Anbieter von Finanzdienstleistungen (Banken, Bausparkassen, Kapitalanlagegesellschaften und Versicherungsunternehmen) bestehen gewisse Überschneidungen, die ein Konkurrenzverhältnis begründen. Hierzu gehören unter anderem:
• Altersvorsorgeprodukte finden sich in weiterem Sinne bei allen Finanzdienstleistern. In direkter Konkurrenz zu kapitalbildenden Lebensversicherungen und Rentenversicherungen stehen hier vor allem Banksparpläne mit fester Verzinsung sowie Investmentprodukte der Kapitalanlagegesellschaften (Aktienfonds, Rentenfonds etc.). Hinzu kommt die Möglichkeit, den Altersruhestand mithilfe einer eigenen Immobilie zu finanzieren (Bausparvertrag; auch als reines Sparprodukt verbreitet) sowie die direkte Anlage in Aktien und andere Wertpapiere. • •
• Die Immobilienfinanzierung wird häufig über einen Bausparvertrag vorgenommen, kann alternativ aber auch über ein Hypothekendarlehen bewerkstelligt werden. Stellenweise werden Immobilien auch über kapitalbildende Lebensversicherungen finanziert: Die Ablaufleistung wird dazu genutzt, eine ausstehende Bankfälligkeit in einem Schritt zu tilgen; die bis zu diesem Zeitpunkt künstlich hoch gehaltenen Schulden eröffnen Möglichkeiten, Steuern zu sparen.
Ergänzt werden die einzelnen Finanzdienstleistungsarten in einem Finanzdienstleistungskonzern häufig durch Vermittlungsunternehmen wie etwa Kapitalvermittlungsunternehmen oder eigenständige Maklerunternehmen. Die Aufgabe solcher Vermittlungsunternehmen besteht meist darin, Neukunden innerhalb des Konzerns weitere Finanzdienstleistungen zu vermitteln, teilweise vermitteln sie auch Finanzdienstleistungsprodukte anderer Konzerne, die der eigene Konzern nicht anbietet. Im weiteren Sinne gehören diese Vermittlungsunternehmen damit auch zu den Finanzdienstleistern, obwohl sie keine eigenen Produkte vertreiben.