Nach §1(1) VAG unterliegen solche Unternehmen der Versicherungsaufsicht, die den „ Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben und nicht Träger der Sozialversicherung sind (Versicherungsunternehmen) sowie Pensionsfonds. “ Die Versicherungsaufsicht nach VAG wird damit als objektorientiert (Versicherungsunternehmen) – nicht jedoch prozessorientiert (Versicherungsgeschäft) – definiert und erstreckt sich nicht auf die Träger staatlicher Sozialversicherungssysteme wie die gesetzlichen Krankenkassen oder die Deutsche Rentenversicherung Bund.
Genauer unterliegen der Versicherungsaufsicht neben den hier nicht näher betrachteten Pensionsfonds damit:
• Erstversicherungsunternehmen aller Sparten (lediglich kleinere Versicherungsvereine können nach § 157 a VAG von der laufenden Aufsicht auf Antrag befreit werden; alternativ können auch Erleichterungen beim Geschäftsplan und bei der Rechnungslegung nach § 175(1) VAG gewährt werden),
• Rückversicherungsunternehmen,
• Versicherungskonzerne (zusätzliche Solo-Plus-Aufsicht von Erstversicherungsunternehmen, die einer Versicherungsgruppe angehören sowie unmittelbare Beaufsichtigung von Holding-Muttergesellschaften nach §§ 104a bis 104 i VAG bzw. § I b VAG),
• Finanzkonglomerate nach §§ 104 k bis 104w VAG; hier geht es um eine zusätzliche Beaufsichtigung der zu einem Finanzkonglomerat gehörenden Versicherungsunternehmen sowie des Konglomerats selbst.
Speziell die Aufsicht über Versicherungskonzerne und Finanzkonglomerate ist in den letzten Jahren verschärft worden, Hintergrund ist die Möglichkeit schädlicher Einflüsse auf Versicherungsunternehmen durch wirtschaftliche Probleme anderer Tochterunternehmen bzw. der Muttergesellschaften.
Die Beaufsichtigung von Rückversicherungsunternehmen ist in den Jahren 2002 und 2004 neu geregelt und dabei ebenfalls verschärft worden (unter anderem 4. Finanzmarktforderungsgesetz). Die bis dahin relativ schwach ausgeprägte Aufsichtskultur in diesem Bereich war hauptsächlich auf den (zumindest in der Wahrnehmung des Gesetzgebers) generell fehlenden Schutzbedarf der Erstversicherungsunternehmen zurückzuführen. Erst in jüngerer Vergangenheit hat sich auch hier ein schutztheoretisches Denken durchgesetzt, gegründet vor allem auf dem Schutz der Versicherungsnehmer des Erstversicherers, der auch Eingriffe bei einem Rückversicherer erforderlich machen kann. Hinzu kommt, dass strenge aufsichtsrechtliche Grundsätze im Sitzland des Rückversicherungsunternehmens durchaus als Qualitätsausweis in anderen Ländern gelten können, der Rückversicherer hierdurch also einen Wettbewerbsvorteil erlangt. Besonders problematisch gestaltet sich die Beaufsichtigung von Rückversicherungsunternehmen mit Blick auf den individuellen und internationalen Charakter des Rückversicherungsgeschäftes. Gerade große internationale Rückversicherungsunternehmen betreiben einen Großteil ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten im Ausland, was eine statistische Erfassung vergleichbarer Kennzahlen erschwert.
Nicht aufsichtspflichtig sind nach § 1 (3) VAG grundsätzlich folgende Einrichtungen, obgleich auch sie im weiteren Sinne Versicherungsgeschäfte betreiben:
• Unterstützungskassen, die ihren Mitgliedern keinen Rechtsanspruch auf Leistungen gewähren, also zum Beispiel Unterstützungsvereine einzelner Berufsverbände oder Innungen,
• rechtsfähige Umlagekassen für Versorgungen durch Kammern oder Verbände,
• nicht rechtsfähige kommunale Schadenausgleiche,
• einzelne örtlich begrenzte Versicherungseinrichtungen, die Naturalersatz gegen ein pauschales Entgelt leisten (zum Beispiel im Rahmen der Wartung von Geräten),
• Versicherungspools; sie organisieren zwar Versicherungsschutz, betreiben jedoch nicht unmittelbar das Versicherungsgeschäft; die am Pool beteiligten Versicherer unterliegen natürlich der vollen Aufsicht.
Daneben existieren innerhalb der Versicherungswirtschaft noch einzelne Einrichtungen, für die individuelle Regelungen gelten (vgl. Farny):
• Unterhält ein großes Unternehmen oder ein Konzern einen eigenen Captive Versicherer (vgl. Captive als Vermittler), ist dieses Tochterunternehmen voll aufsichtspflichtig. Zwar wäre im Fall einer wirtschaftlichen Schieflage des Captive Versicherers nur das tragende Unternehmen bzw. der tragende Konzern von diesem Problem unmittelbar betroffen, bei mehreren zehntausend Mitarbeitern können solche Krisen aber durchaus größeren wirtschaftlichen Schaden anrichten.
• Selbstständige Vermittlungsunternehmen (etwa Makler) unterliegen nicht der Versicherungsaufsicht, allerdings sind sie gegenüber der Aufsichtsbehörde teilweise auskunftspflichtig (§83(5) VAG) und können für Verstöße gegen das VAG strafrechtlich verfolgt werden.
• Gliedert ein Versicherungsunternehmen einzelne betriebswirtschaftliche Funktionsbereiche aus (zum Beispiel die EDV-Abteilung, die in eine abhängige Tochtergesellschaft umgewandelt wird), unterstehen diese externen Dienstleistungsunternehmen ebenfalls nicht der Aufsicht, sind aber gegenüber der Behörde in bestimmten Bereichen auskunftspflichtig.
Unternehmen, die im weiteren Sinne mit Versicherungsunternehmen kooperieren und ihnen einzelne Prozessabläufe abnehmen (Vermittlung, Vertragsverwaltung, Schadenregulierung etc.), unterstehen damit zwar grundsätzlich nicht der Versicherungsaufsicht, müssen diese aber bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen.
Im Zuge der Angleichung der europäischen Aufsichtssysteme (EU- bzw. EWR-Raum) ist in den letzten Jahren eine weitgehende Vereinheitlichung in der Frage der Beaufsichtigung ausländischer Versicherungsunternehmen erreicht worden. Hier wird teilweise das so genannte Sitzlandprinzip angewendet, das die Aufsicht im Herkunftsland des Versicherers belässt. Im Einzelnen gilt (vgl. auch die Aussagen in):
• Hat ein deutsches Versicherungsunternehmen eine Muttergesellschaft mit Sitz im Ausland, unterliegt das Versicherungsunternehmen vollständig der deutschen Aufsicht. Dies betrifft beispielsweise die deutschen Tochtergesellschaften einiger schweizerischer Versicherungskonzerne (Baloise, Helvetia, Zürich etc.).
• Betreibt ein Versicherer mit Sitz in einem Staat der EU bzw. des EWR in Deutschland das Versicherungsgeschäft über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr, verbleibt die Aufsicht bei der zuständigen Behörde des Sitzlandes (Sitzlandprinzip). Hierin tritt die Angleichung europäischer Aufsichtsnormen besonders deutlich zu Tage. Lediglich in Einzelfällen (wenn das rechtlich nicht näher definierte Allgemeininteresse des deutschen Versicherungsnehmers tangiert ist), bestehen eingeschränkte Befugnisse der deutschen Aufsicht.
• Betreibt ein Versicherer mit Sitz außerhalb der EU bzw. des EWR in Deutschland das Versicherungsgeschäft über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr, unterliegt diese Geschäftstätigkeit der deutschen Versicherungsaufsicht. Die hierbei praktizierte laufende Aufsicht orientiert sich an den Maßstäben, die für deutsche Versicherungsunternehmen gelten.