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Gesetzliche, private Pflegeversicherung und was heißt Pflegebedürftigkeit

Am 1. Januar 1995 wurde diese letzte große Lücke in der sozialen Versorgung geschlossen: Seither gibt es die Pflegeversicherung fast unverändert. Sie wird im Rahmen einer sozialen Pflegeversicherung als neuer eigenständiger Zweig der Sozialversicherung (5. Säule) und im Rahmen einer privaten Pflegepflichtversicherung durchgeführt. Damit haben die rund 81 Millionen Bürger einen Versicherungsschutz bei Pflegebedürftigkeit erhalten, den es vorher nicht gab. Dabei gilt der Grundsatz: Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, gehört der sozialen Pflegeversicherung an. Wer in einer privaten Krankenversicherung mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen versichert ist, muss seitdem eine private Pflegeversicherung abschließen. In diesem Artikel erfahren Sie, was es rund um die Pflegeversicherung zu beachten gilt.

Die soziale Pflegeversicherung schützt alle gesetzlich krankenversicherten Personen vor dem Risiko der Pflegebedürftigkeit. Personen, die sich in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichern, haben die Wahl: Sie können sich in der gesetzlichen Pflegeversicherung versichern oder auch eine Pflegeversicherung bei einem Privatanbieter wählen. Privat Krankenversicherte müssen Mitglied in der privaten Pflegeversicherung werden. Gleiches gilt für Rentner, die Hauptrisikogruppe für Pflegebedürftigkeit: Versicherungspflichtig in der Pflegeversicherung sind alle Rentner, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig oder freiwillig versichert sind.

ln Deutschland sind inzwischen mehr als zwei Millionen Menschen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes pflegebedürftig. Das Hauptproblem für viele Antragsteller ist jedoch, dass jeder dritte Antrag von den Pflegekassen abgelehnt wird. Denn Pflegekassen lassen die Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst (MD, siehe weiter unten) prüfen. Dabei ist oft der einmalige Besuch des medizinischen Dienstes kaum ausreichend, um die Pflegebedürftigkeit für alle Beteiligten zufriedenstellend zu klären. Deshalb sind viele Dinge zu beachten, wenn der medizinische Dienst kommt, um den richtigen Grad und den tatsächlichen Umfang der Pflegebedürftigkeit festzustellen.

Wie groß das Problem der Pflegebedürftigkeit ist, verdeutlichen einige Zahlen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Zahl der Pflegebedürftigen vom Jahr 2003 bis zum Dezember 2005 um 52000 auf 2,13 Millionen Menschen. Mit 82 Prozent war damals die deutliche Mehrheit der Pflegebedürftigen 65 Jahre und älter; ein Drittel war mindestens 85 Jahre alt. 68 Prozent der Betroffenen waren Frauen. Im Vergleich zur ersten Erhebung von 1999 verzeichneten die Statistiker sogar einen Anstieg der Pflegebedürftigen um 112000 Personen.

Mehr als zwei Drittel (68 Prozent oder 1,45 Millionen) der Pflegebedürftigen wurden im Dezember 2005 zu Hause versorgt. Die Mehrheit von Ihnen, 980000 Menschen, erhielt ausschließlich Pflegegeld. Das bedeutet, sie wurden in der Regel zu Hause allein von Angehörigen gepflegt, aber auch Nachbarn, ehrenamtliche Helfer oder hauptberufliche Pflegekräfte kümmern sich um sie. Diese Hunderttausende Pflegerinnen und Pfleger leisten Tag für Tag einen anerkennungswürdigen und häufig aufopferungsvollen Dienst für diejenigen, die sich selbst nicht helfen können.

Weitere 472000 Pflegebedürftige, die ebenfalls in Privathaushalten lebten, erhielten Pflege zum Teil oder vollständig von ambulanten Pflegediensten. 677000 (32 Prozent) wurden in Pflegeheimen betreut.

Im Vergleich zu den Vorjahren zeigt sich den Statistikern zufolge damit weiterhin eine Zunahme der Pflege in Heimen und durch ambulante Pflegedienste: So ist gegenüber 2003 die Zahl der in Einrichtungen betreuten Pflegebedürftigen um 5,7 Prozent und die der durch ambulante Dienste Versorgten um 4,8 Prozent gestiegen, während die Pflege durch Angehörige beziehungsweise die Zahl der reinen Pflegegeldempfänger um 0,6 Prozent abnahm.

Pflegereform 2008
Erstmals seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 hat die Politik nun Änderungen an der Pflege beschlossen. Unter anderem sollen sich die Leistungen für die Pflege zu Hause und für Demenzkranke verbessern. Um Jas Ganze zu finanzieren, werden ab dem 1. Juli 2008 die Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 und für Kinderlose auf 2,2 Prozent angehoben.

Damit die Lohnnebenkosten nicht steigen, wird im Gegenzug der Beitrag der Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte gesenkt. Im Reformkonzept ist vorgesehen, die Sätze für die ambulante Pflege bis 2012 schrittweise steigen zu lassen. Eine herausragende Neuerung: Altersverwirrte Menschen, die nicht pflegebedürftig sind, aber Betreuung brauchen, erhalten 2400 Euro Betreuungsgeld im Jahr, statt wie bisher 460 Euro. In jedem Stadtviertel sollen wohnortnahe Pflegestützpunkte eingerichtet werden. Hier stillen Pflegeversicherte, Angehörige und Betreuende Hilfe und Beratung erhalten. Ebenfalls sollen Pflegeberater Betroffene zielgerichtet unterstützen und die Versorgung überwachen.

Das Konzept sieht weiterhin vor, dass die Qualität der Pflege in Pflegeheimen verbessert und stärker kontrolliert wird. Wollen Arbeitnehmer ihre Angehörigen selbst pflegen, können sie sich bis zu sechs Monaten von der Arbeit freistellen lassen. In dieser Zeit sind sie sozialversichert, allerdings erhalten sie kein monatliches Auskommen. Sollte ein plötzlicher Pflegefall in der Familie eintreten, können zwei Wochen unbezahlte Auszeit genommen werden. Der Vorschlag von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, für diese kurze Freistellung Lohnersatz zu zahlen, scheiterte am Widerstand der Union.

Was bedeutet Pflegebedürftigkeit?
Der Rahmen der Pflegeversicherung ist geregelt im 11. Sozialgesetzbuch. Gemeint sind dort mit der Definition pflegebedürftig Menschen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung, in Bezug auf die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Dies trifft somit nicht nur auf alte, sondern auch über einen eingegrenzten Zeitraum auf kranke oder dauerhaft behinderte Menschen zu. Zeitliches tägliches Minimum der Pflege sind 90 Minuten, davon müssen mindestens 45 Minuten sogenannter Grundpflege enthalten sein. Krankheiten oder Behinderungen sind
• Verluste, Lähmungen oder anderer Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat,
• Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane,
• Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen.

Welche Pflegestufen gibt es?
Je nach Pflegebedürftigkeit werden drei Pflegestufen mit entsprechenden Leistungen unterschieden.

Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Hierzu gehören Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren dieser Bereiche mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) Hierzu gehören Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) Hierzu gehören Personen, die bei Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Zu der für Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) angesetzten Zeit wird auch der Zeitaufwand für pflegeunterstützende Maßnahmen hinzugerechnet. Sachleistungen werden gezahlt, wenn ein professioneller Pflegedienst die Pflege übernimmt. In Härtefällen werden in Pflegestufe III 1432 Euro Sachleistung zuerkannt. Geldleistungen erhalten Verwandte, Freunde oder Nachbarn, sofern sie die Pflege übernehmen. Sach- und Geldleistungen können auch in Kombination in Anspruch genommen werden.

Welche Bereiche umfasst die Pflege?
Die Bereiche, in denen Verrichtungen als Pflegetätigkeiten anerkannt werden, wenn damit der Pflegebedürftige unterstützt, beaufsichtigt oder angeleitet wird beziehungsweise die Verrichtung für den Pflegebedürftigen ganz der zum Teil übernommen wird, sind klar umrissen. Gewöhnliche oder regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen sind zum Beispiel:

Körperpflege Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung, Lagern und Betten, vorbeugende Maßnahmen zur Erhaltung von Ressourcen wie zum Beispiel Einreiben zur Erhaltung der gesunden Haut, Bewegungsübungen zur Erhaltung der vorhandenen Mobilität (Kontrakturenprophylaxe), Maßnahmen zum Verhindern einer Lungenentzündung (Pneumonie), Maßnahmen zum Verhindern von Druckgeschwüren (Dekubitus).

Ernährung Das mundgerechte Zubereiten und die Aufnahme der Nahrung.

Mobilität Das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.

Pflegeunterstützende Maßnahmen Pflegemaßnahmen, die direkt mit der Pflegebedürftigkeit in Zusammenhang stehen (zum Beispiel bei Mukoviszidose: Abklopfen von Sekret aus der Lunge).

Hauswirtschaftliche Versorgung Einkäufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung, das Beheizen der Wohnung.

Pflegebedarf bei Kindern
Be i Kindern ist für die Festlegung der Pflegestufe nicht der gesamte Pflegeaufwand maßgeblich, sondern der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind. Bei einem Säugling oder Kleinkind ist nicht der natürliche, altersbedingte Pflegeaufwand, sondern der darüber hinausgehende Hilfebedarf bei der Ernährung, der Körperpflege und – bei Kindern jenseits des Säuglingsalters – der Mobilität der Richtwert.

Apr 11, 2017gesundhe-admin
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