Leistungen für Hilfspersonen
Neben den Leistungen, die direkt der zu pflegenden Person zugutekommen, hat die Pflegeversicherung noch eine andere Aufgabe: Auch die Hilfspersonen werden bedacht. Grundlage hierfür ist die Überlegung, dass Hilfspersonen mit ihrer Bereitschaft zur Pflege Einschränkungen in der eigenen Lebensführung hinnehmen, um die Aufgabe erfüllen zu können. In erster Linie ist dabei an einen Ausgleich für den Fall gedacht, dass wegen der Pflegeleistungen die eigene Berufstätigkeit eingeschränkt oder aufgegeben werden muss. Übrigens erfolgen die diesbezüglichen Leistungen ohne Ansicht der Person, es ist also gleichgültig, ob es sich um Verwandte handelt oder um befreundete Personen oder einfach nur um Nachbarn, die aus prinzipiellen sozialen Erwägungen heraus helfen.
Im Kern soll eine soziale Absicherung geschaffen werden. Diese Absicherung ist auf die Zukunft abgestellt. Grob gesagt geschieht dies in der Form, dass die Rente nicht durch den oft jahrelangen Pflegeeinsatz geschmälert werden soll, falls man hierfür die Berufstätigkeit einschränkt oder gänzlich aufgibt. Dies wird umgesetzt, indem die Pflegeversicherung an die Rentenkasse Beiträge bezahlt, durch welche die spätere Höhe der Rente ungefähr dem Niveau entsprechen soll, das auch ohne Einschränkung der Berufstätigkeit durch die Pflege anderer Menschen erreicht worden wäre. Der Vergleich mit den rentenmäßig angerechneten Erziehungszeiten während der ersten drei Lebensjahre des Kindes ist nahe liegend. Wie bei allen Details der Pflegeversicherung wird diese soziale Absicherung jedoch nicht pauschal und nicht an alle gleichmäßig in gleicher Höhe gewährt, sondern ist an Bedingungen geknüpft.
Rentenversicherung
Gibt eine Pflegeperson ihre Erwerbstätigkeit bei Aufnahme der Pflegetätigkeit ganz oder teilweise auf oder kann sie wegen der Pflege eine Erwerbstätigkeit nicht aufnehmen, erfolgt die Alterssicherung der Pflegeperson durch die Pflegeversicherung. Die Pflegeversicherung übernimmt die Beitragszahlung für Pflegepersonen, die keine oder nur eine Erwerbstätigkeit mit nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich ausüben. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit und dem sich daraus ergebenden Umfang notwendiger Pflegetätigkeit.
Unfallversicherung
In der gesetzlichen Unfallversicherung werden die Pflegepersonen während der pflegerischen Tätigkeit in den Versicherungsschutz einbezogen.
Arbeitslosenversicherung
Gegenüber der Arbeitslosenversicherung haben Pflegepersonen, die nach Beendigung der häuslichen Pflege in das Erwerbsleben zurückkehren wollen, Anspruch auf Unterhaltsgeld nach § 46 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).
Anspruchsberechtigte und Leistungen
Für den Versicherten steht die eigentliche Leistung der Pflegeversicherung absolut im Vordergrund, nämlich das Pflegegeld oder die Kostenübernahme für die Dienste eines Pflegedienstes.
Nachfolgend die Personen, die keine Absicherung erhalten:
■ Mitarbeiter eines Pflegedienstes (diese Zahlen ja wie alle Arbeitnehmer mittels Gehalt und entsprechendem Beitragssatz in die Rentenversicherung ein);
■ Einzelpersonen, die mit der Pflegeversicherung einen Vertrag als Hilfsperson abgeschlossen haben, also von dieser Entgelt erhalten (funktioniert prinzipiell wie eine Tätigkeit auf Gewerbeschein);
■ Mitarbeiter der Pflegeversicherung.
Das Vorgenannte trifft in der Regel zu, wenn die Pflegeversicherung eine Sachleistung erbringt, mithin ein Pflegedienst oder eine professionelle Einzelperson die Hilfeleistungen erbringt. Generell kann man sagen, dass Hilfspersonen immer dann abgesichert sind, wenn die Pflegeversicherung ihre Leistung in Form der Geldleistung erbringt. Dann unterstellt der Gesetzgeber, dass die Hilfspersonen ehrenamtlich tätig werden. Dies gilt auch dann, wenn das Pflegegeld der Hilfsperson in voller Höhe zur Verfügung gestellt wird. Genau genommen besteht darin auch der Zweck des Pflegegeldes. Deshalb ist die „Bezahlung“ der Hilfsperson bis zur Höhe des Pflegegeldes kein Hinderungsgrund für die soziale Absicherung, höhere Vergütungen dagegen schon.
Die freundliche Überlassung des Sparbuchs wegen auftretender „Unkosten“ bei der Pflegetätigkeit stellt sehr wohl einen Grund dar, von einer weitergehenden Bezahlung zu sprechen, die Ehrenamtlichkeit also zu verneinen. Theoretisch bedeuten größere Zahlungen zwischen Versichertem und seiner Hilfsperson über dem Niveau des Pflegegeldes, dass die Zuzahlungen der Pflegeversicherung an die Rentenkasse unterbleiben. Praktisch werden solche großzügigen Vergütungen jedoch eher selten bekannt. Das Risiko besteht aber durchaus, dass möglicherweise zu Unrecht getätigte Beitragszahlungen auch nachträglich rückabgewickelt werden. Die Einschränkungen gehen jedoch auch innerhalb der Gruppe der ehrenamtlichen Helfer weiter. Wichtigster weiterer Hinderungsgrund ist das Erreichen des Rentenalters. Dies trifft sehr oft den pflegenden Ehe- oder Lebenspartner. Erhält eine Hilfsperson bereits Vollrente, hat also die Altersgrenze hierfür erreicht, werden keine Beiträge mehr geleistet, die einmal festgesetzte Höhe der Rente kann nicht mehr übertroffen werden.
Auch jüngere Personen erhalten keine soziale Absicherung in Form von Beiträgen zur Rentenversicherung, wenn sie in Vollzeit oder nahezu in Vorzeit berufstätig sind. Die Grenze liegt hier bei 30 Stunden pro Woche. 30 Stunden und mehr bedeutet: keine Beitragszahlungen seitens der Pflegeversicherung. Wer in geringerem Umfang erwerbstätig ist, dem entstehen zusätzlich zu den Ansprüchen, die aus der gewöhnlichen Erwerbstätigkeit entstehen, weitere Rentenansprüche aus der ehrenamtlichen Tätigkeit als Hilfsperson für einen Versicherten, der in eine Pflegestufe eingestuft wurde. Die Beiträge für die Hilfsperson sind also zwingend an die Zuerkennung einer Pflegestufe für den Versicherten, dem geholfen wird, gebunden.
Nachdem der Kreis der Berechtigten auf diese Weise verkleinert wurde (es handelt sich aber immer noch um etwa 700.000 Personen, ganz überwiegend Frauen, denen eine Aufstockung der Rente in aller Regel gut tut), befassen wir uns nun mit den weiteren Finessen. Der Kreis der Berechtigten erhält nämlich nicht gleichermaßen Leistungen in gleicher Höhe. Die Beiträge werden in zwei Ebenen gestaffelt, und zwar
■ erstens nach Pflegestufe. Je höher die Pflegestufe, desto höher die Beiträge zur Rentenversicherung;
■ zweitens nach zeitlichem Umfang der erbrachten Hilfeleistungen. Genau wegen der Bemessung der Beiträge fragt der Gutachter nach der Häufigkeit und Dauer der Hilfeleistungen, der so genannten „Pflegezeit“.
Dabei gibt es auch wieder wie bei den Pflegestufen drei Stufen (plus der Stufe null, bei der es nichts gibt), die aber nicht an die jeweiligen Pflegestufen gekoppelt sind. Da der Gutachter die Pflegezeit mit einer Zahl verschlüsselt, sieht das dann grundsätzlich so aus:
Pflegezeit 0: unter 14 Stunden wöchentlich. Für die Pflegeversicherung bedeutet das: geringfügiger Aufwand. Es werden also unterhalb von 14 Stunden wöchentlichem Aufwand keine Beiträge gezahlt.
Pflegezeit 1: 14 bis 21 Stunden wöchentlich.
Pflegezeit 2: 21 bis 28 Stunden wöchentlich.
Pflegezeit 3: mehr als 28 Stunden wöchentlich.
Jetzt gibt es zwei Dinge zu bedenken, die für die tatsächliche Rentenhöhe wichtig sind:
wie viele Personen in die Pflege einbezogen sind und wie viele Pflegeminuten vor allem im Haushalt tatsächlich anfallen.
Mehrere Pflegepersonen
Die Pflegezeit gilt nur als Ganzes und nur einmal. Teilen sich mehrere Personen die Pflege und Betreuung eines Versicherten, so können diese nicht zum Beispiel zweimal mehr als 28 Stunden Pflegezeit pro Woche für sich reklamieren. Der Zeitaufwand für die körperbezogene Pflege ist fast immer relativ gering, selbst bei Pflegestufe 3 selten höher als 30 Stunden pro Woche, und die hauswirtschaftlichen Verrichtungen lassen sich nicht ins Unendliche ausdehnen. Daher wird der Gutachter die Hilfspersonen fragen, wie sich die Pflegezeiten auf die verschiedenen Helfer verteilen.
Das Problem: Bei gleichmäßiger Aufteilung der Pflegezeit reduziert sich diese bei jedem einheitlich auf unter 14 Stunden. Im Endeffekt erhält dann also niemand die zusätzliche Absicherung in Form von Rentenbeiträgen! Diese Form praktizierter Gerechtigkeit kann Ihnen also zum Nachteil gereichen.
123Vesicherung rät: Sie sollten daher bereits im Vorfeld prüfen, wer von den verschiedenen Hilfspersonen die Hauptlast der Pflege trägt und ob derjenige eine kleine Aufstockung der Rente womöglich zufällig am besten gebrauchen kann. Bedenken Sie dabei: Rentner erhalten nichts, egal, wie viel Pflegezeit sie investieren!
Hauswirtschaftlicher Bereich
Gutachter und Pflegeversicherung stellen ganz einfache Rechnungen auf. Zuerst wird die Zeit der körperbezogenen Pflege herangezogen, also die Zeit, die für die Bemessung der Pflegestufe ausschlaggebend ist.
Beispiel: Es wurde Pflegestufe 1 mit 60 Minuten körperbezogener Pflege festgestellt, dazu hat der Gutachter routinemäßig die Mindestzeit für Hauswirtschaft eingetragen, mit der man die Pflegestufe 1 erreicht: 45 Minuten. Das rechnet man dann zusammen und erhält so die wöchentliche Pflegezeit. Das Beispiel ergibt 12,25 Stunden. Damit bliebe die Hilfsperson unter der magischen Grenze von 14 Stunden wöchentlich, was nichts anderes bedeutet, als dass sie trotz erheblichem Aufwand keine soziale Absicherung in Form von Rentenbeiträgen erhalten würde.
Wenn Sie die Brisanz erkennen, werden Sie wahrscheinlich Widerspruch einlegen. Da im Bereich der körperbezogenen Pflege üblicherweise um jede Minute zäh gerungen wird, ist es zu empfehlen, die zusätzlichen Stunden im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung zu suchen. Das geht wesentlich einfacher, zumal oft zeitaufwändige Routine-Tätigkeiten vergessen werden. Prüfen Sie doch einfach mal, wie lange Sie wirklich für das Vorbereiten, Kochen und Nachbereiten eines Mittagessens benötigen. Sie werden staunen.
Insgesamt gesehen ein äußerst wichtiger Punkt, nicht so sehr für den Versicherten, dafür umso mehr für die Hilfsperson. Nebenbei: Bedingt durch verschiedene Faktoren, zum Beispiel Inflation und diverse Rentenreformen, wirkt sich die zusätzliche Beitragszahlung seitens der Pflegeversicherung in den letzten zehn Jahren vor Eintritt des Rentenalters am stärksten aus.