Makler
Der selbstständige (Versicherungs-)Makler ist nach Farny der Prototyp des rechtlich und wirtschaftlich unabhängigen Versicherungsvermittlers und bildet damit ein unternehmensfremdes Absatzorgan. In gewisser Weise kann der Makler auch als Beschaffungsorgan des Versicherungsnehmers verstanden werden, da die Absatzinitiative in der betriebswirtschaftlichen Realität oftmals vom Versicherungsnehmer ausgeht, der dem Makler einen Maklerauftrag erteilt.
Gleichzeitig ist es dem Makler jedoch möglich, auch Verträge (Maklerverträge) mit einzelnen Versicherungsunternehmen abzuschließen, die ihn zu einem externen Dienstleister des Versicherungsunternehmens machen, zum Beispiel in Fragen der Schadenregulierung oder der Vertragsverwaltung. Die betriebswirtschaftliche Realität des Maklers im Versicherungswesen ist daher teilweise durch einen Grundkonflikt zwischen den Interessen des Versicherungsnehmers und des Versicherungsunternehmens geprägt, der Makler selbst positioniert sich dabei zumeist als Anwalt de$ Versicherungsnehmers.
Maklerauftrag und Maklervertrag
Die gut 7.000 in Deutschland tätigen Maklerunternehmen verteilen sich im Wesentlichen auf drei Standardausprägungen:
• Große, international tätige Maklerunternehmen (teilweise auch Niederlassungen ausländischer Großmakler). Viele dieser Makler wenden sich an große gewerbliche Kunden, es gibt jedoch auch große Maklerunternehmen mit Zielgruppen im Privatkundenbereich (Beispiele: AWD, MLP).
• Mittelständische Maklerunternehmen mit regionaler Geschäftstätigkeit und breiter Produktpalette.
• Kleine Spezialmakler mit ebenfalls regionalem Fokus und eingeschränkter Produktpalette (zum Beispiel Beschränkung auf eine Versicherungssparte).
Einzelne Maklerunternehmen bieten auch versicherungsfremde Finanzdienstleistungsprodukte an, denkbar sind zum Beispiel Investmentprodukte zur Alters Vorsorge. Rechtlich ist der Versicherungsmakler mit dem klassischen Handelsmakler in §§93 ff. HGB verwandt, die dortigen Vorgaben sind in der Versicherungspraxis jedoch teilweise veraltet. So ist der Makler schon aus Praktikabilitätsgründen nicht ständig, sondern immer nur fallweise für mehrere Versicherungsunternehmen tätig.
Die Maklervergütung erfolgt über Courtagezahlungen des Versicherungsunternehmens, für den Versicherungsnehmer ist die Beratung im Allgemeinen kostenfrei. Diese Courtagezahlungen bilden das Äquivalent zu den Provisionszahlungen an Ausschließlichkeitsvertreter und werden ähnlich wie diese bemessen. In der jüngeren Vergangenheit haben sich auch selbstständige Versicherungsberater auf dem Markt etabliert, die gegen eine Gebühr eine unabhängige Beratung anbieten und auf Courtageleistungen der Versicherungsunternehmen verzichten. Häufig sind diese Berater auch als Finanzberater bekannt, da sie auch in Nichtversicherungsfragen Beratung anbieten, etwa in Fragen der Fondsanlage.
Organisiert ein Versicherungsunternehmen seinen Vertrieb primär über Makler, hat dies weitreichende Auswirkungen auf die Produktpalette und die Kommunikationspolitik dieses Unternehmens. Der Makler avanciert aus der Sicht des Versicherungsunternehmens zum eigentlichen Kunden; speziell Produktmanagement, Vertriebsunterstützung und Werbung müssen sich hierauf einstellen. In vielen Versicherungsunternehmen mit Maklerfokus ist zu diesem Zweck die Stelle eines Maklerbeauftragten im Außendienst geschaffen worden (auch Maklerbetreuer), der die Makler in einem Gebiet betreut und für den Absatz über diese Makler aus Sicht des Versicherungsunternehmens verantwortlich zeichnet (vergleichbar den Orgaleitern bei Ausschließlichkeitsvertretern). Diesen Weg sind insbesondere die deutschen Niederlassungen einiger ausländischer Versicherungsgesellschaften gegangen, die auf ein eigenes Vertriebsnetz aus Kostengründen verzichten und stattdessen auf den Maklervertrieb setzen.
Mehrfachagenten
Mehrfachagenten (auch Mehrfirmenvertreter oder Mehrfachvertreter) sind im Grunde Ausschließlichkeitsvertreter, die parallel vertragliche Beziehungen zu mehreren Versicherungsunternehmen unterhalten und für diese Unternehmen Vertriebsaufgaben wahrnehmen. Sie stehen damit in gewisser Weise zwischen dem Ausschließlichkeitsvertreter und dem Makler, da sie nur die Produkte einiger Versicherer anbieten und keinen Makleranspruch erheben. Ihre Vergütung entspricht der eines Ausschließlichkeitsvertreters.
Der Mehrfachagent kommt in zwei Ausprägungen vor. Entweder vertritt der Mehrfachagent für jedes von ihm angebotene Produkt ein anderes Versicherungsunternehmen und agiert in diesem Sinne als Ausschließlichkeitsvertreter. Die von ihm angebotenen Produkte stehen folglich nicht in direkter Konkurrenz zueinander und werden parallel vertrieben.
Alternativ kann der Mehrfachagent auch eine Spezialisierung auf einen Versicherungszweig oder eine Versicherungssparte aufweisen und hier parallel die Produkte verschiedener Versicherer anbieten. In diesem Fall verliert er jeden Ausschließlichkeitsstatus, da die angebotenen Produkte zueinander in Konkurrenz stehen. Diese Form des Mehrfachagenten findet sich vor allem im gewerblichen Bereich, wo der Mehrfachagent ein zu versicherndes Großrisiko auf mehrere Versicherer verteilt (Prinzip der Mitversicherung).
Beispiel:
Ein Unternehmen der Chemieindustrie möchte eine neue Produktionsanlage errichten und benötigt hierfür Versicherungsschutz. Da der Gesamtschaden etwa bei einem Feuer für einen einzelnen Versicherer zu groß wäre, wendet sich das Unternehmen an einen Mehrfachagenten. Er vermittelt dem Unternehmen Verträge mit mehreren gewerblichen Versicherern, die alle jeweils nur einen Teil des Risikos übernehmen, insgesamt kann so Versicherungsschutz in der gewünschten Höhe dargestellt werden.
Im Privatkundengeschäft ist der Mehrfachagent eher unbekannt, da hier einerseits Großrisiken mit Aufteilungsbedarf wie im gewerblichen Bereich fehlen, andererseits viele Versicherungskonzerne im Privatkundengeschäft Ausschließlichkeitsvertreter mit einer vertraglichen Bindung an alle vom Konzern angebotenen Spartentöchter bevorzugen.
Bancassurance
Bancassurance (teilweise auch Bankassurance oder Assurfinance) ist ein Oberbegriff für alle Formen des Vertriebs von Versicherungsprodukten in einem bankwirtschaftlichen Umfeld. Eine partnerschaftlich mit einem Versicherer verbundene Bank fungiert als Absatzorgan des Versicherers, häufig sind Bank und Versicherer dabei in einen Allfinanzkonzern eingebunden. In einigen Teilen der Literatur beschreibt Bancassurance auch grundsätzlich jedwede Form der Zusammenarbeit von Bankinstituten und Versicherungsunternehmen im Rahmen von Allfinanzstrategien. In theoretischen Bancassurance-Ansätzen werden Banken und Versicherungen in der Literatur auch allgemein als abstrakte Finanzintermediäre betrachtet und vergleichend analysiert, siehe etwa Kaiser.
Hintergrund der Bancassurance ist, dass Banken aufgrund des Verbotes versicherungsfremder Geschäfte selbst keine Versicherungsgeschäfte betreiben dürfen, eine enge Verflechtung von Bank- und Versicherungsprodukten aber aus Vertriebssicht durchaus wünschenswert ist. Bancassurance kann somit als Teil einer umfassenden Allfinanzstrategie der Banken interpretiert werden, die in der Praxis meist auch Kooperationen mit Bausparkassen und Kapitalanlagegesellschaften einschließt.
Beispiel: Die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken kooperieren bundesweit mit der R+V Versicherungsgruppe, die ebenfalls genossenschaftliche Wurzeln aufweist. Ergänzt wird diese Kooperation durch eine Zusammenarbeit mit der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG sowie der Kapitalanlagegesellschaft Union Investment. Zusammen definieren diese vier Finanzdienstleistungskonzerne bzw. -unternehmen den genossenschaftlichen Allfinanzverbund.
Aus Sicht des Versicherungsunternehmens lohnt sich eine Vertriebskooperation mit einer Bank vor allem dann, wenn diese Bank über ein dichtes Filialnetz verfügt und somit dem Versicherer zusätzliche Kundennähe in der Fläche des Landes verschafft. Direktbanken ohne Filialnetz oder Spezialbanken wie etwa Exportbanken mjt Schwerpunkt auf der Finanzierung langfristiger Auslandsinvestitionen kommen hierfür eher nicht infrage.
Daneben ist zu bedenken, dass Banken in der Wahrnehmung ihrer Kunden primär der Geldanlage und Finanzierung dienen, weniger der Schadenvorsorge. Vertriebskooperationen mit Banken konzentrieren sich denn auch meist auf den Bereich der Personenversicherung und hier speziell auf die Altersvorsorge (kapitalbildende Lebensversicherungen und Rentenversicherungen). Meist beschränkt sich der Bankvertrieb von Versicherungsprodukten meist auf das Privatkundengeschäft.
In der Praxis fällt dem Bankmitarbeiter in vielen Fällen nicht die eigentliche Versicherungsberatung, sondern die Kontaktaufnahme zu potenziellen Versicherungskunden zu. Die Beratung findet zwar in einer Bankfiliale statt, wird aber durch Vertreter oder Mitarbeiter des Versicherungsunternehmens vorgenommen (Bankberater, Bankbetreuer etc.). In größeren Bankfilialen kann sich auch eine Geschäftsstelle eines kooperierenden Versicherers finden, die von einem Ausschließlichkeitsvertreter oder fest angestellten Mitarbeiter des Versicherungsunternehmens geführt wird. Speziell in diesem Fall ist es von großer Bedeutung, dass Bank und Versicherungsunternehmen eine einheitliche Kommunikationspolitik sicherstellen, zum Beispiel durch Entwicklung einer gemeinsamen Corporate Identity.
Für den Versicherer bringt eine Bankenkooperation mehrere Vorteile. Neben der schon erwähnten größeren optischen Präsenz des Unternehmens in der Öffentlichkeit gehören hierzu vor allem Kostensynergien durch die gemeinsame Nutzung von Produktionsfaktoren sowie die gegenseitige Erschließung von Kundenpotenzialen, die den eigentlichen Kern des Allfinanzgedankens bildet.