Die staatliche Politik zur Sicherung des Wettbewerbs soll die Allgemeinheit vor den Nachteilen der Unternehmenszusammenschlüsse bewahren und einen marktwirtschaftlichen Wettbewerb gewährleisten. In vielen Ländern sind deshalb Gesetze gegen Wettbewerbsbeschränkungen erlassen worden. Die Europäische Union (EU) verbietet allen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen ihrer Mitgliedsstaaten, Vereinbarungen zu treffen, durch die der Wettbewerb innerhalb des gemeinsamen Marktes beeinträchtigt, verhindert, eingeschränkt oder verfälscht wird. Auch die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist nicht erlaubt. Das europäische und das deutsche Kartellrecht gelten grundsätzlich nebeneinander. Bei unklaren Verhältnissen gilt aber das Gemeinschaftsrecht vor dem nationalen Recht. Das Ziel beider Rechtsvorschriften ist der Schutz des Wettbewerbs auf dem europäischen bzw. auf dem deutschen Markt, um Marktabsprachen, Machtmissbrauch und Machtkonzentration zu verhindern.
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Maßnahmen der nationalen Wettbewerbspolitik
► Kartellrecht
✓ Ausnahmslos verbotene Kartelle
Vor allem Quotenkartelle (z.B. Absatzmenge aufteilen), Kundenkartelle (z.B. Kunden aufteilen), Gebietskartelle (z.B. Absatzgebiete aufteilen) sind absolut verboten. Hinzu kommen die sog. Hardcore-Kartelle. Hier erfolgen Absprachen zwischen Unternehmen über die Festsetzung von Preisen oder Absatzquoten sowie über die Aufteilung von Märkten. Sie stellen schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen dar und sind in hohem Maße sozialschädlich. Deshalb werden diese Hardcore-Kartelle besonders stark von den Kartellbehörden verfolgt.
✓ Freigestellte Vereinbarungen
Freistellungen vom Kartellverbot gelten für
• Vereinbarungen zwischen Unternehmen,
• Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder
• Aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, wenn sie den Verbraucher an dem entstehenden Gewinn beteiligen und gleichzeitig
• Die Warenerzeugung oder -Verteilung verbessern oder
• Den technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt fördern.
Dabei dürfen den beteiligten Unternehmen
• Keine Beschränkungen auferlegt werden, die die Verwirklichung dieser Ziele erschweren oder
• Keine Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.
Darüber hinaus sind auch Kooperationen zwischen Unternehmen vom Kartellverbot freigestellt. Der Grund dafür ist, dass manche Unternehmen erst durch eine Kooperation mit anderen Unternehmen in die Lage versetzt werden, in einen Markt einzutreten, am dortigen Wettbewerb teilzunehmen bzw. ihn zu bestehen.
Beispiele:
*Einkaufs- und Vertriebskooperationen, Spezialisierungskartelle, Forschungskooperationen.
✓ Mittelstandskartelle
Wirtschaftliche Zusammenarbeit, die zu Rationalisierungsmaßnahmen führt, ist möglich, wenn der Wettbewerb nicht wesentlich beeinträchtigt wird und die Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen dazu dient, dass die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen verbessert wird (sog. Mittelstandskartelle).
✓ Gruppenfreistellungsverordnung für Versicherungsunternehmen
Das generelle Kartellverbot gilt grundsätzlich auch für Versicherungsunternehmen. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie das europäische Kartellrecht tragen den besonderen Kooperationsformen durch eine Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für Versicherer Rechnung. Danach sind unter bestimmten strengen Voraussetzungen Vereinbarungen und Beschlüsse der Versichererverbände und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen freigestellt.
Beispiele:
*Gemeinsame Erarbeitung von Risikoprämientarifen auf der Grundlage gegenseitig abgestimmter Schadenstatistiken.
*Erstellung von Mustern für Allgemeine Versicherungsbedingungen.
*Gemeinsame Deckung bestimmter Risikoarten durch Mit- und Rückversicherungsgemeinschaften.
*Gemeinsame Aufstellung von Regeln für die Prüfung und Anerkennung von Versicherungsschadensfällen.
► Kontrolle marktbeherrschender Unternehmen
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen enthält neben dem Kartellrecht auch Regelungen zur Kontrolle marktbeherrschender Unternehmen.
Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es
• Ohne Wettbewerb ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder
• Eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.
Merkmale hierfür sind der Marktanteil, die Finanzkraft, der Zugang zu Beschaffungs- oder Absatzmärkten, die Verflechtung mit anderen Unternehmen und rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen. Marktbeherrschung wird vermutet, wenn z. B. ein einzelnes Unternehmen für eine bestimmte Art von Waren oder Dienstleistungen einen Marktanteil von mindestens 33 1/3% hat, zwei bis drei Unternehmen mindestens 50% Marktanteil besitzen oder zwei bis fünf Unternehmen mindestens einen Marktanteil von 66 2/3% erreichen.
✓ Zusammenschlusskontrolle (Fusionskontrolle)
Schließen sich Unternehmen zu Konzernen und Vereinigten Unternehmen (Trusts) zusammen, muss dies dem Bundeskartellamt vorher gemeldet werden. Den eigentlichen Zusammenschluss müssen die beteiligten Unternehmen unverzüglich anzeigen. Diese Bestimmungen gelten, wenn im
letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als einer halben Milliarde Euro und mindestens ein beteiligtes Unternehmen im Inland Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen Euro erzielt haben. Die Kartellbehörden können von den Unternehmen Auskunft und Aufklärung über Marktanteile sowie über Umsatzerlöse verlangen und sie überwachen. Besteht die Gefahr, dass durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, so kann die Kartellbehörde einen Zusammenschluss untersagen, sobald ihr das Vorhaben des Zusammenschlusses bekannt geworden ist.
Eine bereits vollzogene Fusion kann unter bestimmten Voraussetzungen aufgelöst (entflochten) werden (Fusionsverbot). Zur Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration ist eine Monopolkommission aus Fachleuten der Wirtschaft und Wissenschaft gebildet worden. Ausnahmsweise kann ein solcher Zusammenschluss jedoch genehmigt werden, wenn von den beteiligen Unternehmen nachgewiesen wird, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Darüber hinaus kann das zuständige Bundesministerium auf Antrag die Erlaubnis zu dem Zusammenschluss erteilen, wenn dieser von gesamtwirtschaftlichem Vorteil ist oder durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt wird (Ministererlaubnis).
✓ Missbrauchsaufsicht
Der Missbrauchsaufsicht unterliegen
• Alle marktbeherrschenden Unternehmen, soweit die Marktbeherrschung nicht durch Fusionsverbot verhindert werden kann,
• Alle Formen der Kooperation, die nicht dem Verbotsprinzip unterliegen, z. B. anmelde- und genehmigungspflichtige Kartelle.
Nutzen sie ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich aus, so kann die Kartell-behörde dieses Verhalten untersagen und Verträge für unwirksam erklären. Gegen Verfügungen der Kartellbehörde kann Beschwerde beim Kammergericht am Oberlandesgericht in Düsseldorf geführt werden. Gegen Entscheidungen des Kammergerichts können Rechtsbeschwerden an den Kartellsenat des Bundesgerichtshofs gerichtet werden.
► Geldbußen
Bei Nichtbeachtung der Vorschriften des Gesetzes, bei unrichtiger und ungenügender Auskunftserteilung und bei Aufsichtspflichtverletzung können Geldbußen auferlegt werden. Die Geldbuße kann bis zu einer Million Euro betragen. In bestimmten Fällen kann die Geldbuße bis zu 10% des erzielten Gesamtzumsatzes im vorausgegangenen Geschäftsjahr betragen.
EU-Wettbewerbspolitik
Grundsätzlich sind das deutsche und das europäische Kartellrecht verwandt. Beide enthalten ein Kartellverbot mit Ausnahmen bzw. Freistellungsmöglichkeiten, eine Missbrauchsaufsicht und eine Fusionskontrolle. Sie treten in Kraft, wenn eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Beide Rechtssysteme unterscheiden sich jedoch in ihren Institutionen: Während in Deutschland das Kartellrecht auf Bundesebene durch eine selbstständige Behörde angewendet wird, entscheidet nach EG- Recht die EU-Kommission in Brüssel. Sie ist als ein politisches Organ auch für andere wirtschaftliche und politische Entscheidungen zuständig. Die Europäische Kommission ist für alle Wettbewerbsbeschränkungen zuständig, die den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen. Die nationalen Kartellbehörden können ebenfalls die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages anwenden, solange die Europäische Kommission kein eigenes Verfahren eingeleitet hat.
Verhinderung unlauteren Wettbewerbs
□ Unlauterer Wettbewerb
Vor allem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) soll verhindern, dass ein Anbieter sich durch unlautere Maßnahmen einen Vorteil vor seinen Mitbewerbern erkämpft. Nur der Preis und die Qualität der angebotenen Güter und Dienstleistungen sollen Wertmaßstab sein. Wettbewerbshandlungen sind unlauter und damit unzulässig, wenn sie geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Unlauter handelt insbesondere, wer
• Die Entscheidungsfreiheit der Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck oder in menschenverachtender Weise beeinträchtigt,
• Die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutzt,
• Bei Verkaufsförderungsmaßnahmen, Zugaben, Geschenken, Preisausschreiben und Gewinnspielen die Bedingungen nicht klar und eindeutig angibt,
• Die Waren, Dienstleistungen, die persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt,
• Über Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers Tatsachen behauptet, die den Betrieb oder den Ruf des Unternehmens schädigen können, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind,
• Waren oder Dienstleistungen der Mitbewerber nachahmt, um deren Wertschätzung auszunutzen,
• Mitbewerber gezielt behindert,
• Irreführende Werbung betreibt; hierzu gehören irreführende Angaben über Merkmale, Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Herkunft der Waren oder Dienstleistung, über den Anlass des Verkaufs, die Berechnung der Preise, Lieferungsbedingungen, Eigenschaften und Rechte des Werbenden,
• Vergleichende Werbung betreibt, wenn der Vergleich
*sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Zweckbezieht,
*nicht objektiv auf wesentliche Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung oder deren Preis bezogen ist,
*die Ware oder Dienstleistung des Mitbewerbers herabsetzt.
✓ Andere Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt. Dies geschieht dann, wenn
*Der Umworbene offensichtlich die Werbung nicht wünscht,
*Verbraucher mit Telefonanrufen, Fax und E-Mails ohne deren Einwilligung beworben werden.
► Rechtsfolgen
Gegen unlautere Wettbewerbsmaßnahmen kann vor dem Landgericht des Werbenden geklagt werden. Das Gesetz sieht vor:
• Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung
Er kann bei jedem wettbewerblich unzulässigen Verhalten geltend gemacht werden. Klageberechtigt sind nicht nur der unmittelbar Betroffene, sondern meist auch alle Gewerbetreibenden desselben Geschäftszweiges sowie Interessenverbände (Industrie und Handelskammern, Handwerkskammern).
• Anspruch auf Schadenersatz
Mitbewerber können Ersatz des entstehenden Schadens verlangen.
• Gewinnabschöpfung
Bei vorsätzlichem unlauterem Wettbewerb kann die Herausgabe des dadurch erzielten Gewinnes an den Bundeshaushalt verlangt werden.
• Abmahnung
Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den unlauter Werbenden abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung, die mit einer angemessenen Vertragsstrafe verbunden ist, beizulegen. Bei berechtigter Abmahnung kann der Ersatz der erforderlichen Abmahnkosten verlangt
werden.
• Geld- und Freiheitsstrafen sind für strafbare Werbung vorgesehen. Strafbar ist unlauterer Wettbewerb, wenn
*Der Werbende durch irreführende Angaben wirbt,
*Ein Mitarbeiter im Rahmen des Dienstvertrages Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu Zwecken des Wettbewerbs aus Eigennutz oder in Schädigungsabsicht verrät,
*Sich der Werbende Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unbefugt verschafft, sichert oder verwertet z. B. durch Bestechung,
*Die anvertrauten Unterlagen, Zeichnungen, Rezepte usw. unbefugt verwertet oder weitergegeben werden, z. B. in Form von Markenpiraterie,
*Der Werbende andere aus Wettbewerbszwecken zu einer Straftat anstiftet.
Einigungsstellen werden von den Landesregierungen bei den Industrie- und Handelskammern errichtet, um Wettbewerbsstreitigkeiten ohne hohe Prozesskosten durch gütlichen Vergleich beizulegen.