Bei einem unter die Fahrzeugversicherung fallenden Schaden hat der VN vor Beginn der Verwertung oder Wiederinstandsetzung des Fahrzeugs die Weisung des Versicherers einzuholen, soweit ihm dies billigerweise zugemutet werden kann.
Entwendungs- und Brandschäden sowie Wildschäden, die den Betrag von 250,00 € übersteigen, sind der Polizeibehörde unverzüglich anzuzeigen. Die AKB mancher VR sehen die Anzeige jedes Entwendungs- und Wildschadens bei der Polizei ohne Rücksicht auf die Schadenhöhe vor. Teilweise wird auch verlangt, dass Wildschäden dem zuständigen Jagdausübungsberechtigten (Forstamt) zu melden sind.
Selbstbeteiligung
In der Fahrzeugversicherung kann eine Selbstbeteiligung pro Schadensfall vereinbart werden, die je nach gewählter Höhe zu einer entsprechenden Beitragsersparnis führt.
Der Tarif für PKW in Eigenverwendung im Bedingungswerk 1 Proximus Versicherung kennt folgende Varianten:
– Vollkasko mit wahlweiser Selbstbeteiligung von 150 €, 300 €, 500 €, 1000 €
einschließlich Teilkasko ohne Selbstbeteiligung
– Vollkasko mit wahlweiser Selbstbeteiligung von 150 €, 300 €, 500 €, 1000 €
einschließlich Teilkasko mit 150 € Selbstbeteiligung
– Vollkasko und Teilkasko mit wahlweise jeweils 500 €, 1000 €, 2500 €, 5000 €
Selbstbeteiligung.
Bei einer Beitragserhöhung infolge Erhöhung des Tarifbeitrages kann der VN in der Fahrzeugversicherung verlangen, dass der Versicherungsvertrag zukünftig mit einer Selbstbeteiligung bzw. erhöhter Selbstbeteiligung fortgeführt wird, wodurch er die Beitragserhöhung ganz bzw. teilweise auffangen kann. Im Schadensfall ist hinsichtlich der Selbstbeteiligung zu differenzieren, ob es sich um einen ersatzpflichtigen Schaden aus der Teil- oder Vollversicherung handelt.
Beispiel:
Der VN hat eine Fahrzeugvollversicherung mit 500,00 € Selbstbeteiligung vereinbart. Für die Teilversicherung im Rahmen der Vollversicherung gilt der Selbstbehalt von 150,00 €. Beruht der Schaden auf einer versicherten Gefahr der Teilversicherung, ersetzt der VR den über 150,00 € Selbstbeteiligung hinausgehenden Schaden, ansonsten den über 500,00 € Selbstbeteiligung hinausgehenden Schaden.
Beispiel:
Die Reparaturkosten für ein beschädigtes Fahrzeug belaufen sich auf 2500,00 €. Beruht die Beschädigung z. B. auf einer unmittelbaren Sturmeinwirkung (versicherte Gefahr in der Teilkaskoversicherung), ersetzt der VR 2350,00 € (2500,00 € abzüglich 150,00 € bedingungsgemäß vorgesehene Selbstbeteiligung). Liegt z. B. mutwillige Beschädigung vor (versicherte Gefahr in der Vollkaskoversicherung), ersetzt der VR 2000,00 € (2500,00 € abzüglich 500,00 € vereinbarte Selbstbeteiligung).
Leistung bei Zerstörung oder Verlust des Fahrzeuges
– Wiederbeschaffungswert und Leistungsobergrenze
Bei Zerstörung oder Verlust gewährt der VR als Höchstentschädigung den Wiederbeschaffungswert.
► Wiederbeschaffungswert ist der Kaufpreis, den der VN auf wenden muss, um ein
gleichwertiges gebrauchtes Fahrzeug oder gleichwertige Teile zu erwerben.
Leistungsobergrenze ist in jedem Falle der vom Hersteller unverbindlich empfohlene Preis am Tage des Schadens.
– Neupreisentschädigung nach den AKB im Bedingungswerk 1 Proximus Versicherung
Bei Pkw im Sinne von TB Nr. 7 (das sind die als Pkw oder Kombinationskraftwagen zugelassenen Kraftfahrzeuge, mit Ausnahme von Mietwagen, Taxen und Selbstfahrervermietfahrzeugen) erstattet der VR den Neupreis des Fahrzeuges, wenn
• der Schaden in den ersten 6 Monaten nach Erstzulassung des Fahrzeuges
eingetreten ist,
• sich das Fahrzeug bei Eintritt des Versicherungsfalles im Eigentum dessen befindet,
der es als Neufahrzeug unmittelbar vom Kfz-Händler oder -hersteiler erworben hat
und
• die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung 80 % des Neupreises erreichen
oder übersteigen.
Die über den Wiederbeschaffungswert hinausgehende Entschädigungsleistung wird nur erbracht, wenn die Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung innerhalb eines Jahres sichergestellt ist.
– Rest- und Altteile, Mehrwertsteuer, Selbstbeteiligung
Rest- und Altteile verbleiben dem VN. Sie werden zum Veräußerungswert auf die Ersatzleistung angerechnet. Eine vereinbarte Selbstbeteiligung in der Teil- oder Vollversicherung wird von der ermittelten Entschädigung abgezogen.
Beispiel:
Bei Schneeglätte verliert Herr Winter auf einer abschüssigen Straße die Kontrolle über sein Fahrzeug und fährt den Abhang hinunter. Der Wagen bleibt mit Totalschaden liegen. Lt. Gutachten beträgt der Wiederbeschaffungswert 12 500,00 € einschließlich Mehrwertsteuer. Die noch verwertbaren Rest- und Altteile werden mit 2 000,00 € beziffert. Herr Winter hat eine Vollkaskoversicherung mit 1 000,00 € Selbstbeteiligung. Es ergibt sich folgende Entschädigungsberechnung, wenn Herr Winter das Fahrzeug wiederbeschafft:
Wiederbeschaffungswert 12 500,00 €
abzüglich Wert der Rest- und Altteile 2 000,00 €
abzüglich Selbstbeteiligung 1000,00 €
Ersatzleistung 9500,00 €
Wird auf Gutachtenbasis abgerechnet, das Fahrzeug also nicht wiederbeschafft, ersetzt der VR die im Wiederbeschaffungswert enthaltene Mehrwertsteuer nicht.
– Besonderheiten bei der Diebstahlentschädigung
Bei einem Entwendungsschaden muss der VN entwendete Gegenstände (Fahrzeug bzw. Fahrzeugteile) wieder zurücknehmen, wenn sie innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadenanzeige aufgefunden werden. Danach gehen sie in das Eigentum des Versicherers über.
Der VR ersetzt:
• Kosten einer Eisenbahnfahrkarte 2. Klasse zum Fundort für Hin- und Rückfahrt bis
zu 1500 Eisenbahnkilometern, wenn das Fahrzeug in mehr als 50 Kilometer
Entfernung (in Luftlinie) von seinem Standort (Ortsmitte) aufgefunden wird;
• Schäden am Fahrzeug im Rahmen der Ersatzleistung für beschädigte Fahrzeuge.
Manche VR haben die Erstattung der Kosten einer Eisenbahnfahrkarte zum Fundort aus ihren AKB gestrichen.
Im Falle der Entwendung wird die Entschädigung nicht vor Ablauf der Frist von einem Monat, ansonsten innerhalb zweier Wochen nach ihrer Feststellung gezahlt.
Im Totalschadensfall (Wagniswegfall) gebührt dem VR nur der auf die Zeit des Versicherungsschutzes entfallende anteilige Beitrag. Hat das Versicherungsverhältnis weniger als ein Jahr bestanden, wird nach Kurztarif abgerechnet, es sei denn, innerhalb eines Jahres kommt ein neuer Vertrag zustande. Für diesen Fall erfolgt eine p. r. t.-Abrechnung. § 39 (1) S. 1 WG sieht vor, dass dem VR nur derjenige Teil der Prämie zusteht, der dem Zeitraum des gewählten Versicherungsschutzes entspricht. Eine Änderung der AKB in diesem Punkte darf erwartet werden.
Besonderheit: GAP-Versicherung bei Leasingfahrzeugen
Nach den AKB ersetzt der VR, wie aufgezeigt, bei Totalschaden oder Diebstahl eines PKW den Wiederbeschaffungswert als oberste Leistungsgrenze. Für Halter von Leasingfahrzeugen kann sich eine Lücke (engl, gap) bei dieser Deckung ergeben, da nach dem Leasingvertrag in den genannten Fällen der Leasingrestbetrag fällig ist. Dieser ist in den ersten 2 Jahren regelmäßig höher als der Wiederbeschaffungswert, da Fahrzeuge besonders in der ersten beiden Jahren an Wert verlieren.
Der Leasingrestbetrag ist die Summe aus ausstehenden abgezinsten Leasingraten, anteiliger Restrate, abgezinstem Leasingrestwert und noch nicht verbrauchter Mietvorauszahlung. Für die Berechnung werden marktübliche Zinsen zugrunde gelegt.
Beispiel:
Anschaffungswert des Fahrzeuges – 35 000,00€
Laufzeit des Leasingvertrages – 36 Monate
Restwert – 15000,00€
monatliche Rate – 739,90€
Vereinbarte Selbstbeteiligung im Rahmen
der Fahrzeugversicherung – 500,00€
Totalschaden im Laufe des 14. Monats Ausstehende Raten abgezinst | 15455,02 € |
+ abgezinster Restwert | 13441,20€ |
= Leasing-Restbetrag | 28 896,22 € |
– Verlauserlös des Fahrzeugs lt. Gutachten | 3 000,00 € |
– Wiederbeschaffungswert als Leistungsobergrenze | 19 250,00 € |
– vereinbarte Selbstbeteiligung bei der Fahrzeugversicherung | 500,00 € |
= Lücke (GAP) in der Deckung | 6146,22 € |
Diese Lücke kann durch Vereinbarung einer GAP-Versicherung geschlossen werden.
Leistung bei Beschädigung des Fahrzeuges
Bei Beschädigung des Fahrzeuges ersetzt der VR die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung, wobei Rest und Altteile zum Veräußerungswert auf die Ersatzleistung angerechnet werden. Bis zum Nachweis der vollständigen Reparatur in einer Fachwerkstatt beschränkt sich die Höchstentschädigung auf die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert. Zu den erforderlichen Kosten einer Wiederherstellung gehören auch die hierfür notwendigen Fracht- und sonstigen Transportkosten. Die Mehrwertsteuer wird nur bei Vorlage einer Rechnung als Nachweis ihres Entstehens übernommen. Veränderungen, Verbesserungen, Verschleißreparaturen, Minderung an Wert, Kosten eines Ersatzwagens oder Nutzungsausfall und weitere bestimmte Kosten (z. B. Überführungs- und Zulassungskosten) ersetzt der VR nicht.
Beispiel:
Herr Dengler hatte einen selbst verschuldeten Unfall und bittet um Schadenersatz aus seiner Vollkaskoversicherung mit 1000,00 € Selbstbeteiligung. Der vom VR beauftragte Sachverständige stellt fest:
Wiederbeschaffungswert eines gleichwertigen Gebrauchtfahrzeuges
ohne MwSt 9700,00 €
Mehrwertsteueranteil auf Händlerspanne (geschätzt) 700,00€
Wiederbeschaffungswert einschl. MwSt-Anteil 9700,00€
Restwert 4 000,00 €
Reparaturkosten (einschl. MwSt) 8330,00€
Mehrwertsteueranteil 1330,00 €
Da die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, lohnt die Reparatur.
Im Falle der Reparatur durch eine Fachwerkstatt werden entschädigt:
Reparaturkosten 8330,00 €
abzüglich Selbstbeteiligung 1000,00 €
Ersatzleistung 7 330,00 €
Bis zum Nachweis der Reparatur würde nur entschädigt:
Wiederbeschaffungswert ohne MwSt 9000,00 €
abzüglich Restwert 4 000,00 €
abzüglich Selbstbeteiligung 1000,00 €
Ersatzleistung 4 000,00 €
Von den Kosten der Ersatzteile und Lackierung wird (nach Proximus-Bedingungen),
•bei Pkw im Sinne der TB Nr. 7 kein Abzug,
•bei allen übrigen Fahrzeugen ab dem vierten Jahr
ein dem Alter und der Abnutzung entsprechender Abzug gemacht (neu für alt).
Hinweis: Entschädigungsberechnungen in der Fahrzeugversicherung
Die Entschädigungsberechnung zur Fahrzeugversicherung und ihre Besonderheiten sind in nächsten Artikel
Nicht ersatzpflichtige Schäden
Nicht ersetzt werden Wertminderungen, Nutzungsausfall, Kosten eines Ersatzwagens, Überführungs- und Zulassungskosten, Veränderungen, Verbesserungen, Verschleißreparaturen.
Die Fahrzeugversicherung deckt auch solche Schäden nicht, die durch Vorsatz herbeigeführt worden sind. Beruht der Versicherungsfall auf einem grob fahrlässigem Verhalten, ist der VR berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen (Quotelung).
Beispiel:
(1) Der VN nähert sich einer Ampel, die bereits Gelb zeigt. Obwohl er sein Fahrzeug noch problemlos abbremsen und zum Stillstand bringen könnte, entschließt er sich, den Kreuzungsbereich zu überfahren. Das Verhalten ist vorsätzlich und der VR ist leistungsfrei, wenn es dadurch zu einem Verkehrsunfall kommt.
(2) Der VN fährt bei Nebel mit nicht angepasster Geschwindigkeit. Kommt es dabei zu einem Unfall, wird der VR den Schaden am Fahrzeug des VN nur teüweise ersetzen.
Nach dem WG a.F. ist der VR nicht nur bei Vorsatz sondern auch bei grober Fahrlässigkeit ganz von der Leistungspflicht befreit.
► Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Rechtsprechung gegeben,
– wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt
wird;
– wenn schon einfachste nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und
Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedem einleuchten müssen.
Die grobe Fahrlässigkeit erfordert einmal einen Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wobei der Verstoß objektiv über ein normales Maß hinausgehen muss. Schließlich muss noch die subjektive Vorwerfbarkeit hinzutreten.
Beispiel:
Ein VN überholt trotz Überholverbots in einer Kurve, um schneller ans Ziel zu gelangen. Dabei stößt er mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammen.
Der Überholvorgang im Überholverbot ist objektiv ein Verstoß, der über das normale Maß hinausgeht, und auch subjektiv vorwerfbar, da er bewusst erfolgte.
Nachstehend ist eine Auswahl von Fällen wiedergegeben, in denen die Rechtsprechung grobe Fahrlässigkeit bejaht.
Leichtfertiges Fahren:
• Anzünden einer Zigarette am Steuer während der Fahrt
• Rauchen am Steuer
• Aufheben einer herabgefallenen Zigarette während der Fahrt
• Überhöhte Geschwindigkeit auf Autobahnen
• Beibehaltung einer Geschwindigkeit von 120 km/h bei Nebel
• Überholen einer Fahrzeugkolonne mit hoher Geschwindigkeit
• Einschlafen am Steuer infolge Übermüdung
• Überfahren einer roten Ampel
Mangelnde Sicherung des Fahrzeuges:
• Zündschlüssel im Handschuhfach
• Verlassen des Fahrzeuges ohne Abschließen der Tür
• Keine Verriegelung der Ausstellfenster
• Steckenlassen des Zündschlüssels in einer Sammelgarage Alkohol am Steuer:
• Blutalkoholkonzentration von 1,1 %o oder mehr
Liegt der Blutalkoholgehalt zwischen 0,8 und 1,1 %o, ergeben sich Folgen für den VN, wenn der VR nachweisen kann, dass der VN das Fahrzeug gelenkt und die Alkoholisierung für den Schaden ursächlich war. Hat nicht der VN, sondern ein Dritter das Fahrzeug gelenkt und sich vorsätzlich oder grob fahrlässig verhalten, muss sich der VN dieses Verhalten nur dann zurechnen lassen, wenn er als sein Repräsentant zu gelten hat. Als Repräsentant gilt eine Person, wenn sie aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses für den VN handelt und dabei dessen Rechte und Pflichten wahrnimmt.