123Versicherung Ratgeber Tipp
Sie sollten aber darauf achten, dass der von Ihnen beauftragte Rechtsanwalt insbesondere in Fällen gegen die Pflegeversicherung, gegen das Versorgungsamt oder das Sozialamt nicht nur allgemeine Kenntnisse im Sozialrecht hat, sondern sich mit der spezifischen Situation von pflegebedürftigen Menschen genügend auskennt. Es kommt daher keineswegs nur auf die Fachanwaltsbezeichnung an, auch wenn es eine zunehmende Anzahl von Rechtsanwälten gibt, die die Befugnis haben, die Bezeichnung Fachanwalt für Sozialrecht zu führen.
Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes verursacht natürlich Kosten. Sie werden zunächst an ihn einen Vorschuss zahlen müssen. Gewinnen Sie jedoch das Gerichtsverfahren, muss die von Ihnen verklagte Behörde auch die Kosten für den von Ihnen eingeschalteten Rechtsanwalt übernehmen.
Verfügen Sie über eine Familienrechtsschutzversicherung, übernimmt diese alle anfallenden Kosten bei Sozialgerichtsverfahren, sofern Sie diesen Risikobereich mitversichert haben, unabhängig vom Ausgang des Gerichtsverfahrens. Bei verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren übernimmt lediglich die in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte e.V. entwickelte Spezialrechtsschutzversicherung für behinderte Menschen der Winterthur die anfallenden Kosten.
Hilfe im Streitfall mit Versicherungen
Wenn Sie der Ansicht sind, dass der Versicherer im Unrecht ist und Sie berechtigte Ansprüche haben, dann legen Sie unverzüglich Widerspruch ein. Wenn das keinen Erfolg hat oder Sie noch anderen Ärger mit Ihrer Versicherung haben, gibt es verschiedene Stellen, wo Sie Hilfe bekommen – sei es der Ombudsmann, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder die Verbraucherzentrale.
Der Ombudsmann hilft!
Hat ein Widerspruch gegen eine Zahlungsweigerung der Versicherung keinen Erfolg, sollten Sie sich direkt an den zuständigen Ombudsmann für die Versicherungswirtschaft wenden. Dieser kann bis zu einem maximalen Streitwert von 5 000 Euro Entscheidungen treffen, die für das Versicherungsunternehmen bindend sind, allerdings für Sie als Versicherten nicht. Den Ombudsmann erreichen Sie unter der Telefonnummer 01804 / 224424. Einzige Ausnahme ist hier die Krankenversicherung: Hier schlichtet der Ombudsmann nur, er hat jedoch keine Entscheidungsverfügung. Diesen Ombudsmann erreichen Sie unter der Telefonnummer: 0180/2 55 0444. Nach den Gesprächen mit dem Ombudsmann können Sie dann immer noch einen Rechtsanwalt einschalten, wenn Sie dies dann noch für nötig halten. Schildern Sie immer kurz und knapp, aber verständlich und belegbar Ihren Fall, und bitten Sie um eine Überprüfung. Fügen Sie dem Schreiben auch eine Kopie des bisherigen Schriftverkehrs mit der Versicherung bei und natürlich auch ein Kopie der Police.
BaFin: Versicherungsaufsicht
Bei Ärger mit einer Versicherung können Sie sich an die Versicherungsaufsicht wenden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kann für deutlich mehr Druck bei den Versicherungen sorgen als Ombudsmänner. Die Bonner Behörde ist zugleich Versicherungsaufsichtsamt. 50 Beamte arbeiten in der Beschwerdestelle.
Verweigert oder verzögert eine Versicherung Zahlungen, kann das durchaus ein Fall für die BaFin sein. Fällt eine Versicherung dabei besonders oft auf, darf die Behörde den Vorstand zur Rechenschaft ziehen. Reichen Abmahnungen allein nicht aus, kann die BaFin einen Vorstand sogar abberufen. Besonders erfolgreich sind Beschwerden, die den Leistungsbereich von Lebensversicherern betreffen. Die Erfolgsquote liegt bei etwa 25 Prozent.
Die BaFin sitzt in der Graurheindorfer Straße 108 in 53117 Bonn. Seit Anfang März 2006 bietet Ihnen die BaFin ein Verbrauchertelefon als Service an. Unter der Telefonnummer 018 05 /122346 beantwortet die BaFin montags bis freitags von 8.00 bis 18.00 Uhr Ihre Fragen zu allen ihren Aufgaben-feldern, also zum Banken-, Versicherungs- und Wertpapierbereich. Hier erhalten Sie beispielsweise Auskünfte zur BaFin selbst, zum Ablauf eines Beschwerdeverfahrens, zum Stand eines laufenden Beschwerdeverfahrens oder zur Zulassung von Unternehmen beziehungsweise Instituten. Auch einfache Fragen mit rechtlichem Bezug können hier beantwortet werden. Der Festpreis für einen Anruf beträgt 14 Cent/Minute, abweichende Preise aus den Mobilfunknetzen sind möglich.
Die BaFin kann allerdings keine bestimmten Unternehmen oder Produkte empfehlen, sie muss sich als staatliche Aufsichtsbehörde strikt wettbewerbsneutral verhalten. Außerdem ist sie gesetzlich zu Verschwiegenheit verpflichtet. Deshalb darf die BaFin keine Auskunft über die wirtschaftliche Lage, die Seriosität oder Bonität eines Versicherungsunternehmens geben.
Wenn bereits Klage gegen den Versicherer eingereicht wurde, darf die BaFin nicht helfen. Die BaFin darf sich in ein laufendes gerichtliches Verfahren nur dann einschalten, wenn sie vom Gericht dazu aufgefordert wird. Ein Beschwerdeverfahren bei der BaFin ist dann nicht mehr möglich.
Wenn der Versicherer persönliche Daten von Kunden weitergibt, ist die BaFin nicht zuständig. Für den Datenschutz gibt es spezielle Zuständigkeiten in den einzelnen Bundesländern. Am besten wenden Sie sich dann an den Datenschutzbeauftragten des Landes, in dem der Versicherer seinen Hauptsitz hat. Die Adressen der Datenschutzbeauftragten der Länder können Sie auf der Homepage des Bundesdatenschutzbeauftragten bundesdatenschutz. de abfragen.
Wenn ein Versicherer die Beitragsprämie erhöht, ohne Gründe zu nennen, haben Sie das Recht, darüber Auskunft zu verlangen. Gründe für eine Prämienerhöhung müssen nämlich angegeben werden. Kennen Sie die Gründe nicht, können Sie auch nicht beurteilen, welche Rechte sich für Sie daraus ergeben. Sie haben nämlich grundsätzlich bei Prämienerhöhungen ein außerordentliches Kündigungsrecht, vorausgesetzt, der Umfang des Versicherungsschutzes hat sich nicht geändert. Die Begründungspflicht beinhaltet aber keine detaillierte rechnerische Aufschlüsselung.
Manchmal haben ältere Verwandte Ärger mit ihrer Versicherung und bitten Sie, die BaFin einzuschalten. Das ist möglich, wenn Ihr Verwandter Ihnen eine Vollmacht ausstellt. Sie müssen also eine unterschriebene Erklärung vorlegen, die Sie berechtigt, den Schriftverkehr in dieser Sache mit der BaFin zu führen.
Kontakt mit Behörden
Immer, wenn Sie mit Behörden in Berührung kommen, müssen Sie einige formelle Spielregeln beachten, um Ihre Rechte in vollem Umfang wahrnehmen zu können. Die folgenden Ausführungen gelten für alle Fälle, in denen Sie die Entscheidung einer Behörde für nicht zutreffend halten und hiergegen etwas unternehmen wollen, unabhängig davon, um welche Behörde es sich handelt.
Der Verfahrensablauf gestaltet sich immer in gleicher Weise: Nachdem Sie bei einer Behörde einen Antrag auf eine bestimmte Feststellung oder Leistung durch die Behörde gestellt haben, wird diese Behörde nach Beendigung ihrer Ermittlungen einen sogenannten Bescheid erlassen und Ihnen diesen zusenden.
Sind Sie mit dem Inhalt dieses Bescheides nicht einverstanden, müssen Sie innerhalb eines Monats, nachdem Sie den Bescheid erhalten haben, Widerspruch bei derselben Behörde einlegen, sofern der Bescheid eine Rechtsmittel-belehrung enthält. Findet sich eine solche nicht in dem Bescheid, können Sie sich zwar mehr Zeit lassen, den Widerspruch einzulegen – nämlich genau ein Jahr -, Sie sollten diese Zeit aber nicht bis zum letzten Tag ausreizen. Je früher Sie Widerspruch einlegen, desto früher kann die Behörde über den Widerspruch entscheiden. Damit Sie die Frist, den Widerspruch einzulegen, nicht versäumen, merken Sie sich daher das Datum, wann Sie den Bescheid bekommen haben. Der Widerspruch muss innerhalb der Frist von einem Monat beziehungsweise einem Jahr bei der Behörde eingegangen sein. Es reicht daher nicht aus, das Widerspruchsschreiben innerhalb der genannten Frist abzusenden. Haben Sie den Bescheid demnach am 15. Oktober erhalten, muss Ihr Widerspruch bis spätestens 15. November bei der Behörde eingegangen sein. Ist der 15. November ein Samstag oder Sonntag, muss der Widerspruch spätestens am folgenden Montag bei der Behörde angekommen sein.
Sie können den Widerspruch entweder per Brief senden oder ihn unmittelbar bei der Behörde Ihrem zuständigen Sachbearbeiter zu Protokoll erklären. In beiden Fällen sollten Sie sich eine Kopie von Ihrem Widerspruchsschreiben anfertigen. Senden Sie den Widerspruch per Brief, sollten Sie nicht am Porto sparen: Senden Sie ihn per Einschreiben/Rückschein, damit Sie gegebenenfalls nachweisen können, wann und bei wem der Widerspruch bei der Behörde eingegangen ist. Gleiches gilt, wenn Sie den Widerspruch bei der Behörde zu Protokoll erklären. Lassen Sie sich das Datum der Widerspruchseinlegung bestätigen!
Sie brauchen keineswegs den Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist auch zu begründen. Es genügt, dass Sie überhaupt Widerspruch einlegen, für die Begründung haben Sie danach genügend Zeit. Bevor Sie die Begründung fertigen, sollten Sie Einsicht in die Ihnen nicht bekannten entscheidungserheblichen Unterlagen, wie zum Beispiel Gutachten des Medizinischen Dienstes oder Gutachten der versorgungsärztlichen Untersuchung nehmen. Hierzu sind Sie berechtigt, und Sie sollten in jedem Fall von Ihrem Recht zur Einsichtnahme Gebrauch machen, denn nur so können Sie zu den Entscheidungsunterlagen Stellung nehmen.
In bestimmten Fällen (Schwerbehindertenausweis, Pflegeversicherung) macht es auch Sinn, wenn Sie bei der Widerspruchsbegründung einen schriftlichen Tagesablauf des behinderten Menschen beifügen, den Sie sehr sorgfältig erstellen und jede noch so kleine Assistenz oder Pflegeleistung aufführen sollten (siehe das Artikel Muster-Tagesablauf mit einem Pflegetagebuch auf). Dadurch vermeiden Sie, dass Sie bei einer amtsärztlichen Untersuchung in der Aufregung wichtige Aspekte vergessen.
Wenn Sie gegen einen Bescheid Widerspruch einlegen, kann die Behörde entweder dem Widerspruch abhelfen und Ihrem Antrag entsprechen, oder die Behörde wird einen sogenannten Widerspruchsbescheid erlassen, mit dem Ihr Widerspruch zurückgewiesen wird. Ihnen bleibt dann die Möglichkeit, hiergegen Klage zu erheben. Sowohl betreffend die Fristen als auch betreffend die Art der Einlegung der Klage und die Frage der Klagebegründung gilt das Gleiche wie beim Widerspruch.
Je nachdem, welchen Antrag Sie bei welcher Behörde gestellt haben, richtet sich hiernach die Frage, ob Ihre Klage beim Verwaltungsgericht oder beim Sozialgericht eingereicht werden muss. Hier lohnt sich ein Blick in die Rechtsmittelbelehrung; in aller Regel ist hier das richtige Gericht mit Adresse angegeben. Die Verwaltungsgerichte sind unter anderem zuständig für das gesamte Sozialhilferecht, die Sozialgerichte entscheiden insbesondere in Streitigkeiten mit der Pflegeversicherung, der Krankenkasse, dem Versorgungsamt, dem Arbeitsamt und dem Rentenversicherungsträger.
Weder die Einlegung eines Widerspruchs noch die Einreichung einer Klage verursacht Ihnen Kosten, sodass Sie immer Widerspruch oder Klage einreichen sollten, wenn Sie sich nicht ganz sicher sind, ob der Bescheid zutreffend ist. Auch wenn Sie später feststellen, dass der Bescheid zutreffend ist, können Sie jederzeit den Widerspruch oder die Klage zurücknehmen, ohne dass Sie hierfür Kosten tragen müssen.
Sowohl bei verwaltungsgerichtlichen als auch bei sozialgerichtlichen Auseinandersetzungen muss das Gericht alle zur Entscheidung notwendigen Aspekte von Amts wegen ermitteln. Führen Sie ein Sozialgerichtsverfahren, beispielsweise auf Pflegegeldleistungen gegen Ihre Pflegeversicherung, wird das Sozialgericht von sich aus ein medizinisches Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei einem unabhängigen Sachverständigen in Auftrag geben. Die hierfür anfallenden Kosten brauchen Sie ebenfalls nicht aufzubringen, auch wenn Ihre Klage nicht zum Erfolg führen sollte; diese Gutachterkosten werden in jedem Fall aus der Staatskasse gezahlt.