Im Zusammenhang mit der Diskussion um die gesetzliche Rentenversicherung und Rentenreform haben die Lebensversicherungsunternehmen und Drückerkolonnen die private Rentenversicherung zu ihrem neuen Renner auserkoren. Denn wenn alle meinen, die gesetzliche Rente reiche nicht aus, scheint es doch – auch für die Bürger – nahe zu liegen, dass man eine private Rente draufsetzen sollte. Auf die oben dargestellten Alternativen (Aktien, Aktienfonds, Wohneigentum) kommt der deutsche Otto Normalverbraucher ohnehin nicht. Für den Absatz der privaten Rentenversicherung haben sich Versicherungsvertreter und Drücker ein besonderes Werbeargument ausgedacht: Erinnern Sie sich noch an die Versicherungsberaterin des Bundes der Versicherten, die mit versteckter Kamera Vertreter von sechs großen Gesellschaften beim Beratungsgespräch bei einer jungen Familie beobachtet hat? Alle haben als Erstes dem Familienvater – völlig am Bedarf vorbei – die private Rentenversicherung angeboten (ohne Todesfallschutz).
Dabei haben sie die allgemeine Kritik an der Kapital-Lebensversicherung als Verkaufsargument verwendet mit dem Hinweis, diese Kritik sei nicht ganz unberechtigt, aber man habe jetzt etwas viel Besseres entwickelt: die private Rentenversicherung! Dort sei die Rendite besser (angeblich zwischen sieben und acht Prozent), weil kein Todesfallschutz geboten werde und der Beitrag voll angespart werden könne.
Wieder eine glatte Lüge! Die Renditen von privaten Rentenversicherungen waren – um es noch einmal zu wiederholen – in der Vergangenheit meistens schlechter als die ohnehin mäßigen Renditen von Kapital-Lebensversicherungen mit Todesfallschutz für die Hinterbliebenen.
Riester-geförderte Lebens- und Rentenversicherungen
Die private Rentenversicherung begegnet uns ab dem Jahre 2002 als so genannter Altersvorsorgevertrag – wie auch die Kapital-Lebensversicherung, diese allerdings in gerupfter Form: ohne Versicherungsschutz als so genannter Kapitalisationsvertrag. Zu den Riester geförderten Versicherungsangeboten wird es im Jahre 2002 wahrscheinlich wesentlich bessere Angebote aus dem Fondsbereich und im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung geben. Hierzu und zu der Frage, wie Sie aus einem voreilig abgeschlossenen falschen Vertrag wieder rauskommen, sollten Sie unbedingt die ausführlichen Informationen in den nächsten Versicherungsartikeln lesen!
Kapital-Lebens- und private Rentenversicherungen sind als Geldanlage schlecht – mit oder ohne Steuervorteile, mit oder ohne staatliche Förderung
weil die Vertrags- und Vermögensverhältnisse – im Gegensatz zu Fonds – völlig ungeregelt sind,
weil Versicherungsbeiträge und Spargelder als Versichertengeld – im Gegensatz zu Fonds – nicht treuhänderisch verwaltet werden,
weil den Lebensversicherten – anders als bei Fonds – nicht die Überschüsse, Erträge und Wertsteigerungen aus ihren Beiträgen und Spargeldern gutgebracht werden,
weil die Lebensversicherungsunternehmen – anders als Fonds – mit diesen Überschüssen weitgehend machen können, was sie wollen, sie missbrauchen und durch vielfältige Manipulationen dezimieren oder sogar verschwinden lassen können,
weil die Überschuss- bzw. Gewinnbeteiligung der Versicherten nicht konkret geregelt ist, sondern sich auf die Jahresüberschüsse der Unternehmen bezieht, die weitgehend manipulierbar und deshalb einseitig durch die Gesellschaften bestimmbar sind.
Das Problem der ungeregelten Vertrags- und Vermögensverhältnisse wurde bereits in den einleitenden Artikeln angesprochen. Denken Sie an das Beispiel, wo ein Autobesitzer jemandem 1000 Euro gibt, um seinen Wagen aus der Reparaturwerkstatt abzuholen. Nachdem der Abholer 618 Euro für die Reparatur bezahlt hat, meint er, den Rest der 1000 Euro als Kosten und Gewinn verbraten bzw. vereinnahmen zu können. Es entstand Streit, weil keine konkreten Vereinbarungen getroffen wurden. Der Autobesitzer hätte sagen müssen: Die 1000 Euro bleiben mein Geld, davon bezahlst du die Rechnung. Den Rest gibst du mir wieder und dann erhältst du 100 Euro als Fahrtkosten und für das Abholen des Wagens.
Ähnliche Regelungen fehlen auch zu Kapitalversicherungen. Hier sind vor allem drei Dinge miteinander vermengt, die getrennt werden sollten:
ein reiner Versicherungsbeitrag für die Todesfälle (der nicht bei der privaten Rentenversicherung erhoben wird),
ein Sparanteil,
ein Entgelt für die Dienstleistungen der Unternehmen
Die Lebensversicherungsunternehmen kalkulieren die einzelnen Prämienbestandteile tatsächlich so, wie oben beschrieben: einen so genannten Risikoanteil (für die Todesfälle), einen Sparanteil und einen Dienstleistungsanteil (ihre Kosten und Gewinne). Sie legen diese Kalkulation aber nicht offen. So weiß der Lebensversicherte nicht, wie viel der Versicherungsschutz und wie viel die Dienstleistungen der Gesellschaft kosten und wie viel er mit welcher Rendite anspart. Und die Gesellschaften können ihre Kalkulationen nachträglich ändern, ohne dass es die Versicherten merken.
Ein Beispiel:
Die Gesellschaft X verlangt eine Jahresprämie von 1000 Euro. Sie hat 200 Euro für Todesfallleistungen an Hinterbliebene kalkuliert, 600 Euro als Sparanteil und 200 Euro als Kosten und Gewinne. Dem Versicherten garantiert sie zum Vertragsablauf die Auszahlung der Versicherungssumme von 32000 Euro, die sich aus den Sparanteilen und einem Garantiezins von 3,25 Prozent ergibt. Die Gesellschaft erwirtschaftet natürlich mehr als 3,25 Prozent Zinsen aus den langfristig eingezahlten Sparanteilen. Es entstehen so genannte Zinsüberschüsse. Erzielt das Unternehmen z. B. Erträge und Wertsteigerungen auf die Kapitalanlagen von acht bis zehn Prozent, dann erreicht das Unternehmen (nicht der Versicherte!) statt der Versicherungssumme von 32000 Euro fast das Dreifache, nämlich 90000 Euro.
Nun ist der Sparanteil nicht das einzige Versichertengeld, das die Gesellschaft verwaltet, sondern da gibt es auch noch den Risikoanteil von 200 Euro für den Versicherungsschutz. Dieser Anteil ist aus Sicherheitsgründen in der Regel doppelt überkalkuliert. Von den 200 Euro bleiben also 100 Euro Risikoüberschüsse im Jahr übrig. Auch aus diesen kann die Gesellschaft Erträge von acht bis zehn Prozent er-wirtschaften. Das macht noch einmal etwa 15000 Euro. Insgesamt erwirtschaftet die Gesellschaft also über 100000 Euro aus dem ihr überlassenen Versichertengeld (einschließlich aller Überschüsse), die eigentlich den Versicherten gutgebracht werden müssten. So eine Bundestags-Drucksache aus dem Jahre 1982: Die Beiträge enthalten hohe Sicherheitszuschläge. Zur Wahrung der Belange der Versicherten müssen die dabei anfallenden Überschüsse den Versicherten möglichst ungeschmälert gutgebracht werden. Tatsächlich haben Lebensversicherte in der Vergangenheit bei fast allen Gesellschaften nur 60000 bis 80000 Euro erhalten, was einer so genannten Ablaufrendite von vier bis sechs Prozent auf die gezahlten Beiträge entspricht.
Frage also: Wo ist die Differenz zu den 100000 Euro, wo sind die 20000 bis 30000 Euro geblieben? Die Gesellschaften können sie doch nicht als Kosten und Gewinne vereinnahmt haben, weil sie dafür doch schon 200 Euro in den Jahresbeitrag einkalkuliert hatten!? – Die Antwort gibt die eben zitierte Bundestags-Drucksache:
Dass die anfallenden Überschüsse den Versicherten möglichst ungeschmälert gutgebracht werden, ist jedoch derzeit nicht gewährleistet. Die Versicherer können Verluste aus anderen Bereichen, insbesondere aus dem Abschluss- und Verwaltungsbereich, mit den Überschüssen zu Lasten der Versicherten voll saldieren.
Wem das noch nicht Beleg genug ist, für den gibt es auch noch eine Bestätigung dieses Vorgangs durch den ehemaligen Abteilungspräsidenten Gottfried Claus aus dem Aufsichtsamt (BAV): Allgemein ist es im Wirtschaftsleben so, dass eine mangelhafte Geschäftsführung sich zum Nachteil des Unternehmens auswirkt, indem dieses die entstehenden Verluste zu tragen hat. In der Lebensversicherung ist dem aber nicht so. Hier sind es zunächst einmal die Versicherten und meistens nur die Versicherten, die die Konsequenzen von unternehmerischen Fehlentscheidungen oder sogar von Missmanagement zu tragen haben, indem Verluste einfach zu einer Verminderung der Beitragsrückerstattung führen.
Ganz wichtig ist also zu erkennen, dass Sie als Lebensversicherter nicht an den Erträgen aus Ihrem Geld beteiligt werden, sondern nur an dem, was die Gesellschaften von Ihrem Geld und seinen Erträgen übrig lassen. Und da gibt es viele Möglichkeiten, Ihr Geld zu missbrauchen oder verschwinden und in den Taschen der Aktionäre wieder auftauchen zu lassen. So lange die Verbraucher so dumm sind, diese Art der Kapitalversicherung abzuschließen, so lange werden die Gesellschaften das ungeregelte Lebensversicherungssparen anbieten und die Verbraucher weiter legal betrügen. Tatort für diesen Betrug und diese Veruntreuung von Versichertengeld sind die Buchhaltung, die Jahresabschlüsse und Bilanzen von Lebensversicherungsunternehmen.