Die wirtschaftspolitischen Ziele des Stabilitätsgesetzes haben für unsere Volkswirtschaft große Bedeutung. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass die moderne Industriegesellschaft neue Probleme aufgeworfen hat. Neben stagnierendem Wachstum, struktureller Arbeitslosigkeit und der Gefährdung der Umwelt ist eine ungleiche Ein-kommens- und Vermögensverteilung die Ursache gesellschaftlicher Probleme
► Einkommen und Vermögen
Einkommen ist der Anteil, den ein Einkommensempfänger aus dem jährlichen Nettonationaleinkommen (Volkseinkommen) bezieht.
Beispiele:
*Bruttojahreseinkommen gemäß Lohnsteuerkarte; Einkommen aus Zinserträgen, aus Vermietung.
Einkommen ist wesentliche Voraussetzung dafür, dass Vermögen gebildet werden kann. Unter Vermögen versteht man den gesamten Wert an Sachgütern, Forderungen und Geld, den der Einzelne zu einem bestimmten Zeitpunkt besitzt. Werden vom Bruttovermögen die Schulden abgezogen, erhält man das Nettovermögen.
Beispiele:
*Summe aus dem Wert des gesamten Hausrates, Wert aller Immobilien abzüglich der Schulden, Guthaben auf Sparkonten.
Vermögen kann wiederum Einkommensquelle sein. Da die Anteile am Einkommen und Vermögen der Gesamtbevölkerung den Lebensstandard der Bürger wesentlich bestimmen, ist die Verteilung des Einkommens und des Vermögens eine wichtige volkswirtschaftliche Kennzahl.
► Verteilung des Einkommens und Vermögens
Zur Beurteilung der Einkommens- und Vermögensentwicklung bietet die offizielle Statistik des Statistischen Bundesamtes mehrere Berechnungen von Einkommens- und Vermögensverteilungen an, z. B. die Verteilung des Einkommens und Vermögens von verschieden großen Haushalten oder von unterschiedlichen sozialen Gruppen.
Beispiele:
*2-Personen-Rentner-Haushalt mit geringem Einkommen,
*4-Personen-Arbeiter-Haushalt mit mittlerem Einkommen und
*4-Personen-Angestellten- und Beamten-Haushalt mit höherem Einkommen.
Von besonderem gesellschaftlichen Interesse sind die Verteilungen für die gesellschaftlichen Gruppen Selbstständige, Beamte, Angestellte, Rentner, Arbeiter, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Für diese typischen Gruppen wird im Folgenden die Einkommens- und Vermögensverteilung dargestellt.
► Verteilung des Einkommens
Einkommens-Unterschiede
Wie aus der Darstellung zu ersehen ist, erzielen die Selbstständigen die höchsten Einkommen. Die niedrigsten Einkommen stehen den Nichterwerbstätigen zur Verfügung. Dazu zählen auch Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Im Nettoeinkommen ist alles enthalten, was den Haushalten an Geldmitteln zugeflossen ist (Arbeitslosengeld I, Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Wohngeld, Kindergeld, Verdienste von Familienangehörigen).
✓ Verteilung des Vermögens
Über die größten Geldvermögen verfügen Selbstständige. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass sie für ihre Alterssicherung selbst sorgen und sich deshalb ein privates Vermögenspolster schaffen müssen, aus dem sie auch dann noch ein angemessenes Einkommen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes beziehen können.
✓ Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverteilung
Beispiele:
*In den Jahren 1998 bis 2002 ist das Vermögen aller Haushalte auf 2,2 Billionen € gestiegen. Das ist gegenüber dem vorherigen 5-Jahreszeitraum ein Zuwachs um 20%.
*Zwischen 1993 und 2002 stieg der Anteil am Gesamtvermögen bei den oberen 10% aller Haushalte von 44,7% auf 46,1%. Gleichzeitig sank der Anteil der unteren 50% aller Haushalte von 4,1% auf 3,8%.
*In den Jahren 1998 bis 2002 ist die Armutsrisikoquote in Deutschland (d.h. der Anteil der Personen unterhalb der Armutsrisikogrenze von 60% des Durchschnittseinkommens) von 12,5% auf 13,5% gestiegen. Damit hat Deutschland immer noch das niedrigste Armutsrisiko in den EU-Ländern.
An solchen Entwicklungen kann sich eine grundsätzliche Diskussion über die Probleme der Einkommens- und Vermögensverteilung und die Verteilungspolitik des Staates entzünden.
► Probleme bei der Verteilung des Einkommens und des Vermögens
Das Nettonationaleinkommen (Volkseinkommen) lässt sich in Arbeitnehmerentgelt und in Unternehmens- und Vermögenseinkommen aufteilen. Damit entsteht die Frage, wann von einer gerechten Einkommens- und Vermögensverteilung gesprochen werden kann. Gleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen würde voraussetzen, dass alle Einkommensbezieher eine gleichwertige Leistung erbringen. Das entspricht aber nicht den wirklichen Gegebenheiten, vielmehr wird eine höhere Leistung auch höher bezahlt. Da es keine gleiche Einkommensverteilung gibt, ist auch eine gleiche Verteilung des Vermögens unrealistisch. Ungleiche Verteilung führt aber immer zu sozialen Spannungen.
Eine gerechte Verteilung des Einkommens und des Vermögens ist sehr schwierig, weil es keine allgemein anerkannten Maßstäbe für die Verteilungsgerechtigkeit gibt. Es ist deshalb eine ständige Auseinandersetzung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern darüber im Gange, welches Verhältnis zwischen Arbeitnehmerentgelt (Lohnquote) und Unternehmens- und Vermögenseinkommen (Gewinnquote) richtig sei.
2004 | 2005 | 2006 | 2004 | 2005 | 2006 | ||
Verteilung des Volkseinkommens | Mrd. EUR | Veränderung gegenüber Vorjahr in% | |||||
Arbeitnehmerentgelt Unternehmens- und | 1 136,8 | 1 129,3 | 1 145,7 | 0,5 | -0,7 | 1,5 | |
Vermögenseinkommen | 513,8 | 545,9 | 601,2 | 10,4 | 6,2 | 10,1 | |
Volkseinkommen | 1 650,6 | 1 675,1 | 1 746,9 | 3,4 | 1,5 | 4,3 | |
Quelle: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank |
Da die Unternehmens- und Vermögenseinkommen nicht nur den Unternehmern, sondern auch Arbeitnehmern zufließen (Zinserträge, Mieterträge), können die Lohn- und Gewinnquoten im Verteilungskampf der großen gesellschaftlichen Gruppen nur ein-geschränkte Argumente liefern.
Grundsätzlich gilt jedoch:
Wer einen höheren Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leistet, kann auch einen höheren Anteil am Bruttoinlandsprodukt verlangen. Daher muss die Einkommens- und Vermögensverteilung ungleich sein. Dennoch gibt es Ursachen im Verlauf der Wirtschafts-entwicklung, die zu einer einseitigen Bevorteilung bzw. Benachteiligung einzelner Bevölkerungsgruppen geführt haben:
• Empfänger höherer Einkommen können leichter Vermögen bilden, Vermögende höheres Einkommen erzielen. So ergibt sich eine kumulative Einseitigkeit der Einkommens- und Vermögensverteilung. In der Rezessionsphase muss der Staat unter dem Zwang zur sparsamen Haushaltsführung soziale Leistungen vorübergehend zurücknehmen; Maßnahmen, welche sozial schwächere Bevölkerungskreise in besonderem Maße treffen (Kürzung der Arbeitslosen- und Sozialleistungen, BaföG-Einschränkungen, Renteneinsparungen).
► Verteilungspolitik
Durch staatliche Verteilungspolitik soll versucht werden, Ungerechtigkeiten in der Einkommens- und Vermögensverteilung zu mildern. Dabei will man mit einkommens-politischen Maßnahmen die Jahreseinkommen benachteiligter Einkommens Bezieher erhöhen und mit vermögenspolitischen Maßnahmen Teile des Einkommens durch attraktive Sparanreize in Vermögen umwandeln.
• Einkommenspolitische Maßnahmen
✓ Steuerpolitik: Investitionsförderung durch Sonderabschreibungen, Steuerfreistellung des Existenzminimums, progressiver Steuersatz bei der Einkommensteuer, Unterstützung einkommensschwacher Haushalte durch Freibeträge.
✓ Sozialpolitik: Befreiung der Geringverdiener von der Sozialversicherung, verlängerte Bezahlung des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose, nach Einkommen gestaffeltes Kindergeld.
✓ Vermögenspolitische Maßnahmen
Eine neue Vermögensverteilung soll hauptsächlich erreicht werden durch eine andere Verteilung der Vermögenszuwächse zugunsten benachteiligter Gruppen. Insbesondere ist deren Sparbereitschaft, ja die Sparfähigkeit überhaupt, zu fördern.
• Vermögenswirksame Leistungen
• Wohnungsbauprämie. Zusätzlich zur vermögenswirksamen Leistung erhält ein Arbeitnehmer bis zu einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 25 600,00 € (ledig) und 51 200,00 € (verheiratet) bei einer jährlichen Sparsumme von höchstens € bei Alleinstehenden (1 024,00 € bei Verheirateten) auf Bausparkonten eine 8,8%ige Wohnungsbauprämie.
– Lernkontrollen zu E 2.3.5
✓ Еrklären Sie die Zusammenhänge zwischen Einkommen und Vermögen.
✓ Einkommensteuer:
*Wer trägt welche Last?
□ Interpretieren Sie das Schaubild unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit. Die Steuerzahler in diesem Schaubild sind jeweils in Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe steht für jeweils 10% der Einkommensbezieher; lediglich die unterste Gruppe enthält 20% der Einkommensbezieher.
□ Mit welchen Mitteln der Politik kann die
*Einkommensverteilung,
*Vermögensverteilung beeinflusst werden?
□ Was wären Sie lieber, ein Einkommensmillionär oder ein Vermögensmillionär? Begründen Sie Ihre Antwort.
✓ In unserer Gesellschaft gibt es bereits verteilungspolitische Maßnahmen, um eine Ungleichverteilung des Einkommens und Vermögens zu mildern. Erläutern Sie bestehende einkommens- und vermögenspolitische Maßnahmen.