Rechtsschutzversicherung
Mehr als zwei Millionen Rechtsschutzfalle treten pro Jahr auf, wobei die meisten Streitigkeiten auf Verkehrsunfalle zurückzuführen sind. Allerdings ist die Rechtsschutzversicherung eine teure Angelegenheit, und man sollte sich den Abschluss genau überlegen. Bekommt man Recht, muss der Streitgegner sämtliche Kosten für das Gericht und die Anwälte bezahlen. In vielen Fällen übernimmt auch eine andere Versicherungsform den Rechtsschutz. Zum Beispiel würde eine Haftpflichtversicherung unberechtigte Ansprüche Dritter abwehren. Da aber die meisten Streitigkeiten im Verkehrsbereich stattfinden, kann zumindest der Abschluss einer Verkehrsrechtsschutzversicherung sinnvoll sein.
Was die Rechtsschutzversicherung genau tut Sie zahlt
• Vorschüsse und Kosten für Anwalt, Gerichtsvollzieher und Gericht (einschließlich der Entschädigung für Zeugen und Sachverständige, die vom Gericht hinzugezogen werden).
• in verkehrsrechtlichen Straf- und Bußgeldverfahren auch die Kosten für das Gutachten eines öffentlich bestellten technischen Sachverständigen, der vom Versicherten oder dessen Anwalt zugezogen wurde – also auch schon im Ermittlungsverfahren!
• die Kosten für ein technisches Gutachten, das in einer Auseinandersetzung um einen Kaufvertrag oder Reparaturauftrag des versicherten Kraftfahrzeuges notwendig wird.
• in inländischen Zivilprozessen die Kosten eines Korrespondenzanwalts, wenn der Wohnsitz des Versicherten mehr als 100 km vom Gerichtsstand entfernt ist.
• die Reisekosten, wenn der Versicherte aufgrund richterlicher Anordnung als Prozesspartei oder Beschuldigter vor dem zuständigen ausländischen Gericht persönlich erscheinen muss.
• bei Strafverfahren die Kosten für den gegnerischen Nebenkläger, falls der Versicherte hierzu verpflichtet ist.
• die Kosten, die dem Prozessgegner zu erstatten sind.
Die genannten Kosten übernimmt der Rechtsschutzversicherer durch alle Instanzen bis zur vertraglich vereinbarten Höhe. Die Versicherungssumme geht normalerweise bis 200 000,- € (ARB/94) je Rechtsschutzfall. Das gilt in ganz Europa und nichteuropäischen Anrainerstaaten des Mittelmeeres.
• die Kaution im Ausland bis zur Höhe von 50 000,- €, damit der Versicherte von Strafverfolgungsmaßnahmen verschont bleibt.
Auch im Ausland besteht freie Wahl des Anwalts, wobei die Rechtsschutzversicherer, wo möglich, Deutsch sprechende Anwälte nachweisen werden.
Was ist nicht versicherbar?
Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind in der Regel
• besonders schwere oder nicht abschätzbare Risiken sowie rechtliche Randgebiete, die in der Praxis nur für Minderheiten von Interesse sind, wie z. B.
– Streitigkeiten vor internationalen Gerichtshöfen
– Konkursverfahren gegenüber Versicherten
– Streitigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Baurisiko
– das Familien- und Erbrecht, so weit nicht lediglich eine Beratung bei einer veränderten Rechtslage gewünscht wird
• Streitfälle, die vor dem Versicherungsbeginn eingetreten sind. Beachten Sie, dass eine Wartezeit von drei Monaten besteht. Also darf der Versicherungsfall frühestens drei Monate nach dem Versicherungsbeginn eintreten.
• alle Verfahren wegen vorsätzlicher Straftaten (z. B. Diebstahl oder Betrug)
Wie verhält man sich im Schadensfall?
Im Schadensfall lassen Sie von Ihrem Hausanwalt prüfen, ob die Versicherungsgesellschaft eine Deckungszusage für das Verfahren gibt. Auf jeden Fall sollte auch die Versicherung umgehend benachrichtigt werden.
Hat man keine Rechtsschutzversicherung, sollte man das zuständige Amtsgericht der Gemeinde bezüglich einer Prozesskostenhilfe befragen.
Zwei Beispiele zum Prozesskostenrisiko:
Zivilrechtsstreit
Bei einem Streitwert von 20000,- € (Reparaturkosten, Nutzungsausfall und Schmerzensgeld) entsteht ein Prozesskostenrisiko bei zwei Instanzen von rund 18200,- € nur für Anwalts- und Gerichtsgebühren (bis 1. Juli 1994: 16000,- €). Sachverständigenkosten und Zeugenauslagen sind dabei noch nicht mitgerechnet. Bei Einreichung einer Klage über den genannten Betrag ist sofort ein Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 1 155,- € zur Zahlung fällig, damit das Gericht überhaupt tätig wird. Nach altem Recht waren Gerichtskosten in Höhe von nur 351,- € vorzulegen.
Was ein Rechtsstreit kostet Kosten1 eines verlorenen Zivilprozesses: eigener Anwalt, gegnerischer Anwalt, Gerichtsgebühren | |||
Streitwert2 € | 1. Instanz € | 1. und 2. In | 1. bis 3. Instanz |
stanz € | € | ||
1200,- | 932,- | – | – |
1 800,- | 1268,- | 2931,- | – |
3 000,- | 1940,- | 4 510,- | – |
10000,- | 4911,- | 11407,- | – |
30000,- | 9150,- | 21301,- | – |
50000,- | 11 858,— | 27 729,- | – |
80000,- | 15 336,- | 35 745,- | 54024,- |
100000,- | 17 628,- | 41 088,- | 62093,- |
150 000,- | 21036,- | 49167,- | 74600,- |
1. Hinzu kommen Nebenkosten, unter Umständen auch für Sachverständige und Zeugen
2. Wert, um den es im Prozess geht
Streit mit dem Arbeitgeber
Besonders gravierend in Anspruch genommen wird der Geldbeutel des Rechtsuchenden, wenn es zur Auseinandersetzung um den Arbeitsplatz kommt. Im Arbeitsrecht trägt – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – jede Prozesspartei ihre Kosten selbst. Bei einer Kündigungsschutzklage errechnet sich der Streitwert nach dem dreifachen Brutto-Monatsgehalt. Wird die Angelegenheit durch einen gerichtlichen Vergleich beigelegt, dann sieht die Anwaltskostenrechnung bei einem Brutto-Monatsgehalt von 4 000,- € so aus:
Streitwert 3×4 000,- € = | 12000,- | € |
Prozessgebühr | 665- | € |
Verhandlungsgebühr | 665- | € |
Beweisgebühr | 665- | € |
Vergleichsgebühr | 665- | € |
15 Fotokopien ä 1,- € | 15- | € |
Die neuen Versicherungsbedingungen (ARB/94)
Mehr Rechte und verbesserte Leistungen
Die neuen Bedingungen enthalten ganz überwiegend Leistungserweiterungen.
So sind z. B. mitversicherte Personen, wie Ehegatten, bei neuen Verträgen besser gestellt. Sie können selbständig Rechtsschutz beantragen, der Ehepartner kann dem nicht mehr widersprechen.
Mehr Rechte haben Versicherte auch bei so genannten Spätschäden; die Nachmeldefrist für Schäden, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages entstanden sind, aber erst später als solche erkannt werden, wurde von zwei auf drei Jahre verlängert.
Neu in die Bedingungen aufgenommen wurde ein Rechtsschutz-paket für kleinere Firmen und ihre Inhaber; mit dem neuen Paket können sie für geschäftliche, verkehrsrechtliche und private Auseinandersetzungen Rechtsschutz vereinbaren.
Eine Verbesserung für jedermann bedeutet die Versicherung von Streitigkeiten aus Garantieverträgen, denn vielfach gilt heute die Garantie des Herstellers weitaus länger als die gesetzliche Sechs- Monats-Frist des Händlers.
Der Vertragsrechtsschutz umfasst zudem nun jegliche Form von privatrechtlichen Schuldverhältnissen. Dies ist besonders bei der so genannten ungerechtfertigten Bereicherung wichtig, wenn zum Beispiel nach einer Fehlüberweisung der Empfänger das Geld nicht herausgeben will.
Erweiterter Rechtsschutz in Auslandsfällen
Ausgedehnt wurde auch der Rechtsschutz für Auslandsreisende. So gilt die Versicherung mm weltweit, wenn für die Auseinandersetzung ein Gericht in Europa zuständig ist.
Bei einer in der Pauschalreise eingeschlossenen Bootsfahrt in Indien erleidet ein deutscher Tourist einen Schaden, weil der Veranstalter nicht ausreichend für Sicherheit gesorgt hat. Wurde die Reise bei einem europäischen Reiseveranstalter gebucht, kann dieser auf Kosten der Rechtsschutzversicherung verklagt werden.
Bei Verfahren im Ausland werden künftig nicht nur Kosten für den dortigen Anwalt getragen, sondern auch die des deutschen Korrespondenzanwaltes. Bei Auslandsfällen erledigt der Versicherer außerdem die Übersetzung von Schriftstücken. Beratungsrechtsschutz in Ehe- und Familienangelegenheiten gibt es nun auch, wenn ausländisches Recht zugrunde gelegt wird.
Verbesserungen beim Autokauf
Für Autofahrer entfällt beim Kauf oder bei Leasing von Neuwagen die bisherige Wartefrist von drei Monaten. Verkehrsrechtsschutz wird außerdem auch bei gemieteten Kraftfahrzeugen gewährt.
Klarstellungen und Einschränkungen
Halte- und Parkverstöße, also Bagatellschäden im Verkehrsbereich, die bisher nur eingeschränkt versichert waren, sind in den neuen Bedingungen nicht mehr vorgesehen. Eindeutig vom Rechtsschutz ausgeschlossen sind nach den neuen Bedingungen auch jegliche Termin- und sonstigen Spekulationsgeschäfte.
Neu: Schiedsverfahren
Mit der Einführung eines Schiedsgutachtens tragen die Rechtsschutzversicherer einer bereits ins deutsche Recht übertragenen EG- Richtlinie Rechnung. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits zwischen Anwalt und Versicherer kann ein weiterer, nicht am Verfahren beteiligter Rechtsanwalt als Gutachter eingeschaltet werden. Der Schiedsanwalt muss innerhalb eines Monats entscheiden. Kommt er zu dem Schluss, dass Erfolgsaussichten bestehen, muss der Versicherer Rechtsschutz gewähren. Sieht der Obergutachter keine Erfolgschancen, kann der Versicherte die Einstandspflicht des Versicherers trotzdem gerichtlich klären lassen.
Dieses Schiedsverfahren stellt meines Erachtens eine klare Verschlechterung der Bedingungen gegenüber den alten ARB/75 dar, denn nicht mehr alleine Ihr Hausanwalt entscheidet (Stichentscheid) darüber, ob ein Prozess Erfolgsaussichten hat oder nicht, sondern auch der Versicherer. Sind die Meinungen unterschiedlich, wird ein Obergutachter um eine Stellungnahme gebeten. Zeitliche Verzögerungen sind schon vorprogrammiert.
Einige Versicherer haben dieses Schiedsverfahren nicht in ihre neuen Bedingungen übernommen.