Wenn Sie eine Versicherung abschließen wollen, müssen Sie zunächst einen Antrag auf Versicherungsschutz stellen. Die Versicherungsgesellschaft prüft daraufhin, ob sie den Antrag annehmen will oder nicht. Es kann durchaus vorkommen, dass die Versicherung einen Antrag ablehnt, da z. B. schon mehrere Schadensfälle beim Vorversicherer vorliegen – auch wenn Sie den Antrag aufgrund eines Besuchs eines Versicherungsvertreters oder -maklers abgeschlossen haben. Bei einigen Versicherungsarten kann die Versicherungsgesellschaft einen Zuschlag zum Versicherungsbeitrag erheben oder einzelne Risiken ausschließen.
Beispiel: Zusatzvereinbarung aufgrund von Krankheit
Sie sind seit Jahren wegen einer Hauterkrankung in ärztlicher Behandlung. Beim Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung haben Sie dies im Antrag vermerkt. Die Versicherungsgesellschaft prüft jetzt, inwieweit diese Vorerkrankung zur Berufsunfähigkeit führen kann. Die Gesellschaften gehen hier kein Risiko ein, sondern schließen durch eine Zusatzvereinbarung diese Vorerkrankung vom Versicherungsschutz aus. Werden Sie dann aufgrund der Hauterkranung berufsunfähig, haben Sie hierfür keinen Versicherungsschutz. Nimmt die Versicherungsgesellschaft Ihren Antrag an, erhalten Sie schriftlich eine Bestätigung. In der Regel wird Ihnen die Versicherungspolice übersandt. Mit Empfang der Police kommt der Versicherungsschutz zustande.
Tipp: Wenn Sie sofortigen Schutz wünschen
Sie haben also nicht schon ab dem Ausfüllen des Versicherungsantrags Versicherungsschutz. Sollten Sie einen sofortigen Versicherungsschutz wünschen, ist dies nur über eine so genannte sofortige Deckungsbestätigung möglich. Hier bestätigt der Versicherer, dass ab einem bestimmten Termin Versicherungsschutz besteht. Dies sollte grundsätzlich schriftlich bestätigt werden. Bekanntes Beispiel hierfür ist die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Hier wird bereits über die Deckungskarte (früher: Doppelkarte) Versicherungsschutz geboten, ohne dass eine Versicherungspolice vorliegt.
Tipp: Die Police immer prüfen
Sobald Ihnen die Police vorliegt, prüfen Sie genau die eingetragenen Daten. Sollten Sie falsche Angaben entdecken, teilen Sie dies der Versicherungsgesellschaft umgehend mit.
Wenn die Versicherungspolice vom Antrag abweicht
Abweichungen der Versicherungspolice vom Antrag sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) im § 5 unter der so genannten „Billigkeitsklausel“ geregelt:
1. Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag oder den getroffenen Vereinbarungen ab, so gilt die Abweichung als genehmigt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheins schriftlich widerspricht.
2. Diese Genehmigung ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins darauf hingewiesen hat, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheins schriftlich widerspricht. Der Hinweis hat durch besondere schriftliche Mitteilung oder durch einen auffälligen Vermerk in dem Versicherungsschein, der aus dem übrigen Inhalt des Versicherungsscheins hervorgehoben ist, zu geschehen auf die einzelnen Abweichungen ist besonders aufmerksam zu machen.
3. Hat der Versicherer den Vorschriften des Absatzes 2 nicht entsprochen, so ist die Abweichung für den Versicherungsnehmer unverbindlich und der Inhalt des Versicherungsantrags insoweit als vereinbart anzusehen.
4. Eine Vereinbarung, durch welche der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.
Der Versicherer muss also mit einer schriftlichen Mitteilung oder einem auffälligen Vermerk auf für Sie ungünstige Abweichungen hinweisen. Ansonsten gilt das, was im Antrag steht – unabhängig davon, ob Sie als Versicherungsnehmer widersprochen haben oder nicht. Markiert der Versicherer die abweichende Stelle nur mit einem Sternchen, so reicht dies gemäß einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln nicht aus. Ist die Abweichung allerdings für Sie als Versicherungsnehmer günstig, so gilt nach der Rechtsprechung das, was im Vertrag steht.
Tipp: Frist nicht versäumen
Bedenken Sie, dass Sie den Widerspruch innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheins einreichen müssen – jedenfalls sofern der Versicherer deutlich auf die Abweichung hingewiesen hat. Versäumen Sie diese Frist, gilt das, was im Versicherungsschein steht. Wie bereits erwähnt, kann es auch zu Ausschlüssen im Vertrag kommen. Sind Sie damit nicht einverstanden, teilen Sie dies Ihrem Versicherer fristgemäß mit. Mit dem Widerspruch kommt kein Versicherungsvertrag zustande. Sie können dann bei anderen Versicherungsgesellschaften anfragen, ob dort das Risiko ohne Ausschlüsse versichert wird oder sich der Ausschlussumfang reduziert. In unserem Versicherung-Ratgeber finden Sie ein Musterschreiben für einen Widerspruch, falls der Vertrag vom Versicherungsantrag abweicht. Dieses Anschreiben können Sie bequem in Ihre Textverarbeitung übernehmen, bearbeiten und ausdrucken.
Zuschauerfragen an die Redaktion
Widerruf, Widerspruch und Rücktritt
Herr Tretmann aus Leipzig:
„Immer wieder lese ich unterschiedliche Begriffe wie Widerruf, Widerspruch und Rücktritt. Das ist einfach zu unübersichtlich. Bitte erklären Sie, wie die einzelnen Begriffe angewendet werden.“
Für die Antwort müssen wir in das Versicherungsvertragsrecht schauen. Gehen wir zunächst auf das Widerrufsrecht ein. Hierzu heißt es im § 8 Abs. 4 Versicherungsvertragsgesetz (WG): „Wird mit Ausnahme der Lebensversicherung ein Versicherungsverhältnis mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr abgeschlossen, so kann der Versicherungsnehmer innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab Unterzeichnung des Versicherungsantrags seine auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung schriftlich widerrufen.” Das heißt, wenn Sie einmal übereilt einen Versicherungsantrag unterschrieben haben, haben Sie die Möglichkeit, diesen zu widerrufen. Hierdurch kommt dann kein Versicherungsvertrag zustande.
Tipp: Frist beachten
Achten Sie auf die Frist von 14 Tagen. Diese Frist beginnt erst wirksam zu werden, wenn Sie von der Versicherungsgesellschaft über die Möglichkeit des Widerrufs belehrt wurden und diese Belehrung mit Ihrer Unterschrift bestätigt haben. Es kommt häufig vor, dass Verbraucher sich sicher sind, keinerlei Widerrufsbelehrung unterschrieben zu haben. Bei einer Überprüfung stellt sich dann aber heraus, dass die Unterschrift tatsächlich vorhanden ist. Wie kann das sein? Beim Ausfüllen des Vertrags unterschreiben viele Verbraucher einfach, wo der Versicherungsvermittler oder -makler hinzeigt, ohne den Text zu lesen. Bitte achten Sie darauf, was Sie unterschreiben, und lassen Sie sich den vorangegangenen Text erläutern. Bemerkungen wie: „Das ist eine reine Formsache“ oder: „Das dient nur der statistischen Auswertung“ sollten zur Vorsicht mahnen. Sie können sicher sein: Wird Ihre Unterschrift benötigt, so ist sie auch von Bedeutung.
Des Weiteren kommt es vor, dass die Versicherungsgesellschaft den Rücktritt ablehnt, da das Schreiben nicht innerhalb der Frist beim Versicherer einging. Dies ist falsch, da das Schreiben mit dem Widerruf innerhalb der Frist abgesandt werden muss. Den Beweis müssen Sie als Versicherungsnehmer führen. Verwenden Sie daher immer Einschreiben mit Rückschein. So können Sie nicht nur beweisen, dass Sie das Schreiben rechtzeitig abgeschickt haben, sondern haben auch einen Beleg für den Zugang beim Versicherer. Das Widerrufsrecht erlischt spätestens einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie auch ohne Belehrung. Ein Widerruf ist ausgeschlossen, bei Gewährung des sofortigen Versicherungsschutzes und bei Verträgen die für die Versicherung eine gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers dienen.
Beim Widerrufsrecht wurden Lebensversicherungen ausdrücklich ausgenommen. Hier kommt nun stattdessen der Rücktritt nach § 8 Abs. 5 Versicherungsvertragsgesetz (WG) in Betracht, nach dem der Versicherungsnehmer innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluss des Versicherungsvertrags zurücktreten kann.
Die Ausübung des Rücktrittsrechts ist analog dem Widerspruchsrecht.
● Zur Wahrung der Frist reicht das rechtzeitige Absenden innerhalb der 14 Tagesfrist.
● Die Frist beginnt erst zu laufen durch eine Belehrung von Seiten des Versicherers zum Rücktrittsrecht.
● Das Rücktrittsrecht erlischt auch ohne Belehrung einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie.
● Ausnahmen sind Versicherungsverhältnisse bei Pensionskassen, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen.
Um nun noch mehr Verwirrung in die Angelegenheit zu bringen, gibt es noch ein Widerspruchsrecht nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz (WG). Hat der Versicherer Ihnen als Versicherungsnehmer
● bei Antragsstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder
● eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen,
so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen nur dann als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widersprechen. Auch wenn es merkwürdig anmuten‘ mag, so kommt es in der Praxis doch immer wieder zu Beratungen ohne Vorlage der Versicherungsbedingungen. Als erstes wird allgemein über den Versicherungsschutz gesprochen, dann erfolgt die Antragsaufnahme. Welchen Versicherungsschutz der Verbraucher jetzt im Detail hat, weiß er nicht. Zusammen mit der Police erhalten Sie auch alle anderen wichtigen Vertragsunterlagen. Meist sind sie so umfangreich, dass der Versicherungsnehmer sie gar nicht erst liest. Eigentlich müssten Sie sich nun noch einmal innerhalb der 14-Tagesffist den Vermittler kommen lassen, damit er Sie eingehend berät. Als Verbraucher stehen Sie dann aber oftmals allein da. Das böse Erwachen kommt im Schadensfall.
Tipp: Lassen Sie sich bereits im Vorfeld alles erklären
Lassen Sie sieh bereits im Verkaufsgespräch die Versicherungsbedingungen und alle notwendigen Informationsunterlagen aushändigen und erläutern. Das Widerspruchsrecht beginnt erst mit der vollständigen Überlassung des Versicherungsscheines, der allgemeinen Versicherungsbedingungen und der weiteren Verbraucherinformationen. Die Versicherungsgesellschaft muss Sie schriftlich in drucktechnisch deutlicher Form zum Widerspruchsrecht belehrt haben. Für den Zugang der Unterlagen ist die Versicherungsgesellschaft beweispflichtig. Das Widerspruchsrecht erlischt ein Jahr nach Zahlung der Erstprämie. Auch hier genügt das rechtzeitige Absenden des Widerspruchs. Ausgenommen sind Versicherungsverträge bei Pensionskassen, die sich auf arbeitsrechtliche Regelungen berufen, und bei Gewährung des sofortigen Versicherungsschutzes, wenn der Verzicht auf Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen vereinbart wurde.
Haben Sie nicht alle notwendigen Unterlagen erhalten, können Sie dem Vertrag widersprechen. Musterschreiben zu Widerruf und Widerspruch finden Sie auf Ihrer CD- ROM, direkt zum Übernehmen in Ihre Textverarbeitung. Selbstverständlich müssen Sie Name, Versicherungsnummer usw. jeweils an Ihre persönlichen Gegebenheiten anpassen. Im Serviceteil ist beispielhaft ein Musterschreiben zum Widerspruch abgedruckt. Im Zusammenhang mit dem Widerspruchsrecht war von der Verbraucher-information die Rede. Was ist darunter zu verstehen? Die Verbraucherinformation nach § 10a Abs. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz muss Folgendes enthalten:
● Name, Anschrift, Rechtsform und Sitz des Versicherers und dessen Niederlassungen,
● die geltenden allgemeinen Versicherungsbedignungen, Tarifbestimmungen und Angaben über das auf den Vertrag anzuwendende Recht,
● Angaben über Art, Umfang und Fälligkeit der Leistungen, wenn keine allgemeinen Versicherungsbedingungen oder Tarifmaterial zur Anwendung kommen,
● Angaben zur Laufzeit des Vertrags,
● Angaben über die Prämienhöhe,
● Antragsbindefrist des Antragstellers,
● Belehrung zu Widerruf- und Rücktrittsrecht,
● Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Bei Lebens- und Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr sind zusätzlich folgende Informationen notwendig:
● Berechnungsgrundsätze und Maßstäbe der Überschussermittlung und -beteiligung,
● Angaben zum Rückkaufswert,
● Angaben über den Mindestversicherungsbeitrag bei Beitragsfreistellung und die dazugehörigen Leistungen,
● Angaben darüber, welche Rückkaufswerte (d. h. der Betrag, den der Ver-sicherungsnehmer bei vorzeitiger Kündigung erhält) und Mindestversicherungsbeiträge und daraus resultierende Leistungen garantiert werden,
● bei fondsgebundenen Lebensversicherungen die zugrunde liegenden Fonds und die Art der darin enthaltenden Vermögenswerte,
● allgemeine Angaben zu geltenden Steuerregelungen.
Die Versicherungsgesellschaften wurden gezwungen, dem Verbraucher wichtige Daten des Vertrags zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen müssen laut Gesetzgebung für den Verbraucher verständlich sein. Doch leider finden hier immer wieder Begriffe Eingang, die der Versicherungsnehmer nicht unbedingt kennt. Hier müssen die Versicherungsgesellschaften1 im Interesse der Verbraucher noch einiges nacharbeiten. Oder ist dies gar nicht gewollt?
weiterlesen Was passiert beim Abschluss des Vertrags Teil II