Zuerst fragen, dann handeln – das ist der wichtigste Rat im Umgang mit der Krankenkasse. Bevor Sie Kosten auslösen, sollten Sie sicher sein, dass die Kasse diese auch übernimmt. Verlangen Sie im Zweifelsfall immer eine schriftliche Kostengutsprache für das geplante Untersuchen
Die Abrechnungssysteme der Krankenkassen
In der Schweiz gibt es zwei Systeme, nach denen die Ärzte, Spitäler und Apotheken ihre Leistungen verrechnen: tiers payant und Tiers Garant. Dabei steht Tiers für die Krankenkasse als Dritte im Bund von Leistungserbringer und Versichertem.
• Tiers payant bedeutet, dass die Rechnungen direkt an die Krankenkasse gehen, die sie kontrolliert und bezahlt. Die Versicherten erhalten eine Abrechnung und müssen der Kasse den Selbstbehalt und die Franchise überweisen.
• Bei Tiers Garant geht die Rechnung an die versicherte Person. Diese kontrolliert und bezahlt sie und schickt dann die Kopie zur Rückvergütung an die Krankenkasse.
Bei Leistungen nach einem Unfall gehen die Rechnungen meist direkt an die Krankenkasse.
Chong, Behandlung, Kur oder Rehabilitation. Die erste Ansprechpartnerin ist dabei Ihre Ärztin. Sie kann Ihnen meist aus Erfahrung sagen, was bezahlt wird und was nicht, und wird die Kostengutsprache bei der Krankenkasse für Sie einholen.
Beispiel: Patrik F. kann nach seinem Motorradunfall endlich aus dem Spital entlassen werden. Der behandelnde Arzt hält aber einen Kuraufenthalt mit Rehabilitation in Wurzach für angebracht. Er stellt bei der Unfallversicherung von Patrik F. ein Gesuch um Übernahme der Kosten. Der Sachbearbeiter des Versicherers konsultiert den internen ärztlichen Dienst. Als von dort grünes Licht gegeben wird, erklärt sich die Versicherung bereit, den Kuraufenthalt zu bezahlen.
Wenn die Krankenkasse nicht zahlen will
Krankenkassen müssen – so sagt es das Gesetz – nur Leistungen vergüten, die wirksam, zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Weil dies auch eine Ermessensfrage ist, kommt es immer wieder vor, dass Krankenkassen eine Kostengutsprache verweigern oder bereits vorgenommene Behandlungen nicht zahlen. Was können Versicherte dann unternehmen?
Hinweis: Als Erstes müssen Sie abklären, ob es sich bei den strittigen Leistungen um solche aus der Grundversicherung und/oder aus der Zusatzversicherung handelt. Denn der Rechtsweg für die beiden Teile der Krankenversicherung ist unterschiedlich.
So gehen Sie in der Grundversicherung vor
Die Grundversicherung ist Teil der Sozialversicherungen; deshalb ist der Rechtsweg derselbe wie bei der Unfallversicherung:
• Bestehen Meinungsverschiedenheiten mit der Krankenkasse, verlangen Sie als Erstes eine Verfügung, ln der Regel erlassen die Krankenkassen nicht von sich aus eine Verfügung, Sie müssen Ihre Kasse also dazu auffordern. Ein einfacher Brief genügt.
• Gegen die Verfügung können Sie bei der Krankenkasse Einsprache erheben (siehe Muster). Die Frist dafür beträgt 30 Tage ab Zustellung.
Achtung: Verpassen Sie die Frist, gibt es keine Möglichkeit mehr, sich zu wehren.
• Wird Ihre Einsprache von der Krankenkasse abgewiesen, können Sie die Sache – wiederum innert 30 Tagen – an das kantonale Versicherungsgericht weiterziehen.
• Als letzte Instanz urteilt schließlich das Eidgenössische Versicherungsgericht über Ihren Fall.
Muster: Einsprache gegen Verfügung der Krankenkasse
Monika Enke
Baslers Trasse 44
6102 Malters
Einschreiben
KKS Luzern
Herr Bernd Stefanos
Postfach 6002 Luzern
Maliers, 2. April 2007
Versichertennummer 12.345678.09 / Ihre Verfügung vom 20. März 2007
Sehr geehrter Herr Stefanos,
Mit Verfügung vom 20. März 2007 lehnt die KKS die Übernahme der Kosten meiner Physiotherapie ab. Dagegen erhebe ich hiermit fristgerecht Einsprache.
In der Beilage sende ich Ihnen ein Zeugnis meiner Hausärztin, Frau Dr. med. Carla Schaffner. Sie bestätigt, dass meine heutigen Beschwerden eine Folge meines Sturzes beim Fensterputzen im Februar sind und dass ich die Physiotherapie zur Linderung der Schmerzen brauche. Ich ersuche Sie deshalb, Ihre Verfügung aufzuheben und die beantragten Therapiekosten zu übernehmen.
Freundliche Grüße Monika Enke
Das Verfahren vor der Krankenkasse, vor dem kantonalen und dem eidgenössischen Versicherungsgericht ist kostenlos. Sie müssen also keine Gerichtsgebühren bezahlen. Auch wenn Sie denn Prozess verlieren, schulden Sie der Krankenkasse keine Prozessentschädigung. Die Kosten für Ihre eigene Anwältin aber müssen Sie in diesem Fall selbst bezahlen. Und wenn die Kasse einen externen Anwalt beigezogen hat, geht dessen Honorar ebenfalls auf Ihre Rechnung.
Der Rechtsweg für die Zusatzversicherungen
Geht es um Leistungen aus den Zusatzversicherungen, können Sie gegen die Verfügung keine Einsprache bei der Kasse erheben. Sie müssen mit einer Klage direkt ans Gericht gelangen. Zuständig ist in den meisten Kantonen dasselbe Gericht, das Sie auch für die Beurteilung von Leistungen aus der Grundversicherung anrufen müssen. Klären Sie aber zur Sicherheit beim kantonalen Versicherungs- oder Verwaltungsgericht ab, wie das in Ihrem Kanton geregelt ist. Auskunft erhalten Sie auch bei den Rechtsberatungsstellen der kantonalen Anwaltsverbände (Adresse im Anhang). Bei einer Klage müssen Sie Ihr Rechtsbegehren besonders sorgfältig formulieren. Zwar klärt das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen ab. Doch anders als beim Beschwerdeverfahren ist es an Ihren Antrag gebunden und kann Ihnen nicht mehr und auch nicht etwas anderes zusprechen, als Sie verlangt haben. Je komplexer Ihr Fall, desto eher sollten Sie sich bei einer Beratungsstelle oder einer Anwältin Hilfe holen.
Hinweis: Viele Meinungsverschiedenheiten mit der Krankenkasse betreffen sowohl die Grund- wie auch die Zusatzversicherung. Dann müssen Sie ausdrücklich sowohl Einsprache bei der Krankenkasse wie auch Klage beim Gericht erheben.
Alternative zum Gerichtsweg: der Ombudsmann
Die Ombudsstelle der sozialen Krankenversicherung ist eine unbürokratische Alternative zum soeben beschriebenen Rechtsweg. Sie ist zuständig für sämtliche Ungereimtheiten zwischen Kassen und Versicherten, nicht nur für den Streit um Leistungen. Sie können sich also auch an den Ombudsmann wenden, wenn Ihre Krankenkasse die Rechnungen nur schleppend vergütet, Sie abzuwimmeln versucht oder Sie schlecht informiert.
Der große Vorteil der Ombudsstelle: Sie kann vermitteln und findet manchmal auch eine unkonventionelle, praktikable Lösung. Ein Gericht aber ist sie nicht. Kommt keine Einigung zustande, kann der Ombudsmann die Krankenkasse nicht zur Übernahme von Kosten verurteilen. Das ist dem Gericht Vorbehalten. Die Adresse der Ombudsstelle finden Sie im Anhang.
Hinweis: Wenn bereits eine Verfügung der Krankenkasse vorliegt oder Sie schon Einsprache oder gar Beschwerde erhöhen haben, kann sich die Ombudsstelle nicht mehr einschalten.