Wie bekommen Sie Pflegegeld bei Pflegeversicherung – Hilfebedarf, Aktivierende Pflege Teil 1
Weitere Hinweise für die Anerkennung von Pflegezeiten – Pflegegeld bei Pflegeversicherung
Der „Bedarf‘ an Hilfe wird anerkannt. Steht aus irgendwelchen Gründen die notwendige Zeit zur Pflege nicht zur Verfügung, muss der Gutachter für die Einstufung trotz-dem die Zeit zugrunde legen, die für eine ausreichende Pflege notwendig wäre. Darüber hinaus muss er Maßnahmen anregen, um die Pflege sicherzustellen.
Ausnahme: Ein bloßer Bedarf an „aktivierender“ Pflege wird zeitlich nicht anerkannt. Aktivierende Pflege wird nur anerkannt, wenn sie auch tatsächlich geleistet wird.
Das notwendige Eingehen auf Ängste, Unsicherheiten, Aggressionen, fehlende Motivation oder Unruhe während einer „wiederkehrenden Verrichtung“ ist immer Pflegezeit. Der entstehende Hilfebedarf darf nicht mit dem Hinweis zum Beispiel auf beruhigende oder angstlösende Medikamente in Abrede gestellt werden.
Auch mehrmalige kurze Verrichtungen, wie zum Beispiel häufige Aufforderungen zum Trinken am Tag, sind anerkannte Zeiten. Sie fallen über den Tag hinweg zusammengerechnet durchaus ins Gewicht (10 x 2 Minuten Auffordern zum Trinken ergeben 20 Minuten am Tag).
Wenn zwei Personen für eine Verrichtung gebraucht werden, ist doppelte Pflegezeit zu berechnen.
Bei der Häufigkeit von Baden und Duschen muss der Gutachter sich in erster Linie nach den individuellen Lebensgewohnheiten des Pflegebedürftigen richten. Die Häufigkeit muss lediglich im Rahmen kultureller Normen liegen. Viele Menschen sind es gewohnt, ein- bis zweimal am Tag zu duschen.
Bei der Einschätzung des zeitlichen Hilfebedarfs muss immer von einer Pflege durch Laien und nicht durch professionelle Pflegekräfte ausgegangen werden, auch wenn sich der Pflegebedürftige beispielsweise im Pflegeheim befindet.
Befindet sich die pflegebedürftige Person bei der Begutachtung nicht in der häuslichen Umgebung, sondern in einem Krankenhaus oder im Pflegeheim, so müssen trotzdem die Pflegezeiten zugrunde gelegt werden, die in einer durchschnittlichen häuslichen Wohnsituation bei Pflege durch Laien notwendig wären.
Besonderheiten für die Einstufung in die Pflegestufe 3
Neben einem pflegerischen Hilfebedarf von mindestens vier Stunden täglich ist für die Einstufung in die Pflegestufe 3 noch ein pflegerischer Hilfebedarf bei einer „wieder-kehrenden Verrichtung“ in jeder Nacht (22 Uhr bis 6 Uhr) notwendig.
Beispiel: Zumindest einmal in der Nacht muss beispielsweise eine der folgenden Verrichtungen notwendig sein: die pflegebedürftige Person umlagern, die Inkontinenzeinlagen wechseln, beim Toilettengang beaufsichtigen oder etwa den Pflegebedürftigen nach nächtlichem Umherirren beim Gang zurück ins Bett anleiten bzw. beaufsichtigen. Die Hilfe kann auch zu festen Zeiten erfolgen: zum Beispiel ein regelmäßiger Toilettengang um 1.00 Uhr, um Inkontinenz zu vermeiden (vom Arzt empfohlenes Toilettentraining); oder das notwendige Umlagern eines Bettlägerigen zu bestimmten Zeiten.
Sind Demenzerkrankte in der Nacht unruhig, darf der Gutachter einen Hilfebedarf nicht in Abrede stellen, indem er auf den möglichen Einsatz von Beruhigungsmitteln, Bettgitter oder Bettgurte verweist. Beruhigungsmittel sind medizinische Behandlungsmaßnahmen, die vom behandelnden Arzt gezielt zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden.
Die Bedeutung der Zeitorientierungswerte
Den Gutachtern sind für die zeitliche Einschätzung bestimmter Verrichtungen Zeitorientierungswerte (so genannte Zeitkorridore, siehe auch weiter hinten) vorgegeben. Die Zeitorientierungswerte gehen von einer unproblematischen „vollständigen Übernahme“ einer Pflegeverrichtung aus. Deshalb werden sie bei der Pflege Demenzkranker häufig überschritten.
Entsprechend den Begutachtungsrichtlinien ist ein höherer Zeitaufwand als in den Zeitorientierungswerten zu erwarten und vom Gutachter zu berücksichtigen,
■ wenn Demenzkranke bei Verrichtungen angeleitet und beaufsichtigt werden und aktivierende Pflege durchgeführt wird,
■ wenn Abwehrverhalten des Pflegebedürftigen die Übernahme einer Verrichtung behindert (auch einschießende unkontrollierte Bewegungen),
■ wenn allgemeine Erschwernisfaktoren, wie zum Beispiel hohes Körpergewicht, starke Schmerzen oder ein zeitaufwändiger Einsatz technischer Hilfsmittel, gegeben sind.
Die Zeitorientierungswerte zur Information (für Demenzkranke in der Regel nicht zutreffend!):
Waschen: Ganzkörperwäsche: 20-25 Min.;
Teilwäsche Oberkörper: 8-10 Min.;
Teilwäsche Unterkörper: 12-15 Min.;
Teilwäsche Hände/Gesicht: 1-2 Min.;
Duschen: 15-20 Min.;
Baden: 20-25 Min.;
Zahnpflege: 5 Min.;
Kämmen: 1-3 Min.;
Rasieren: 5-10 Min.;
Darm- und Blasenentleerung: Wasserlassen (Intimhygiene, Reinigen der Toilette bzw.
des Umfeldes): 2-3 Min.;
Stuhlgang (Intimhygiene, Reinigen der Toilette bzw. des Umfeldes): 3-6 Min.;
Richten der Bekleidung: insgesamt 2 Min.;
Wechseln von Windeln (Intimhygiene, Entsorgung) nach Wasserlassen: 4-6 Min. und nach Stuhlgang: 7-10 Min.;
Wechsel kleiner Vorlagen: 1-2 Min.;
Wechseln/Entleeren des Urinbeutels: 2-3 Min.;
Wechseln/Entleeren des Stomabeutels: 3-4 Min.;
mundgerechte Zubereitung einer Hauptmahlzeit (einschließlich Bereitstellung eines Getränkes): je 2-3 Min.;
Essen von Hauptmahlzeiten einschließlich Trinken (max. 3 Hauptmahlzeiten pro Tag): je 15-20 Min.;
einfache Hilfe zum Aufstehen/Zu-Bett-Gehen: je 1-2 Min.; Umlagern: 2-3 Min.; Ankleiden gesamt: 8-10 Min.;
Ankleiden Oberkörper/Unterkörper: 5-6 Min.;
Entkleiden gesamt: 4-6 Min.;
Entkleiden Oberkörper/Unterkörper: 2-3 Min.
Welche Bereiche umfasst die Pflege?
Nur in bestimmten Bereichen werden Verrichtungen als Pflegetätigkeiten anerkannt, wenn damit der Pflegebedürftige unterstützt, beaufsichtigt oder angeleitet wird bzw. die Verrichtung für den Pflegebedürftigen ganz oder zum Teil übernommen wird. Die Pflege muss entweder als Unterstützung, teilweise oder vollständige Übernahme der Verrichtungen oder aber als Beaufsichtigung oder Anleitung zur Durchführung folgender Tätigkeiten dienen:
■ im Bereich der Körperpflege:
das Waschen/Duschen/Baden
Zahnpflege
Kämmen
Rasieren
Darm- oder Blasenentleerung Lagern und Betten
vorbeugende Maßnahmen zur Erhaltung von Ressourcen, wie zum Beispiel Einreibung zur Erhaltung der gesunden Haut
Bewegungsübungen zum Erhalten der vorhandenen Mobilität (Kontrakturenprophylaxe)
Maßnahmen zum Verhindern einer Lungenentzündung (Pneumonie)
Maßnahmen zum Verhindern von Druckgeschwüren (Dekubitus)
■ im Bereich der Ernährung:
das mundgerechte Zubereiten der Nahrung die Aufnahme der Nahrung
■ Mobilität:
selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen
An- und Auskleiden
Gehen
Stehen
Treppensteigen
das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
■ im Bereich pflegeunterstützender Maßnahmen:
Pflegemaßnahmen, die direkt mit der Pflegebedürftigkeit in Zusammenhang stehen (zum Beispiel bei Mukoviszidose: Abklopfen von Sekret aus der Lunge)
■ im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung:
Einkäufen
Kochen
Reinigen der Wohnung Spülen
Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung Heizen
Pflegegeld bei Pflege in häuslicher Umgebung
Pflegegeld wird gewährt, wenn der Pflegebedürftige in seiner häuslichen Umgebung oder im Haushalt einer Pflegeperson gepflegt wird. Anstelle der häuslichen Pflegehilfe erhält er ein Pflegegeld, mit dem er die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung selbst sicherstellt. Die Pflege kann durch Angehörige, ehrenamtliche oder selbst beschaffte, erwerbsmäßig tätige Pflegekräfte erbracht werden. Mit der Geldleistung kann er seine Pflegehilfen selbst gestalten.
Das Pflegegeld soll kein Entgelt für die von der Pflegeperson erbrachten Pflegegeldleistungen darstellen. Es soll vielmehr den Pflegebedürftigen in den Stand versetzen, seinen Angehörigen oder sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die von ihnen sichergestellte Pflege zukommen zu lassen.
Ziel der Pflege
Die vorhandenen Selbstversorgungsfähigkeiten sollen erhalten und solche, die verlorengegangen sind, reaktiviert werden. Bei der Pflegeleistungserbringung soll die Kommunikation verbessert werden. Geistig und seelisch Behinderte, psychisch Kranke und geistig verwirrte Menschen sollen sich in ihrer Umgebung und auch zeitlich zurechtfinden. Dabei geht häusliche Pflege vor stationärer Betreuung.