Der Verkäufer ist verpflichtet, die verkaufte Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu liefern.
a) Arten der Mängel
► Mängel im Hinblick auf die Sache
Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Kaufsache bei der Übergabe an den Käufer nicht in Ordnung ist. Sachmängel liegen demnach vor, wenn
• die tatsächliche Beschaffenheit der Sache von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht.
Beispiel:
Eine digitale Kamera leistet nur eine Auflösung von 3,2 Mio. Pixel, obwohl 5 Mio. Pixel vereinbart waren.
• die Beschaffenheit nicht vereinbart wurde, der Käufer die Kaufsache aber nicht zu dem Zweck verwenden kann, zu dem er sie gekauft hat und der Verkäufer diesen Zweck kannte.
Beispiel:
Ein Gastronom kauft 200 Dessertteller aus Glas. Nach mehrmaligem Waschen in der Geschirrspülmaschine beginnt das Glas grau zu werden. Der Verkäufer hätte wissen müssen, dass sich die Glasteller für den Gastronomie-Bereich nicht eignen.
• die Beschaffenheit zwar nicht vereinbart wurde, die Kaufsache aber nicht die Beschaffenheit aufweist, die der Käufer erwarten kann, um die Sache so zu verwenden, wie es bei solchen Sachen gewöhnlich ist.
Beispiel:
Lebensmittel sind verdorben.
• die gelieferte Sache nicht den Versprechungen in der Werbung entspricht.
Beispiel:
Das viel gepriesene 5-Liter-Auto verbraucht doch 8 Liter Benzin auf 100 km.
• die Kennzeichnung der Ware (auf der Verpackung oder auf der Ware selbst) von der Kaufsache abweicht.
Beispiel:
Lachs wird auf der Folie als fangfrischer kanadischer Fluss-Wildlachs gekennzeichnet. In Wirklichkeit stellt sich heraus, dass er in Norwegen im Meer gezüchtet wurde.
• eine Montage durch den Verkäufer fehlerhaft durchgeführt wurde.
Beispiel:
Vereinbart wurde Lieferung und Montage eines Computers. Macht der Verkäufer dabei etwas falsch, ist dies ein Sachmangel.
• die fehlerhafte Montageanleitung des Verkäufers dazu führt, dass die Sache nicht montiert werden kann oder fehlerhaft montiert wird.
Beispiel:
Aufgrund einer fehlerhaften Montageanleitung kann ein Büroschrank nicht auf-gebaut werden.
• eine ganz andere Sache geliefert wurde
Beispiel:
Der Verkäufer liefert 30 Kartons Briefumschläge ohne Fenster, anstatt Briefumschläge mit Fenster.
• eine zu geringe Menge geliefert wurde.
Beispiel:
Der Verkäufer liefert statt 30 Kartons nur 20 Kartons Briefumschläge.
►Mängel im Hinblick auf die Rechte an einer Sache
• Rechtsmangel. Eine gelieferte Sache weist Rechtsmängel auf, wenn Dritte Rechte gegenüber dem Käufer geltend machen können.
Beispiel:
Bezogene Bürostühle wurden mit einem Markenzeichen verkauft, ohne dass der Markeninhaber eine Lizenz erteilt hat.
► Mängel im Hinblick auf die Erkennbarkeit
• Offene Mängel. Sie sind bei der Prüfung der Kaufsache klar erkennbar.
Beispiele:
Webfehler, beschädigtes Furnier, Stempelaufdruck in einem Buch: Eigentum der Stadtbibliothek.
• Versteckte Mängel. Sie sind bei der Untersuchung der Kaufsache auf den ersten Blick nicht erkennbar.
Beispiele:
Nicht lichtechte Stoffe, Wein mit Korkengeschmack, gestohlenes Fahrrad.
• Arglistig verschwiegene Mängel. Sie sind versteckte Mängel, die der Lieferant dem Käufer absichtlich verschwiegen hat.
Beispiele:
Ein Unfallauto wird als unfallfrei gekauft. Ein Bodenleger verlegt 6 mm starkes statt 10 mm starkes Parkett.
b) Pflichten des Käufers
► Zweiseitiger Handelskauf
Beim zweiseitigen Handelskauf (Kauf, den zwei Kaufleute für geschäftliche Zwecke abschließen) hat der Käufer folgende Pflichten:
• Prüfungspflicht. Eingegangene Waren sind unverzüglich auf Güte, Menge und Art zu untersuchen. Unverzüglich heißt ohne schuldhaftes Zögern. Wenn z. B. beim Eingang der Ware das Lagerpersonal mit dringenden Inventurarbeiten beschäftigt ist, so reicht es noch, wenn die Ware nach Beendigung dieser Arbeiten untersucht wird. Stellt der Käufer bereits bei der Übergabe Mängel fest, so kann er die Abnahme verweigern; nimmt er sie trotzdem ab, so muss er sich die Rechte aus der Mängelrüge sofort Vorbehalten.
• Rügepflicht und Einhaltung der Rügefristen. Offene Mängel sind unverzüglich nach der Prüfung zu rügen, versteckte Mängel unverzüglich nach der Entdeckung, jedoch innerhalb der Gewährleistungsfrist. Diese beträgt gesetzlich zwei Jahre, vom Zeitpunkt der Ablieferung an, kann aber vertraglich verlängert (Garantie) werden.
Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, dann verjährt der Mangel erst nach drei Jahren. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Mangel entdeckt wurde. Der Mangel muss aber innerhalb von 30 Jahren entdeckt werden, um einen Anspruch geltend zu machen. Der Käufer muss die Mängel in der Güte, Menge und Art genau bezeichnen. Ein allgemeiner Hinweis wie Ware unverkäuflich, Ware schlecht, Material nicht vertragsgemäß genügt nicht. Wird ein Mangel nicht gerügt, muss der Kaufmann die gelieferte Ware behalten und den vereinbarten Kaufpreis bezahlen.
• Aufbewahrungspflicht. Beim Platzkauf kann die beanstandete Ware sofort zurückgeschickt werden, beim Distanzkauf dagegen nicht, um unnötige Transportkosten zu vermeiden. Sie muss dem Verkäufer zunächst zur Verfügung gestellt werden. Bis zu dessen Entscheidung muss sie der Käufer zulasten des Verkäufers ordnungsgemäß selbst aufbewahren oder bei einem Dritten einlagern. Ist die Ware dem Verderb ausgesetzt und ist Gefahr in Verzug, so kann sie der Käufer öffentlich versteigern lassen oder, sofern sie einen Börsen- oder Marktpreis hat, freihändig verkaufen (Notverkauf).
► Verbrauchsgüterkauf und bürgerlicher Kauf
Beim Verbrauchsgüterkauf und bürgerlichen Kauf bestehen gegenüber dem zweiseitigen Handelskauf folgende Abweichungen:
•Der Käufer muss nicht unverzüglich prüfen.
•Er muss Mängel nicht unverzüglich rügen, sondern kann die Rüge bei offenen und versteckten Mängeln innerhalb der Gewährleistungsfrist vornehmen.
c) Rechte des Käufers bei Mängeln
Wenn eine Sache mangelhaft verkauft wurde, dann hat der Käufer folgende Rechte:
• Zunächst Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Dabei steht dem Käufer das Wahlrecht zu, entweder die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) durch Reparatur oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (Ersatzlieferung) zu verlangen.
Beispiel:
Die neu gelieferte Kaffeemaschine (Farbe Grau) hat gelegentlich kurze Aussetzer. Der Käufer wählt die Nachbesserung, da als Ersatzlieferung kurzfristig nur eine schwarze Maschine zur Verfügung steht.
Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Form der Nacherfüllung verweigern, wenn sie mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist.
Beispiel:
Ein Kunde verlangt die Reparatur eines fehlerhaften neuen Weckers, den er für 10,00 £ gekauft hat. Die Reparatur würde dem Verkäufer Kosten in Höhe von 20,00 £ verursachen. Die Reparaturkosten stehen in keinem Verhältnis zum Warenwert. Der Verkäufer kann daher die Nachbesserung des Weckers ablehnen und stattdessen eine Ersatzlieferung vornehmen.
In manchen Fällen kann eine Nacherfüllung nicht möglich sein:
-Keine Ersatzlieferung möglich bei einer gebrauchten Sache oder bei einem Original-Gemälde.
-Keine Nachbesserung, wenn eine fehlerhafte bewegliche Sache zerstört wird,
Beispiel;
Aufgrund fehlerhafter Bremsen erleidet ein Pkw einen Totalschaden. Aufwendungen, die zum Zwecke der Nacherfüllung notwendig sind, wie Trans-port-, Wege-, Arbeits-und Materialkosten hat der Verkäufer zu tragen.
Beispiele:
Telefonkosten, Portokosten, Fahrtkosten für die Abwicklung der Reklamation. Im Normalfall gilt dabei eine Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen.
Beispiel:
Nach dem erfolglosen zweiten Versuch, eine neu gelieferte Kaffeemaschine zu reparieren, kann der Käufer eine neue Kaffeemaschine verlangen.
Verstreicht die festgesetzte angemessene Nachfrist zur Nacherfüllung oder ist die Nacherfüllung unmöglich so kann der Käufer weitere Rechte geltend machen:
-Rücktritt vom Vertrag oder Minderung des Kaufpreises,
-Schadenersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen.
Der Käufer ist aber nicht verpflichtet, eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen, wenn der Verkäufer eine Nacherfüllung verweigert oder diese als fehl-geschlagen erachten ist. Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Kaufgegenstand ist zurückzugeben und der etwa schon bezahlte Kaufpreis zurückzuzahlen.
Beispiel:
Die Nacherfüllung bei einer Kaffeemaschine ist fehlgeschlagen bzw. wurde verweigert. Da der Käufer bei einem anderen Händler inzwischen die gleiche Maschine entdeckt hat, macht er den Kaufvertrag rückgängig anstatt eine neue Kaffeemaschine zu verlangen.
Minderung des Kaufpreises. Der Kaufvertrag bleibt bestehen. Der Käufer kann jedoch eine angemessene Herabsetzung des Kaufpreises verlangen.
Beispiel:
Die Nacherfüllung für die Kaffeemaschine (Beseitigung der Aussetzer) ist fehl-geschlagen. Der Käufer will sie aber unbedingt wegen ihrer Farbe behalten und verlangt daher wegen ihrer gelegentlichen Aussetzer eine angemessene Kaufpreisminderung.
• Schadenersatz. Der Schadenersatzanspruch setzt voraus
– Pflichtverletzung des Schuldners oder seines Erfüllungsgehilfen oder
– der Schuldner hat ein Beschaffungsrisiko oder eine Garantie übernommen und nicht erfüllt.
Folgende Arten des Schadenersatzes sind möglich:
1. Schadenersatz neben der Erfüllung (kleiner Schadenersatz). Der Käufer hat Anspruch auf Erfüllung des Vertrags und Ersatz der Kosten.
Beispiel:
Reparaturkostenerstattung für die Eigenleistung, um den Mangel zu beseitigen.
2. Schadenersatz statt Erfüllung (großer Schadenersatz). Der Käufer kann vom Kaufvertrag zurücktreten und Schadenersatz verlangen. Bereits erbrachte Teilleistungen müssen vom Käufer zurückgegeben werden.
Beispiel:
Eine defekte Maschine wird am 18. Jan. 20… geliefert. Zweimal wurde der Lieferant vergeblich aufgefordert eine Nachbesserung durchzuführen. Infolge der defekten Maschine entsteht ein mehrtägige Produktionsausfall. Der Kunde kann vom Kaufvertrag zurücktreten und vom Lieferanten Schadenersatz für den Produktionsausfall verlangen.
Kein Anspruch auf Schadenersatz besteht bei unerheblicher Pflichtverletzung.
Beispiel:
Kaum erkennbare Schleifspuren an Möbeln werden nach 23 Monaten vom Kun-den beanstandet.
• Ersatz vergeblicher Aufwendungen. Anstelle des großen Schadenersatzes kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat.
Beispiel:
Zur Montage einer Maschine wurde ein Fundament gegossen. Zwei Reparatur-versuche an der Maschine sind fehlgeschlagen und damit ist die Nacherfüllung gescheitert. Die Kosten für das Fundament hat der Verkäufer der Maschine zu übernehmen.