Etwa 96 Millionen Lebensversicherungen haben deutsche Sparer abgeschlossen, davon sind etwa zwei Drittel Kapitallebensverträge. Die Kapitallebensversicherung, auch nur Lebensversicherung genannt, ist geradezu zum Synonym für Versicherung schlechthin geworden. Kein anderes Produkt der Finanzbranche wird folglich mehr beworben. Dabei wird sie als eine ideale Kombination von Familien- und Altersvorsorge, als Geldanlage mit hoher Rendite dargestellt, die zudem noch steuerlich begünstigt sei. Und immer wieder wird betont: Die Überschüsse kämen fast ausschließlich den Kunden, also den Versicherten, zugute. Dieser positive Eindruck hat sich auch bei den meisten Bürgern verfestigt.
Kritiker der Lebensversicherung sehen das Produkt und seine Anbieter weniger rosig, als es die Werbung darstellt. Von hohen Renditen könne keine Rede sein, ebenso wenig von einer treuhänderischen Verwaltung der Beiträge. Die Überschüsse seien beliebig manipulierbar, und die Steuervorteile kämen nur bei einer Minderheit überhaupt zum Tragen. Insofern sei die Lebensversicherung weder als Familienvorsorge noch als Altersvorsorge ein geeignetes Instrument.
Die Kapitallebensversicherung ist eine Risikoversicherung auf das Leben, gekoppelt mit einem Sparvertrag. Einmal abgeschlossen, braucht sich der Versicherte um nichts mehr zu kümmern. Monatlich zahlt er seine Beiträge und erhält diese plus Zinsen am Ende der Laufzeit – oft 20 oder 30 Jahre – ausgezahlt. Kommt es zur Auszahlung der Versicherungssumme, kann sich
der Begünstigte das Geld auf einen Schlag auszahlen lassen. Er kann aber auch jetzt noch vereinbaren, dass stattdessen eine Rente gezahlt wird. Zusätzlich gibt es einen Hinterbliebenenschutz: Stirbt der Versicherte während der Laufzeit, erhalten die Hinterbliebenen eine garantierte Versicherungssumme plus einer unbekannten Überschussbeteiligung.
Der Löwenanteil der zu zahlenden Prämie geht in den Sparvertrag. So hat die Kapitallebensversicherung denn auch weniger mit Versicherung, sondern mehr mit Geldanlage zu tun. Eine Geldanlage, die dem Versicherten subjektiv das Gefühl gibt, eine gute Altersvorsorge abgeschlossen zu haben. Dass das meist nicht so ist, dazu später.
Der Garantiezins und was dahintersteckt
Ihr Beitrag, den Sie monatlich oder jährlich für die Kapitallebensversicherung zahlen, geht zum Teil für Risiko- und Verwaltungskosten drauf. Bei nicht wenigen der rund 100 Anbieter kostet der Risikoschutz bis zu 15 Prozent der Prämie. Für Verwaltungs- und Abschlusskosten werden bis zu 20 Prozent des Beitrags verwendet, mitunter auch mehr. Nur der Rest, also beispielsweise 65 oder 70 Prozent, bleibt für den Sparanteil, also für die eigentliche Kapitalbildung. Dieser, und nur dieser, wird bei Verträgen, die nach 2007 abgeschlossen wurden, mit 2,25 Prozent verzinst – das ist garantiert. Ältere Verträge laufen noch mit einer besseren Verzinsung.
Bisher waren deutsche Versicherer gesetzlich nicht dazu verpflichtet, ihren Kunden die Verwendung der Beiträge aufzuschlüsseln, und sie sind es auch nach der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (siehe weiter unten dem entsprechenden Artikel) seit dem 1. Januar 2008 nicht. Sie erfahren deshalb in der Regel nicht, wie viel von Ihrem Beitrag für Verwaltungs und Abschlusskosten des Versicherers oder für die Risikobeiträge verwendet werden und wie viel in den Spartopf fließt. Verbraucherschützer fordern seit langem mehr Transparenz. Immerhin: die Unternehmen müssen seit 2008 die Höhe der Abschluss- und Vertriebskosten nicht nur dem Kunden mitteilen, sondern auch auf fünf Jahre verteilen. Das ist wichtig für den Rückkaufswert im Falle einer frühen Kündigung des Vertrages durch den Kunden.
Je höher die Kosten Ihrer Kapitallebensversicherung für Vertrieb, Risikoschutz und Verwaltung sind, desto geringer ist Ihr Sparanteil. Und bedenken Sie: Schließen Sie den Vertrag bei einem Versicherungsvermittler ab, erhält dieser eine Provision. Dieses Geld muss auch erst einmal mit Ihrem Sparanteil wieder erwirtschaftet werden.
123Versicherung Ratgeber Tipp
Bleiben Sie hartnäckig und fragen Sie Ihren Vermittler oder die Versicherung vor Abschluss eines Vertrages, wie viel Prozent Ihres Beitrags für welche Leistungen verwendet werden.
Der Überschussanteil ist nicht garantiert
Die Kapitallebensversicherung ist eine Geldanlage mit Unsicherheitsfaktor: Denn erst, wenn dem Versicherten die Ablaufleistung (Versicherungssumme plus Überschüsse) ausgezahlt wird, kann er sich die tatsächliche Rendite dieser Anlage ausrechnen – wenn er dann noch lebt. Gewöhnlich ist es etwa das Doppelte der vereinbarten Summe, manchmal mehr, mitunter auch viel weniger. Das liegt daran, dass die Versicherung versucht, das Geld möglichst ertragreich anzulegen und den Kunden an den dabei erzielten Überschüssen beteiligt. Allerdings ist nicht von vornherein abzusehen, wie sich die Börse und die Zinsen entwickeln. Daher kann auch der Überschuss nicht garantiert werden. So führte der scharfe Kursrückgang 2000/2001 dazu, dass viele Versicherungen in den folgenden Jahren ihre Zusagen hinsichtlich des garantierten Ertrags und der wahrscheinlich zu erwartenden Überschussanteile deutlich reduzieren mussten – bis heute. Der Kunde wird nur an den Überschüssen beteiligt, die eine Gesellschaft am Jahresende nach Abzug aller Kosten erzielt hat – und die können vorher nicht garantiert werden.
Die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes
Bei den Prospektangaben der Versicherer handelt es sich lediglich um Prognosen und unverbindliche Angaben des Versicherers, denn den Überschussanteil oder auch einen Mindestbetrag an einer Überschuss- beziehungsweise Gewinnbeteiligung kann er nicht garantieren. Zwar ist das Unternehmen verpflichtet, 90 Prozent des jährlichen Unternehmensgewinns an seine Versicherten weiterzugeben. Doch dieser Gewinn lässt sich nach unten drücken – im Zweifel bis auf null. Immerhin: Durch die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (WG) müssen die Gesellschaften ihre Versicherten ab dem 1. Januar 2008 an den stillen Reserven, also an den Wertsteigerungen ihrer Kapitalanlagen, beteiligen. Das könnte für die Kunden höhere Renditen bedeuten. Doch klar ist auch: Nur die Versicherungssumme ist als Ablaufleistung garantiert und Ihnen sicher.
Für Kapitallebensversicherungen bringt das neue Versicherungsrecht seit dem 1. Januar 2008 jedoch viele weitere Änderungen, von denen die Kunden profitieren. Hier sind die wichtigsten:
Die Änderungen seit 2008
• Jeder Kunde hat Anspruch auf eine Überschussbeteiligung.
• Jeder Kunde hat Anspruch auf mindestens eine 50-prozentige Beteiligung an den stillen Reserven, also an den noch nicht realisierten Gewinnen aus Kapitalanlagen. Die Versicherer müssen die stillen Reserven offenlegen und den Kunden jährlich über den auf ihn entfallenden Teil informieren. Diese Regelung gilt seit 2008 auch für alle laufenden Altverträge, jedoch nur für die Restlaufzeit.
• Jeder Kunde hat Anspruch auf einen Rückkaufswert bei Kündigung. Der Rückkaufswert wird nach dem Deckungskapital und nicht mehr nach dem unklaren Zeitwert berechnet. Diese Neuregelung gilt nur für Neuverträge seit dem 1. Januar 2008.
• Die Abschlusskosten von Lebensversicherungen werden zwin-gend auf fünf Jahre verteilt. Davon profitieren alle Kunden, die in den ersten Jahren kündigen. Sie bekamen bisher nahezu nichts von ihren eingezahlten Beiträgen zurück, da davon – häufig in den ersten zwei Jahren – erst einmal die Abschlusskosten bezahlt wurden. Jeder Kunde hat vor Abschluss Anspruch auf eine ausführliche schriftliche Information, unter anderem sollen die wichtigsten Punkte auf einem Blatt zusammengefasst werden.
• Jeder Vertreter muss den Kunden beraten und die Beratung dokumentieren.
• Dem Kunden muss vor Vertragsabschluss die Höhe der Abschluss- und Vertriebskosten mitgeteilt werden.
Wie finden Sie den richtigen Anbieter?
Besonders wichtig ist beim Abschluss einer Kapitallebensversicherung die Wahl der richtigen Gesellschaft, denn die Überschussbeteiligung und damit die Rendite war zwischen den einzelnen Unternehmen in der Vergangenheit sehr unterschiedlich. Damit ist auch in Zukunft zu rechnen. Eine Kapitallebensversicherung hat gegenüber anderen Geldanlagen zudem einen großen Nachteil: Sie sollte aus Renditegründen unbedingt bis zum Ende durchgehalten werden und ist somit unflexibel – ein weiterer wichtiger Grund für eine sorgfältige Auswahl des Versicherers. Zeitschriften wie Finanztest, Capital oder auch der Branchendienst map-report (map-report*de) veröffentlichen immer wieder Bewertungen von Lebensversicherungsunternehmen und sind so eine gute Hilfe bei der Suche nach der besten Versicherung.
Wenn Sie eine Kapitallebensversicherung abschließen wollen, sollten Sie die Renditeversprechen der Vertreter nicht unbedingt für bare Münze nehmen. Fragen Sie auch nach der Vergangenheitsrendite. Diesen auch für die Zukunft oft realistischeren Wert vergleichen Sie dann sowohl mit anderen Lebensversicherungen als auch mit anderen Formen der Geldanlage, zum Beispiel Aktienfonds.
Holen Sie vor Abschluss mehrere Angebote ein, und vergleichen Sie diese. Vor allem Direktversicherer sind interessant, denn diese sind in der Regel kostengünstiger. Machen Sie den Unternehmen genaue Vorgaben zu Todes-fallsumme, Monatsbeitrag und Laufzeit. Vorbildlich ist es, wenn der Versicherer Ihnen dann eine vollständige Übersicht über den Ablauf der Versicherung mit Rückkaufswerten und Todesfallleistungen vorlegt – vor Abschluss natürlich.
Wie hoch sollten Sie die Versicherungssumme wählen?
Wie der Name schon sagt, sollte man von einer Lebensversicherung leben können – entweder im Erlebensfall man selbst oder sonst die Hinterbliebenen. Eine Versicherungssumme von 50000 Euro ist da schon die unterste Grenze. Verrentet ergibt diese Summe vielleicht 1000 Euro im Monat, kann also bestenfalls ein Zusatzeinkommen sein. Sie sollten daher eher schon Summen von 100000 Euro oder darüber wählen.
Gar nicht wenige Menschen schließen aber Verträge mit geringeren Summen ab. Der Grund ist einfach: Sie können sich keine höheren Monatsbeiträge leisten, und der Vertreter möchte trotzdem zum Abschluss kommen. Eine Summe von 25 000 oder 50000 Euro reicht sicher nicht aus, um eine Familie ausreichend zu versorgen. Sind Sie erwerbstätig und haben Sie einen Ehepartner oder eine Familie zu versorgen, dann sollte Ihre Versicherungssumme so bemessen sein, dass Ihre Hinterbliebenen angemessen versorgt sind. Denn sonst ist ein monatlicher Beitrag hinausgeschmissenes Geld!
123Versicherung Ratgeber Tipp
Mit einer Risikolebensversicherung (siehe oben) können gerade junge Ernährer Hinterbliebene viel besser und preiswerter absichern als mit einer Kapitallebensversicherung!