Begutachtungsverfahren der Pflegeversicherung
Die Ernährung
Unter Ernährung werden folgende Verrichtungen erfasst:
Mundgerechte Zubereitung:
Ein Beispiel, um die Abgrenzung zur hauswirtschaftlichen Versorgung zu erläutern: Das Schmieren eines Brotes ist Hauswirtschaft. Das Zerschneiden in kleine Stücke fällt unter den Punkt „Mundgerechte Zubereitung“, zählt also zu den körperbezogenen Verrichtungen. Am besten verdeutlichen Sie sich, dass alles, was Sie in der Küche tun (Brote schmieren), zur hauswirtschaftlichen Versorgung zählt. Alles, was Sie in Anwesenheit des Versicherten und unmittelbar vor oder während der Nahrungsaufnahme durch diesen unternehmen, zählt zur Pflege. Neben allen Zerkleinerungsarbeiten ist hier das Öffnen von Getränkebehältnissen (aber nicht das öffnen von Nahrungsbehältnissen, etwa Marmeladegläsern oder Fischkonserven) und das Einschenken von Getränken in Gläser, Tassen oder Schnabelbecher zu nennen.
Orale Aufnahme der Nahrung:
Wenn der Versicherte die Nahrung nicht mehr völlig selbstständig zu sich nehmen kann, wird der entsprechende Hilfebedarf hier aufgelistet. Zur Nahrung zählt selbst-verständlich feste Nahrung gleichermaßen wie die orale Aufnahme von Getränken. Bei den Hauptmahlzeiten wird der Zeitwert für Essen und Trinken als ein einziger Minutenwert (zum Beispiel Mittagessen: 15 Minuten) genannt. Daneben werden zusätzliche Zeiten angerechnet, wenn zwischendurch Getränke gereicht werden, was ja bei gesunden Menschen absolut normal ist und für pflegebedürftige Menschen ebenfalls meistens erforderlich ist.
Aufnahme der Nahrung per Sondenkost:
Personen, die auch bei maximaler Fremdhilfe nicht mehr in der Lage sind, Nahrung zu sich zu nehmen, erhalten einen künstlichen Zugang zum Magen. Entweder wird eine so genannte Magensonde über die Nase gelegt oder eine PEG-Sonde, die durch die Bauchdecke direkt in den Magen reicht. Ungeachtet dessen, ob man die Nahrung manuell über den Schlauch zuführt oder eine automatische Pumpe diese Arbeit erledigen lässt, werden pro Tag maximal 30 Minuten angerechnet. Allerdings sind Mischformen statthaft, in denen neben der Sondenkost auch Flüssigkeit oder breiige Nahrung oral zugeführt wird. Das heißt, dass in beiden Bereichen Minutenwerte gleichzeitig anerkannt werden können.
Die Mobilität
Unter Mobilität werden folgende Verrichtungen erfasst: Aufstehen/Zu-Bett-Gehen:
Hier ist Aufmerksamkeit angeraten. .Oftmals wird unter diesem Punkt nur das morgendliche Aufstehen und das abendliche Zu-Bett-Gehen berücksichtigt, eventuell noch ein weiterer Aufwand wegen Mittagsschlaf. Tatsächlich kann sich hier aber durchaus erheblicher Hilfebedarf verstecken. Bleibt ein Versicherter zum Beispiel wegen körperlicher Schwäche überwiegend im Bett, sucht aber noch die Toilette auf, so muss man ihn wohl oder übel für jeden Toilettengang aus dem Bett holen. Dabei kann es durchaus Vorkommen, dass zehn- oder zwölfmal ein Aufstehen notwendig ist. Nicht angerechnet wird Hilfebedarf bei Aufstehen, wenn es nur eine Verrichtung zum Zweck hat, die gesetzlich nicht anerkannt wird. Wer also sein Bett verlässt, um zum Fernseher zu gelangen, wird diesbezüglichen Hilfebedarf nicht angerechnet bekommen.
Umlagern:
Unter diesem Punkt wird nur dann Hilfebedarf anerkannt, wenn der Versicherte selbst nicht mehr zu den kleinen, unbewussten Bewegungen in der Lage ist, mit denen wir uns beim Schlafen immer wieder Druckentlastung verschaffen. Ohne diese kleinen Bewegungen würde es sehr schnell zum Wundliegen kommen.
Umlagern ist auch erforderlich, wenn ein Versicherter im Gegenteil sehr unruhig ist und es immer wieder schafft, so lange im Bett zu „rotieren“, bis er in einer Lage angekommen ist, aus der er sich nicht mehr befreien kann. Je nach Risikofaktoren wird von einem Umlagerungsrhythmus von zwei bis drei Stunden ausgegangen.
Ankleiden komplett:
Beim Ankleiden funktioniert die Eintragung genau so wie beim Waschen. Entweder wird bei Ankleiden gesamt eingetragen oder bei den Teilbereichen Ober- oder Unterkörper.
Wichtig: Die Minutenwerte betreffen nur das eigentliche Ankleiden von normaler Straßen- oder Nachtbekleidung. Müssen zusätzlich noch Stützmieder, Kompressionsstrümpfe, Beinprothesen oder spezielle orthopädische Stiefel angezogen werden, so wird der Zeitwert hierfür vom Gutachter individuell festgestellt und zu den Zeiten für das Ankleiden hinzugerechnet.
Ankleiden Ober-/Unterkörper:
Hier wird nur eingetragen, wenn der Versicherte lediglich geringfügige Hilfen benötigt, die dann auf Unter- oder Oberkörper beschränkt sind.
Entkleiden komplett:
Hier gelten die gleichen Regeln wie beim Ankleiden.
Entkleiden Ober-/Unterkörper:
Hier gelten die gleichen Regeln wie beim Ankleiden des Ober- oder Unterkörpers. Gehen:
Auch hier gilt: Hilfe beim Gehen wird nur anerkannt, wenn eine gesetzliche Verrichtung das Ziel des Ganges ist. So wird zum Beispiel der Gang auf die Toilette anerkannt, wenn auf der Toilette ebenfalls Hilfe erforderlich ist. Generell kann man sagen, dass Hilfe beim Gehen nie erforderlich ist, wenn bei anderen Verrichtungen keine Hilfe notwendig ist. Hilfe beim Gehen steht also nie allein; ohne daran geknüpfte andere Verrichtungen wird in diesem Bereich nichts anerkannt.
Andersherum bedeutet dies, dass Hilfe beim Gehen im Alltag zwar durchaus erforderlich sein kann, etwa beim Besuch der Verwandten oder beim Spazierengehen, dies aber für die Pflegeversicherung nicht von Bedeutung ist.
Wichtig: Hilfe beim Gehen wird nur bei damit verbundenen Hilfen im Bereich Körperpflege anerkannt, nicht im hauswirtschaftlichen Bereich. Eine beim Einkauf nötige Gehhilfe wird nicht berücksichtigt.
Stehen und Transfer:
Transfers und Hilfen beim Stehen sind immer dann erforderlich, wenn man von einem Hilfsmittel in ein anderes befördert werden muss, zum Beispiel vom Rollstuhl ins Bett. Bei Rollstuhlfahrern ist auch das Umsetzen vom Rollstuhl aufs WC und zurück zu berücksichtigen.
Treppensteigen:
Hilfe beim Treppensteigen wird nur in Verbindung mit gesetzlichen Verrichtungen anerkannt. Wenn ein Versicherter beispielsweise in einem Haus lebt, in dem er im ersten Stock schläft, das Erdgeschoss jedoch aufsuchen muss, weil sich dort das Badezimmer befindet, dann wird Hilfe beim Treppensteigen berücksichtigt. Benötigt der Versicherte jedoch Hilfe beim Treppensteigen, um sich im ersten Stock auf den Balkon zu setzen, um von dort aus die Aussicht zu genießen, so wird dies nicht berücksichtigt, da es sich nicht um eine gesetzliche Verrichtung handelt. Auch die Treppe vor dem Haus spielt nur dann eine Rolle, wenn sie zum Zwecke eines Arzt- oder Therapeutenbesuchs überwunden werden muss. Spazieren gehen mag sicherlich gesund und wichtig sein, jedoch nicht im Sinne der Pflegeversicherung, Treppensteigen deswegen wird also nicht anerkannt.
Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung:
Dieser Punkt kann nur zum Tragen kommen, wenn ein medizinischer oder therapeutischer Nutzen damit verbunden werden kann. Im Wesentlichen trifft dies zu, wenn ein Arztbesuch oder ein Besuch bei einer Therapie, beispielsweise Krankengymnastik, absolviert werden muss. Das Verlassen des Hauses zum Zweck privater Erfordernisse (Besuche oder Spaziergänge) wird regelmäßig nicht angerechnet.
Was den Zeitbedarf angeht, sind große Unterschiede möglich. Zu diesem Punkt zählt nämlich nicht nur das reine Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, sondern auch die Zeit dazwischen – wenn die Notwendigkeit besteht. So kann es zum Beispiel Vorkommen, dass ein gehbehinderter Versicherter Hilfe beim Verlassen des Hauses und beim Einsteigen in ein Taxi benötigt, um so den Arzt erreichen zu können. Im Taxi benötigt er aber keine Aufsicht, erst beim Aussteigen wird wieder eine Hilfeleistung notwendig. In diesem Fall werden nur die Zeiten der echten Hilfeleistung angerechnet, nicht aber die Fahrzeit. Dabei bleibt es völlig unberücksichtigt, dass die Hilfsperson gezwungenermaßen mitfahren muss, um am Ankunftsort für die dann notwendige Hilfeleistung zur Stelle zu sein. Es zählen nur die Zeiten, in denen tatsächlich und aktiv Hilfe geleistet wird. Insofern stellen sich in diesem Szenario geistig verwirrte Menschen besser, da sie oftmals ständige Aufsicht benötigen, damit es nicht im Taxi zu unvermuteten Verwicklungen kommt. Insgesamt wird der Gutachter die jeweilige Situation sehr genau hinterfragen.
Nicht vergessen werden darf, dass bei diesem Punkt ebenfalls die Mindestanzahl von einmal je Woche eingehalten werden muss, um Anrechenbarkeit zu erreichen, und zwar sind dabei Arzt- und Therapiebesuche getrennt voneinander zu werten. Besuche bei verschiedenen Ärzten und verschiedenen Therapieformen sind dann jedoch wieder zusammenzählbar.