Der Leistungskatalog der Unfallversicherung ist recht umfangreich. Verkürzt gesagt: Sie kommt für alle Kosten auf, die mit dem Unfall Zusammenhängen. Das beginnt beim Transport von der Unfallstelle ins Spital und geht weiter über die Spital- und Arztrechnungen sowie die Taggeldzahlungen für den Lohnverlust bis hin zu den Leistungen bei
• Heilbehandlung
• Hilfsmittel
• Übernahme von Sachschäden
• Reise-, Transport-, Rettungs- und Bestattungskosten
• Taggelder
• Invalidenrente
• Witwen- und Waisenrente
• Hilflosen Entschädigung
• Integritätsentschädigung
Invalidität: Rente und lntegritatsentschädigung. Zunächst nun die Leistungen, die in den ersten Wochen und Monaten nach einem Unfall in Frage kommen.
Tipp: Wer über den Arbeitgeber gegen Unfall versichert ist, kann bei der Krankenkasse die Unfalldeckung ausschließen und jeden Monat ein paar Prämienfranken sparen. Die Unfallversicherung übernimmt ja alle Heilungskosten. Geben Sie allerdings die Erwerbstätigkeit wieder auf, dürfen Sie nicht vergessen, den Unfall bei der Krankenkasse wieder einzuschließen.
Medizinische Abklärungen, Behandlungen, Therapien
Die Unfallversicherung kommt direkt für die Kosten der gesamten medizinischen Behandlung nach einem Unfall auf: für Spital- und Arztkosten, Medikamente, Therapien etc. Die Versicherten können Ärztin, Zahnarzt, Chiropraktorin und Spital frei wählen; im Spital werden die Kosten für die allgemeine Abteilung übernommen. Auch notwendige Behandlungen im Ausland werden bezahlt, allerdings nur bis zum Doppelten dessen, was die Behandlung in der Schweiz gekostet hätte. Kuraufenthalte im Anschluss an die Heilbehandlung werden ebenfalls übernommen. Vorausgesetzt ist jedoch, dass ein solcher Aufenthalt für den Heilungsprozess nützlich und notwendig ist. Verlangt wird in jedem Fall eine ärztliche Verordnung.
Unterschied Krankenversicherung und Unfallversicherung
Auch die Krankenkassen kommen für Heilbehandlungen auf. Doch als Unfallversicherte haben Sie einige Vorteile: Die Arztrechnungen gehen direkt an die Unfallversicherung; Sie müssen sie nicht zuerst selber bezahlen und nachher zurückfordern. Vor allem aber: Die Unfallversicherung erhebt weder Selbstbehalte noch Franchisen. Klären Sie zuerst ab, ob die Unfallversicherung die Kosten übernimmt. Auch wenn Sie eine Badekur persönlich für noch so hilfreich halten: Es braucht immer eine ärztliche Verordnung und eine Kostengutsprache der Versicherung. Fragen Sie bei der Unfallversicherung also nicht erst an, ob die Kur übernommen wird, wenn Sie bereits in Laugenbad durchgeknetet werden. Sonst müssen Sie zu guter Letzt doch noch selbst dafür bezahlen.
Bezahlt wird, was nötig ist
Bei sämtlichen Behandlungen überprüft die Versicherung, ob sie zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Sie kann auch erfolgversprechende Behandlungen und Therapien vorschlagen. Trägt eine vorgesehene Behandlung zur Heilung nichts bei oder stehen die Heilungschancen in keinem Verhältnis zu den Kosten, muss sie die Unfallversicherung nicht bezahlen.
Beispiel: Die Schauspielerin Gerda L. prallt bei Theaterproben im Dunkeln hinter der Bühne mit dem Kopf gegen eine Stange. Dabei bricht der linke vordere Schneidezahn ab. Um ihre Filmkarriere voranzutreiben, möchte sie bei dieser Gelegenheit ihr Gebiss mit Implantaten und schneeweißen Haftschalen dem Hollywood-Ideal angleichen. Die Unfallversicherung ist aber nur bereit, eine Jacketkrone für den abgebrochenen Schneidezahn zu übernehmen. Zusätzliche kosmetische Zahnarztbehandlungen muss Frau L. selbst bezahlen.
Um solche Fragen zu klären, haben die Unfallversicherer ihre vertrauensärztlichen Dienste. Insbesondere die Suva verfügt über einen gut ausgebauten kreisärztlichen Dienst. Die Kreisärzte untersuchen die Verunfallten periodisch und erstatten der Suva Bericht. An dieser Stelle muss auch gesagt werden: Die Berichte der Kreis- und Vertrauensärzte fallen vielfach eher zuungunsten der Versicherten aus – was insofern verständlich ist, als diese Ärzte von der Versicherung und nicht vom Patienten bezahlt werden. Die Berichte der Vertrauens- und Kreisärzte sind in der Regel mit Vorsicht zu gemessen. Ergehen sich hier Schwierigkeiten, legen Sie den Bericht Ihrem Hausarzt für eine Beurteilung vor und holen Sie wenn nötig rechtlichen Rat ein.
Sie nachdem wie der Bericht des Vertrauensarztes ausfällt, wird die Versicherung anordnen, dass ein Verunfallter nach einer gewissen Zeit seine Arbeit ganz oder teilweise wieder aufnimmt. In diesem Bereich kommt es in der Praxis immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten. Oft findet der Versicherungsarzt eine Rückkehr an den Arbeitsplatz zumutbar, während die Hausärztin die Situation ganz anders einschätzt. Wie geht man dabei vor? Eine mögliche Lösung besteht darin, ein neutrales Gutachten zu verlangen (das von der Versicherung zu bezahlen ist). Bringt das Gespräch mit der Versicherung — oder zwischen Haus- und Versicherungsarzt – keine Klärung, wird die Versicherung eine Verfügung erlassen. Den Versicherten bleibt dann nur noch, diese auf dem Rechtsweg anzufechten.
Hilfsmittel und Sachschäden
Die Abgabe von Hilfsmitteln – zum Beispiel von Prothesen oder Hörgeräten – ist eigentlich nicht primär die Sache der Unfallversicherung. Dafür zuständig ist vor allem die Invalidenversicherung. Trotzdem gibt es eine Liste von Hilfsmitteln, die von der Unfallversicherung abgegeben werden können.
Tipp: Die Unfallversicherung ist großzügiger als die IV. Es kann sich deshalb lohnen, abzuklären, ob ein benötigtes Hilfsmittel allenfalls vom Unfallversicherer übernommen wird.
Hilfsmittelliste der Unfallversicherung (Auszug)
• Prothesen (Fuß-, Bein-, Hand- und Armprothesen, Brustexoprothesen)
• Stütz- und Führungsapparate für Beine und Arme
• Orthopädische Stützkorsetts
• Orthopädische Maß Schuhe, Schuheinlagen, orthopädische Änderungen an Schuhen
• Augenprothesen, Ersatzstücke für Ohrmuschel, Nasen und Kiefer, Zahnprothesen, Perücken
• Hörapparate
• Brillen und Kontaktlinsen
• Sprechhilfegeräte
• Rollstühle ohne und mit elektromotorischem Antrieb
• Blindenlangstöcke und Lupenbrillen
• Gehhilfen (Krückstöcke, Gehwegen und Gehröcke)
Die vollständige Liste finden Sie im Internet unter admin*ch
( Dienstleistungen – Bundesgesetze – Systematische Rechtssammlung
-> Stichwort: Unfallversicherung).
Zerrissene Kleider, kaputte Uhren und andere Sachschäden bezahlt die Unfallversicherung nicht. Das gehört zu den Aufgaben der Hausrat oder Insassenversicherung oder allenfalls der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Als Ausnahme gibt es einen sehr eingeschränkten Bereich zerstörter Gegenstände, die von der Unfallversicherung ersetzt werden. Es geht vor allem um den Ersatz beschädigter Prothesen – auf Juristisch: Hilfsmittel, die einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
Reise-, Transport-, Rettungs- und Bestattungskosten
In diesem Bereich übernimmt die Unfallversicherung die vollen Auslagen. Anders als bei der Krankenversicherung sind also die ganzen Kosten des Rettungswagens gedeckt – zumindest in der Schweiz. Fallen Transport- und Rettungskosten im Ausland an, besteht eine obere Grenze: Versichert ist ein Fünftel des maximalen versicherten Jahres-verdienstes. Das sind 21 360 Franken (Stand 2007). Auch bei den Bestattungskosten sind Höchstvergütungen festgesetzt: Was über das Siebenfache des maximalen versicherten Tagesverdienstes hinausgeht, wird nicht bezahlt – mit zurzeit 2051 Franken nicht sehr großzügig. Bei Leichentransporten kommt die Unfallversicherung für die notwendigen Kosten der Überführung an den Bestattungsort auf. Die Gerichte hatten sich hier schon mit einigermaßen makabren Fragen zu beschäftigen – ein Mütterchen.
Urteil: Das Eidgenössische Versicherungsgericht entschied in einem Fall aus dem Kanton Tessin, dass die Unfallversicherung nur die Kosten für die Überführung einer Leiche vom Spital in Mendrisio zum Friedhof in Riva San Vitale übernehmen müsse. Nicht zu vergüten seien die Kosten für den Transport nach Massagno, wo in der Kirche vor der Beerdigung der Trauergottesdienst abgehalten wurde. Den Transport des leeren Sarges an den Ort, wo der Verunfallte verstorben war, das Einsargen der Leiche sowie die Administrativkosten des Bestattungsinstituts musste die Versicherung hingegen bezahlen.
Taggelder als Lohnersatz
Taggelder sind der Lohnersatz, wenn Sie nach einem Unfall arbeitsunfähig und in medizinischer Behandlung sind. Sie werden nicht wie der Lohn nach Monaten, sondern tageweise berechnet. Die meisten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeiten dauern ja nicht exakt eine Anzahl Monate. Die Taggelder der Unfallversicherung machen 80 Prozent des letzten vor dem Unfall bezogenen Lohnes aus (maximal versichert ist ein Lohn von 106 800 Franken). Die Taggelder erhalten Sie als Angestellter nicht direkt vom Unfallversicherer, sondern über den Arbeitgeber. Ihm melden Sie den Unfall und er wickelt dann alles mit dem Versicherer ab. Viele Arbeitgeber haben für ihre Angestellten eine Zusatzversicherung abgeschlossen. Ist dies in Ihrem Betrieb der Fall, erhalten Sie nach einem Unfall weiterhin den vollen Lohn. Besteht keine Zusatzversicherung, überweist Ihnen der Arbeitgeber das, was er von der Unfallversicherung erhält, also 80 Prozent des bisherigen Lohnes. )e nach persönlicher Situation kann es sinnvoll sein, die Differenz privat zu versichern.
Ihre Lohnabrechnung wird unter Umständen anders aussehen als bisher. Die Unfallversicherung rechnet in Tagen und nicht in Monaten, zudem müssen manchmal auch Differenzen ausgeglichen werden zwischen dem, was Ihnen der Arbeitgeber bereits bezahlt hat, und dem, was er von der Unfallversicherung tatsächlich erhält.
Unfalltaggelder werden so lange ausbezahlt, bis der Gesundheitszustand stabilisiert ist. Wenn alles gut geht, ist der Versicherte dann geheilt und hat seine frühere Arbeitsfähigkeit wieder erlangt. Bleibt nach Abschluss der medizinischen Behandlungen und Therapien eine dauerhafte Schädigung, muss dem Versicherten eine Rente zugesprochen werden.
Achtung: Sollte Ihr Arbeitsverhältnis nach dem Unfall aufgelöst werden, müssen Sie die Kündigung frühzeitig der Unfallversicherung melden und ein Konto angeben, wohin die Taggelder nun überwiesen werden sollen. Sonst gehen die Zahlungen weiter an den ehemaligen Arbeitgeber und Sie müssen Ihrem Geld nachrennen.
Taggeld oder Rente: Was ist besser?
Die Phase der Taggeldzahlungen kann unter Umständen mehrere Jahre dauern. Es besteht jedoch kein Grund, auf eine rasche Rente zu drängen. Denn bei Taggeldern, die länger als drei Monate ausbezahlt werden, gibt es eine Anpassungsklausel: Ist davon auszugehen, dass ein Versicherter ohne Unfall eine Lohnerhöhung von mindestens zehn Prozent erhalten hätte, wird das Taggeld angepasst. Renten dagegen werden aufgrund des letzten Lohnes vor dem Unfall berechnet und eine Anpassung an wahrscheinliche Lohnerhöhungen ist nur möglich, wenn seit dem Unfall mindestens fünf Jahre vergangen sind. Belinda M. arbeitete Teilzeit als Nachtschwester im Kantonsspital, als sie im August in einen Auffahrunfall geriet. Wegen hartnäckiger Unfallbeschwerden ist sie über Monate hinaus nur teilweise arbeitsfähig. Mit der Stationsschwester war an sich abgemacht, dass Frau M. ab Oktober ihr Pensum von 50 auf 70 Prozent aufstocken könne. Das ist nach dem Unfall vorläufig nicht möglich. Ein schriftlicher Vertrag besteht nicht, doch die Stationsschwester bestätigt gegenüber der Versicherung, dass das höhere Pensum schon vor dem Unfall abgemacht war. Deshalb erhält Belinda M. ab Oktober ein Taggeld auf der Basis des höheren Pensums. Weil Taggeld und Rente unterschiedlich berechnet werden, fahren Sie mit dem Taggeld praktisch immer besser. Das gilt umso eher, je länger der Unfall zurückliegt. Vom Grundsatz her gilt also: Solange Taggelder bezahlt werden, besteht kein Grund, auf eine Rente zu drängen.