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Falsche Versicherungsgesetze durch Missverständnisse um Versicherung Teil I

In Deutschland gibt es leider nur wenige Versicherungsunternehmen, die verbraucherorientiert sind und günstige Versicherungen anbieten – meistens Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (WaG) und Direktversicherer, die ohne Vermittler arbeiten. Allerdings sind auch einige Vereine inzwischen verlottert, weil sie durch irgendwelche Cliquen beherrscht werden. Im Grunde betreiben aber Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit seit Jahrhunderten Versicherung in ihrer Urform:

Der Einzelne kann sich bei großen Schäden nicht alleine helfen. Also schließen sich viele Menschen zusammen, stellen Beiträge für die – nach dem Gesetz der Großen Zahl – zu erwartenden Schadensfälle bereit und lassen dieses Geld durch den Verein einsammeln und an die von Unglücksfällen Betroffenen verteilen. Damit die Versicherung auch wirklich sicher ist, werden zu den kalkulierten Beiträgen so genannte Sicherheitszuschläge hinzugerechnet, die regelmäßig übrig bleiben. Sie werden an die Versicherten, die gleichzeitig Vereinsmitglieder sind, zurückerstattet oder – im Eigentum des Vereins, also der Versicherten – als Reserven zurückgelegt.

Die Versicherungsvereine funktionierten friedlich, ihre Arbeitsweise war transparent. Versicherung war, was sie eigentlich auch nur sein kann: die Gemeinschaftsleistung der Versicherten – gegenseitige Hilfe! Mit dem Geld der Versicherten wurden und werden auch heute noch – ob Versicherungsverein oder Aktiengesellschaft – die Schäden bezahlt (womit denn sonst?). Dann vor etwa 150 Jahren der große Umbruch: Clevere Geschäftemacher kamen auf die Idee, Versicherungs-Aktiengesellschaften zu gründen und die Arbeitsweise der Versicherungsvereine zu kopieren – mit dem teuflischen Hintergedanken, die stets übrig bleibenden Sicherheitszuschläge als Gewinn einzustecken. Sie gaben vor, Versicherung produzieren und verkaufen zu können. Sie nannten die Beiträge künftig Prämien und schafften das Eigentum der Versicherten an Beiträgen, Sicherheitszuschlägen und Reserven ab, wofür es bis heute keinerlei rechtliche und wirtschaftliche Begründung gibt.

Ein Beispiel:
Sie haben Ihr Auto in die Werkstatt gebracht und wollen es durch einen Taxifahrer abholen lassen. Sie wissen nicht genau, wie viel die Reparatur kostet. Man hat Ihnen gesagt: Wenn nichts Besonderes anfällt, um die 600 Euro. – Sie geben dem Taxifahrer sicherheitshalber 1000 Euro mit. Tatsächlich sind bei der Reparatur keine Extras hinzugekommen. Der Taxifahrer liefert am nächsten Tag den Wagen und eine Quittung über 618 Euro ab, aber kein Geld. Er sei noch mit einem Kollegen, der ihn zur Werkstatt gefahren habe, und zwei Freundinnen ausgegangen, habe viele Kosten gehabt. Und der Rest der 1000 Euro sei sein Gewinn.

Sie sind da sicher anderer Meinung, aber: So funktioniert Versicherung durch Aktiengesellschaften! Genauso wie Sie und jeder vernünftige Mensch beurteilt auch die Bundesregierung diesen Sachverhalt. Sie hat schon im Jahre 1982 geäußert, dass die Überschüsse aus den Versicherungsbeiträgen und die nicht benötigten Sicherheitszuschläge eigentlich ungeschmälert den Versicherten gutgebracht werden müssten, dass dies aber derzeit nicht der Fall sei, weil die Gesellschaften vorher ihre unternehmerischen Verluste aus allen möglichen Bereichen mit diesen Überschüssen voll zu Lasten der Versicherten saldieren. Und den Rest lassen sie in dunklen Kanälen verschwinden oder sie stecken ihn als Gewinn ein.

Vor 100 Jahren gab es noch keine staatliche Versicherungsaufsicht und keine gesetzliche Regelung des Versicherungsvertrages. Deshalb konnten die Aktiengesellschaften mit ihrer neuen Arbeitsweise in den Ländern des Deutschen Reiches wahre Raubzüge veranstalten – so ein Abgeordneter Ende 19. Jahrhunderts im Deutschen Reichstag, wo sogar die Forderung nach Verstaatlichung des Versicherungswesens erhoben wurde. Vor 100 Jahren war also der entscheidende Zeitpunkt, in dem die Fragen Was ist Versicherung? und Wie kann Versicherung durch Aktiengesellschaften betrieben werden? hätten beantwortet werden müssen.

Die richtige Antwort wäre gewesen:
Versicherung ist eine Leistung der Versicherten selbst, nämlich die gemeinschaftliche Bereitstellung von Geld zur Beseitigung finanzieller Risiken. Versicherung ist also die Leistung einer Versichertengemeinschaft, die das Geld für die Schadenzahlungen bereitstellt. Versicherung kann auf diese Art und Weise eigentlich nur durch einen Versicherungsverein betrieben werden. Aktiengesellschaften dürften Versicherung nur in der Form organisieren, dass sie das von den Versicherten bereitgestellte Geld – getrennt vom Aktionärsgeld – treuhänderisch verwalten und für ihre Dienstleistung, die Organisation der Versichertengemeinschaft, einen Preis angeben.

Der Gesetzgeber hätte also vorschreiben müssen, dass Aktiengesellschaften eine Prämie aufteilen müssen – z. B. 100 Euro Prämie in 80 Euro Versicherungsbeitrag (für die Schäden) und 20 Euro als Preis für die Organisations-Dienstleistungen der Gesellschaften. Dann wären alle Geldströme fein säuberlich getrennt und korrekt zu verbuchen. Man wüsste, wem welcher Teil der Prämie gehört: 80 Euro der Versichertengemeinschaft, 20 Euro der Gesellschaft. Und die Unternehmen müssten bei ihren Dienstleistungen mit ihren 20 Euro als Entgelt auskommen. Sie könnten bei Kostenverschwendungen und Missmanagement nicht länger in den Schadenstopf mit dem Versichertengeld greifen, was sie derzeit immer reichlich tun.

Denn bei einer ungeteilten Prämie von 100 Euro passiert Folgendes: Die Gesellschaft hat intern 60 Euro Versicherungsbeitrag, 20 Euro Sicherheitszuschlag und 20 Euro für ihre Dienstleistungen kalkuliert. Der Vorstand hat aber Kostenverschwendungen und Missmanagement betrieben, ist also mit den 20 Euro für die Dienstleistungen nicht ausgekommen. Jedes andere Unternehmen würde pleite gehen. Nicht so Versicherungs-Aktiengesellschaften. Sie können bei einer Prämie, in der der Preis für ihre Dienstleistungen und das Versichertengeld für die Schadenzahlungen vermengt sind, auch über die im Schadenstopf übrig gebliebenen Beiträge und Sicherheitszuschläge verfügen. Und mit diesen gleichen sie, ohne dass es jemand merkt, ihre Kostenüberschreitungen aus, und aus diesen genehmigen sie sich auch noch stattliche Gewinne – selbst nach größtem Missmanagement.

Es kommt aber noch schlimmer: Vor 100 Jahren kamen die Gründer der Versicherungs-Aktiengesellschaften auf die geniale Idee, an die Versicherung auch noch einen Sparvorgang dranzuhängen. Das brachte noch mehr Geld in ihre Kassen, über das sie weitgehend beliebig verfügen konnten. Heute gibt es diese Sparvorgänge bei Lebens-und privaten Rentenversicherungen, bei Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr und seit 1996 auch zur privaten Arbeitslosigkeitsversicherung, die deshalb wohl auch scheiterte. Also können die Gesellschaften nun noch mit den etwa 30 Milliarden Euro Spargeld, das die Versicherten zurzeit pro Jahr an Versicherungsunternehmen zahlen, mit den Kapitalanlagen von mehreren hundert Milliarden Euro und mit den Erträgen aus diesem Treuhandgeld weitgehend beliebig umgehen. Sie können diese Spargelder der Versicherten und deren Erträge missbrauchen und sogar Teile davon in dunklen Kanälen verschwinden lassen.

Weiterlesen – Falsche Versicherungsgesetze durch Missverständnisse um Versicherung Teil II

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