Angeborene Stoffwechselerkrankung
Sachverhalt: Hier ging es darum, ob der Mindestgrad der Pflegebedürftigkeit erreicht wird, der Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung begründet. Die 1981 geborene Klägerin leidet an Phenylketonurie, einer angeborenen Stoffwechselerkrankung. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Pflegegeld ab. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen, das LSG hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) ist ebenso wie das SG und die Beklagte der Auffassung, dass ein Pflegebedarf im Mindestumfang der Pflegestufe 1 nicht besteht. Denn der Pflegebedarf der Klägerin bestehe fast ausschließlich in der Einhaltung einer strengen Diät und damit im Bereich der Hauswirtschaft. Die Einnahme von Medikamenten sei der einfachen Behandlungspflege zuzurechnen. Ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege im Sinne des § 14 Abs. 4 Ziffern 1-3 SGB XI sei damit nicht gegeben, sodass die Voraussetzungen der Pflegestufe 1 nicht erfüllt seien.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, die stoffwechselgerechte Portionszubereitung und Aufnahme der Nahrung sowie die Anleitung zur Einsicht in die Not-wendigkeit der bestimmten Lebensmittelgaben mit dem Ziel der Vermeidung von Verweigerungen der Nahrungsaufnahme und damit der Eigengefährdung gehöre zu dem Bereich der Ernährung und damit zur Grundpflege. Bei Kindern komme es aber auch nicht darauf an, dass Hilfebedarf sowohl im Bereich der Grundpflege als auch im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehe. Ausreichend sei hier bereits, dass im Bereich der Hauswirtschaft ein hoher zeitlicher Mehraufwand im Vergleich zur Versorgung gesunder gleichaltriger Kinder entstehe.
Entscheidung:
Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen. Das Gesetz fordert für die Pflegestufe 1 zwingend einen Hilfebedarf von zumindest 45 Minuten im Bereich der Grundpflege, der hier fehlt. Einen Aufsichtsbedarf bei der Nahrungsaufnahme, der bei einem an Phenylketonurie leidenden, für die Auswirkungen einer Fehlernährung noch nicht einsichtsfähigen Kleinkind vorliegen könnte, hat das LSG bei der damals schon 14-jährigen Klägerin nicht festgestellt. Für ein Außerachtlassen der für die Grundpflege vorgeschriebenen Mindestvoraussetzungen bei Kindern bzw. Jugendlichen, wie es die Klägerin fordert, besteht keine gesetzliche Grundlage. Der Gesetzgeber wollte bei Einführung der Pflegeversicherung bewusst nicht bei jeder Form eines Pflegebedarfs auch entsprechende Leistungen gewähren. Die Leistungen bei häuslicher und teilstationärer Pflege haben gegenüber der fortbestehenden Notwendigkeit von Pflegeleistungen durch Familienangehörige, Nachbarn oder sonstige ehrenamtliche Pflegekräfte nur ergänzende Funktion (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI). Im Übrigen kommen ergänzende Leistungen der Sozialhilfe in Betracht. (Bundessozialgericht, 19.02.1998 / SG Oldenburg – S 9a P 90069/95 / LSG Niedersachsen – L 4/3 P 10/96 – B 3 P 5/97 R)