Finanzbuchhaltung | Betriebsbuchhaltung (Kosten- und Leistungsrechnung) |
Aufwand ● Güter- und Leistungsverzehr, der in Geld ausgedrückt wird ● auf eine Abrechnungsperiode bezogen ● beruht auf Ausgaben Ertrag ● Güter- und Leistungsentstehung, ausgedrückt in Geld ● auf eine Abrechnungsperiode bezogen ● führt zu Einnahmen | Kosten ● betrieblich bedingter Güter- und Leistungsverzehr, der in Geld ausgedrückt wird ● perioden-, stück- oder leistungsbezogen
Leistungen ● unabhängig von Ausgaben Leistungen ● betrieblich bezweckte Güter- und Leistungsentstehung, ausgedrückt in Geld ( ● perioden-, stück- oder leistungsbezogen ● unabhängig von Einnahmen |
Im Rahmen der Finanzbuchhaltung wurde bereits gezeigt, dass Ausgaben bzw. Ein-nahmen nicht immer deckungsgleich sind mit Aufwendungen bzw. Erträgen, sodass eine Rechnungsabgrenzung durchgeführt werden musste. Die Betriebsbuchhaltung kennt wiederum die Begriffe Kosten und Leistungen und grenzt sie von den Aufwendungen und Erträgen ab.
– Abgrenzung von Ausgabe, Aufwand und Kosten
► Definitionen
Ausgaben sind sämtliche baren und unbaren Geldabflüsse in einer Wirtschaftsperiode (Geschäftsjahr).
Beispiel:
*Der am 1. Juli fällige Jahresbeitrag in Höhe von 200,00 € zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Agenturbetriebs wird per Bank am gleichen Tag gezahlt.
Der Geldabfluss am 1. Juli d. J. stellt für die Versicherungsagentur eine Ausgabe dar. Als Aufwand bezeichnet man den gesamten in Geld gemessenen Werteverzehr an Gütern und Dienstleistungen während einer Wirtschaftsperiode (Geschäftsjahr).Jeder Aufwand steht im Zusammenhang mit einer Ausgabe und häufig stellt die Ausgabe zugleich auch einen Aufwand dar. Ausgabe und Aufwand können aber auch zeitlich auseinanderfallen.
Beispiel:
*Unter der Annahme, dass das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, fällt der im vorigen Beispiel genannte Jahresbeitrag mit einer Hälfte in das Geschäftsjahr, in dem auch die Ausgabe getätigt wurde, und mit der anderen Hälfte in das nächste Geschäftsjahr.
In jedem der beiden Geschäftsjahre dürfen also nur 100,00 € als Aufwand erfasst werden. Kosten sind hingegen der in Geld gemessene betriebsbedingte Güter- und Leistungs-verzehr zur Erstellung betrieblicher Leistungen. Als Kosten sind nur solche Aufwendungen des Geschäftsjahres anzusetzen, die unmittelbar dem eigentlichen Betriebszweck dienen.
Beispiele:
*Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung wurde von der Agentur abgeschlossen, um Versicherungsschutz bei Beratungsfehlern zu haben. Ferner hat die Agentur Darlehenszinsen für ein Darlehen gezahlt, das für die Modernisierung des teilweise vermieteten Bürohauses eingesetzt wurde.
Der als Aufwand gebuchte Beitrag zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ist betriebsbedingt und stellt demzufolge Kosten dar, während die Darlehensaufnahme und der daraus folgende Zinsaufwand in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem eigentlichen Betriebszweck (Vermittlung, Kundenbetreuung) stehen. Der beschriebene Zinsaufwand
gehört daher nicht zu den Kosten. Die Aufwendungen der Finanzbuchhaltung können also nicht unverändert in die Kostenrechnung übernommen werden. Sie müssen vielmehr abgegrenzt werden (sog. sachliche Abgrenzung).
Nicht jede Ausgabe ist zugleich Aufwand (zeitliche Abgrenzung ist erforderlich).
Nicht jeder Aufwand ist zugleich Kosten (sachliche Abgrenzung ist erforderlich).
► Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Aufwand und Kosten
Aufwendungen | ||
Neutrale Aufwendungen ● betriebsfremd ● periodenfremd ● betriebsgelegentlich ● außerordentlich | Betriebsbedingte (betriebseigentliche) Aufwendungen | |
Grundkosten | Kalkulatorische Kosten ● Anderskosten ● Zusatzkosten | |
Kosten |
Grundkosten
Die betriebsbedingten Aufwendungen, auch Zweckaufwand genannt, decken sich inhaltlich mit dem vorstehenden Kostenbegriff und werden im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung als Grundkosten oder aufwandsgleiche Kosten bezeichnet. Zweckaufwand und damit Grundkosten einer Versicherungsagentur sind beispielsweise:
– Provisionsaufwand
– Mietaufwand
– Verwaltungsaufwand
– Werbe- und Reiseaufwand
– Gehälter
Sie können unverändert aus der Finanzbuchhaltung in die Kostenrechnung übernommen werden. Neutrale Aufwendungen sind:
• Betriebsfremder Aufwand
Der Aufwand dient weder mittelbar noch unmittelbar dem Betriebszweck.
Beispiele: *Spenden, *Verluste bei *Kapitalanlagegeschäften
• Periodenfremder Aufwand
Es handelt sich um Aufwand, der in eine andere Rechnungsperiode gehört.
Beispiel: *Steuernachzahlung für ein anderes Wirtschaftsjahr
• Betriebsgelegentlicher Aufwand
Es liegt zwar ein betrieblicher Umstand zugrunde, der aber nicht die eigentliche betriebliche Tätigkeit ausmacht und deshalb unberücksichtigt bleiben soll.
Beispiel: *Verlust aus dem Abgang von Anlagegegenständen beim Verkauf
• Außerordentlicher Aufwand
Es handelt sich um einen betrieblichen Aufwand, der außergewöhnlich ist und nicht in die Kostenrechnung soll, da er das Betriebsergebnis verfälschen würde.
Beispiel: *Aufwand infolge Geldunterschlagung durch einen Mitarbeiter
*Hinweis:
Da im Schulkontenplan Agenturbuchführung geeignete Konten insbesondere zur
Buchung des periodenfremden und betriebsgelegentlichen Aufwandes fehlen,
wurde hilfsweise auf dem Konto Außerordentlicher Aufwand gebucht. Der gesamte Konteninhalt kann im Rahmen der Kostenrechnung
als Neutraler Aufwand angesehen werden.
►Besonderheit: Aufwendungen für Zinsen in der Kostenrechnung
Zinsaufwendungen entstehen einer Versicherungsagentur insbesondere in folgenden Fällen:
□ Aufnahme eines Darlehens, um die Anschaffung von betrieblich genutzten Anlagegegenständen (z. B. Büromöbel) finanzieren zu können. Für das Darlehen sind regelmäßig Zinsen zu zahlen. Die Agentur bucht bei Zinsbelastung durch die Bank: Zinsaufwand an Bank Die Anschaffung ist betriebsbedingt und der Aufwand hierfür stellt Kosten dar.
□ Aufnahme eines Darlehens (Hypothek oder Grundschuld) im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung eines Geschäftsgebäudes. Auch hierfür sind regelmäßig Zinsen zu zahlen. Die Agentur bucht bei Zinsbelastung durch die Bank: Haus- und Grundstücksaufwand an Bank Bereits in unserem Versicherung-Ratgeber wurde gezeigt, dass der Haus- und Grundstücksauf-wand ein neutraler Aufwand ist, er also Nichtkosten darstellt. Der gebuchte Zinsaufwand für Fremdkapital, das betriebsbedingt eingesetzt wird, kann als Grundkosten in der Kosten- und Leistungsrechnung angesetzt werden. Für die Feststellung des Betriebsergebnisses muss im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung
allerdings auch das eingesetzte Eigenkapital berücksichtigt werden. Hierfür werden kalkulatorische Zinsen angesetzt (siehe weiter unten bei Zusatzkosten).
Anderskosten
Beispiel:
*Der Agenturinhaber hat sein Geschäftsfahrzeug seinerzeit zum Preis von 18 000,00 € erworben und schreibt es 6 Jahre lang linear mit 162/3% = 3 000,00 € jährlich in seiner Geschäftsbuchführung ab. Aufgrund allgemeiner Preissteigerungen muss er in seiner Kostenkalkulation bedenken, dass das Fahrzeug nach Ablauf der Nutzungs-dauer nur zu einem höheren Preis wieder beschafft werden kann.
Bestimmte betriebsbedingte Aufwendungen aus der GuV-Rechnung werden nicht unverändert in die Kosten- und Leistungsrechnung übernommen, da sie kalkulatorisch ungeeignet sind. Aus dem Beispielsfall dürfte ersichtlich sein, dass nicht nur die Abschreibungen während der Nutzungsdauer, sondern auch evtl. Preissteigerungen erwirtschaftet werden müssen, um das Fahrzeug nach Ablauf der Nutzungsdauer ersetzen zu können. Die jeweils gebuchte Abschreibung wird daher in der Kosten- und Leistungsrechnung kalkulatorisch anders angesetzt. Erwartet man eine Preissteigerung in der Zwischenzeit um 10% auf 19 800,00 €, wären jährlich 3 300,00 € (I6 2/3% von 19 800,00 €) als kalkulatorische Abschreibung anzusetzen. Diesen anderen Betrag bezeichnet man als Anderskosten.
In Handel und Industrie kennt man Anderskosten auch noch im Zusammenhang mit den kalkulatorischen Wagnissen (Ansatz von kalkulatorischen Kosten für den Verlust von Rohstoffen, Waren u. dgl. durch Diebstahl, Verderb usw.). Im Rahmen der Kostenrechnung einer Versicherungsagentur können diese Anderskosten vernachlässigt werden, da für die infrage kommenden Wagnisse üblicherweise Versicherungen (z. B. Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung bei falscher Beratung, Einbruchdiebstahl-Versicherung bei Einbruch) abgeschlossen sind. Die Versicherungsbeiträge sind Zweckaufwand und damit als Grundkosten bereits berücksichtigt.
Zusatzkosten
Beispiel:
*Der Agenturinhaber ist als mitarbeitender Unternehmer in seiner Agentur tätig.
Die Gehälter seiner Mitarbeiter werden als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung geführt, während für seine Tätigkeit keine Aufwandsbuchung vorgesehen ist.
Die Tätigkeit des Agenturinhabers muss in der Kosten- und Leistungsrechnung zusätzlich berücksichtigt werden. Dies geschieht durch den Ansatz entsprechender weiterer kalkulatorischer Kosten, die man hier als Zusatzkosten bezeichnet, da es für sie keine Aufwandsbuchung in der Finanzbuchhaltung gibt.
Folgende Zusatzkosten sind im Rahmen der Kostenrechnung für eine Versicherungs-agentur zu berücksichtigen:
• Kalkulatorischer Unternehmerlohn
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) schlägt im Zusammenhang mit dem Angebot zum Betriebsvergleich ein Berechnungs-schema für den kalkulatorischen Unternehmerlohn vor, an das sich nachstehend angelehnt wird.
□ Bei Einzelfirmen, offenen Handelsgesellschaften (OHG), Kommanditgesellschaften (KG) sowie Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR) sind 25 000,00 € pro Inhaber/Teilhaber als Basis anzusetzen.
□ Bei Gesamteinnahmen von mehr als 60 000,00 € pro Inhaber/Teilhaber ist der überschießende Betrag mit zusätzlich 20% anzusetzen.
Beispiel:
*Die Agentur wird von 2 Gesellschaftern in der Form einer offenen Handels-gesellschaft (OHG) betrieben. Die Gesamteinnahmen belaufen sich auf 150 000,00 €. Berechnung: 150 000,00 € – (2 . 60 000,00 €) = 30 000,00 €
überschießender Betrag pro Gesellschafter 20% von 30 000,00 € = 6 000,00 €
(2 . 25 000,00 €) + (2 . 6 000,00 €) 5= 62 000,00 € kalkulatorischer
Unternehmerlohn für beide Gesellschafter zusammen.
□ Bei außerordentlich hohen Gesamteinnahmen sollte der Unternehmerlohn individuell entsprechend dem Bruttogehalt zuzüglich Arbeitgeberanteile vergleichbarer Angestellter angesetzt werden.
• Kalkulatorische Zinsen
In der Finanzbuchhaltung werden bekanntlich die Zinsen für das betriebsbedingt und das neutral eingesetzte Fremdkapital erfasst. In den Ausführungen zu den Grundkosten in unserem Versicherung-Ratgeber wurde festgestellt, dass die Zinsen für das betriebsbedingt eingesetzte Fremdkapital als Grundkosten in die Betriebsbuchhaltung übernommen werden können. In diesem Zusammenhang muss bedacht werden, dass der Agenturinhaber auch Eigenkapital aus seinem Privatvermögen in der Agentur einsetzt, für das er Zinsen erzielen würde, wenn er es anderweitig (z. B. in Wertpapieren) angelegt hätte. Sein Betrieb muss diese ausgefallene Verzinsung erwirtschaften und deshalb ist in der Betriebsbuchhaltung ein kalkulatorischer Zins auf das betriebsbedingt eingesetzte Eigenkapital zu berücksichtigen. Das nachstehende Schaubild mag die buchmäßige Behandlung noch einmal verdeutlichen:
Finanzbuchhaltung | Betriebsbuchhaltung (Kosten- und Leistungsrechnung) | |
• Zinsen für betriebsnotwendiges Fremdkapital | Buchung des Geschäftsfalles als Zinsaufwand | Übernahme des Zinsaufwandes als Grundkosten |
• Erwartete Verzinsung für das betrieblich eingesetzte Eigenkapital | Kein Buchungsvorgang, da kein Geschäftsfall vorliegt | Ansatz von kalkulatorischen Zinsen |
• Kalkulatorische Miete
In der Finanzbuchhaltung erfolgt bekanntlich nur dann die Buchung eines Mietaufwandes, wenn die Geschäftsräume fremd angemietet wurden.
Soweit sich die Geschäftsräume im betriebseigenen Geschäftsgebäude befinden, entsteht kein Mietaufwand, andererseits aber auch keine Mieteinnahme durch mögliche Fremdvermietung. Wünscht man eine klare Trennung zwischen den Erfolgen aus der eigentlichen Agenturtätigkeit (Vermittlung, Betreuung) und den Erfolgen aus betriebsfremden Tätigkeiten (hier: Raumvermietungen), kann es im Rahmen der Betriebsbuchhaltung sinnvoll sein, einen fiktiven Mietaufwand als betriebsbedingten Aufwand und eine fiktive Mieteinnahme als neutralen Ertrag zu erfassen. Die Agentur kann ohne Büroräume nicht betrieben werden, was kostenmäßig in der Betriebsbuchhaltung durch die vorgenannte Buchung berücksichtigt wird, Der neutrale Ertrag würde ebenfalls durch die Buchung genauer dargestellt; denn normalerweise müsste für die Büroräume eine Miete vom Nutzer der Räume eingehen.
Sofern nur die Darstellung des betrieblichen Erfolges aus den Kernaufgaben Vermittlung und Betreuung gewünscht ist, würde der Ansatz einer kalkulatorischen Miete ausreichen. Noch anders stellt sich die Situation dar, wenn das Geschäftsgebäude nicht zum Betriebsvermögen der Agentur sondern zum Privatvermögen des Agenturinhabers zählt. Der Agenturinhaber ist als Privatmann nicht buchführungspflichtig und er hat auch keine Betriebsbuchhaltung. Gleichwohl wird die Agentur in ihrer Betriebsbuchhaltung aus den vorgenannten Gründen Kosten für die Nutzung der Büroräume ansetzen müssen. Dies geschieht durch den Ansatz einer kalkulatorischen Miete. Hierbei orientiert man sich an der Miete, die für vergleichbare Büroräume zu zahlen wäre.
Das nachstehende Schaubild mag die buchmäßige Behandlung noch einmal verdeutlichen:
Finanzbuchhaltung | Betriebsbuchhaltung (Kosten- und Leistungsrechnung) | |
• Miete für fremd angemietete Büroräume | Buchung des Geschäftsfalles als Mietaufwand | Übernahme des Mietaufwandes als Grundkosten |
• Büroräume im Geschäftsgebäude der Agentur (Betriebsvermögen) | Kein Buchungsvorgang, da kein Geschäftsfall vorliegt | Buchung: Mietaufwand an Haus- und Grundstücksertrag (Der Mietaufwand stellt die Kosten dar.) |
• Büroräume im Geschäftsgebäude des Agenten (Privatvermögen) | Kein Buchungsvorgang, da kein Geschäftsfall vorliegt | Ansatz einer kalkulatorischen Miete |
Grundkosten sind aufwandsgleiche Kosten.
Anderskosten sind aufwandsungleiche Kosten.
Zusatzkosten sind aufwandslose Kosten.
Anderskosten und Zusatzkosten werden kalkulatorisch festgesetzt
(= kalkulatorische Kosten).
Übersicht
Neutraler Aufwand | Betrieblicher Aufwand | Grundkosten | Anderskosten | Zusatzkosten |
AoA HuGA KDiffA | AbA Ab Kfz AbGWG EgieA Gehälter KfzA MietA PA SozA SteuA VerwA WuRA ZA | AbGWG EgieA Gehälter KfzA MietA PA SozA SteuA VerwA WuRA | kalk. AbA kaik. AbKfz | kalk. Unternehmerlohn kalk. Zins kalk. Miete |
Abkürzungen gem. Kontenplan im hinteren Buchdeckel |
Weiterlesen Grundbegriffe der Kosten- und Leistungsrechnung bei Versicherungsagenturen Teil II