• Risikoidentifikation und Risikoanalyse | Beispiele: – Sichtprüfung – Klimaveränderungen |
• Risikobewertung | – Auswertung von Statistiken und Daten – Ermittlung von Eintrittswahrscheinlichkeiten – Bestimmung der Akzeptabilität eines Risikos |
• Risikobewältigung | – Schadenverhütung – Schadenbegrenzung während und nach der Gefahrenverwirklichung |
Risikoidentifikation und Risikoanalyse
– Objektives und subjektives Risiko
Objektive Risikomerkmale | Subjektive Risikomerkmale |
Beispiele: | Beispiele: |
Feuerversicherung | Feuerversicherung |
• Bauartklasse | • Leichtsinniger Umgang mit offenem |
• Betriebsart | Feuer |
• Brandschutzanlagen | • Nachlässige Wartung von Sicherheitseinrichtungen |
Lebensversicherung | Lebensversicherung |
• Alter | • Arztfeindliche Einstellung |
• Geschlecht | • Übermäßiger Alkohol- oder Zigarettenkonsum |
• Gesundheitszustand • Vorerkrankungen |
Alle Gefahrenmerkmale, die den versicherten Personen oder Sachen erkennbar innewohnen und die zum Schaden führen können, bezeichnet man als objektives Risiko. Der mögliche Schadeneintritt und sein Umfang wird jedoch häufig nicht nur durch das objektive Risiko, sondern auch durch das Verhalten des Versicherten (subjektives Risiko) bestimmt.
• Risikoanalyse und Risikobewältigung
Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des modernen Wirtschaftsleben, den Eintritt von Schäden zu vermeiden oder zumindest das Risiko zu begrenzen und Vorsorge zu treffen. Um sich der möglichen Risiken bewusst zu werden und entsprechende Vorsorge treffen zu können, bedarf es einer gründlichen Risikoanalyse.
Es gilt:
• Mögliche Risiken sind zu erkennen.
Beispiel:
Betriebsbesichtigung durch Fachleute der Feuerwehr.
• Es ist nach den Ursachen der erkannten Risiken zu forschen. •
Beispiel:
Bei der Benutzung eines Kfz wird das Unfallrisiko z. B. durch die Motorstärke, die Verkehrsdichte der Region (sog. objektive Risikomerkmale), aber auch durch das Fahrverhalten und die Fahrtüchtigkeit des Fahrers (sog. subjektive Risikomerkmale) bestimmt.
• Die Auswirkung des Risiko ist zu bestimmen (Quantifizierung des Risikos).
Es muss herausgefunden werden, welche Schäden und in welcher Höhe eintreten können und wie durch sie der Ablauf gestört sein kann. Erst diese Risikoanalyse gestattet es, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu planen und zu ergreifen. Soll das Risiko durch eine Versicherung gedeckt werden, hat die Risikoanalyse folgende Funktion:
– Aus Sicht des VN darf keine Deckungslücke entstehen. Er soll sich ausreichend abgesichert wissen, wenn es zu einem Schaden kommt.
– Aus Sicht des VR ist sie insbesondere Grundlage für die richtige Beratung, um die möglichen Risiken zu decken und den Versicherungsbeitrag zu berechnen. Die Planung und Durchführung von Sicherungsmaßnahmen im Anschluss an eine Risikoanalyse sowie die Kontrolle von Veränderungen im Zeitablauf, die es ständig zu beobachten gilt, und die Anpassung der Sicherungsmaßnahmen an Veränderungen bezeichnet man als Risk Management.
Risikobewertung
Situationsbeispiel (1. Fortsetzung)
Von Überschwemmungen kann nahezu jeder betroffen werden. Sei es als Hausbesitzer, Mieter oder Autofahrer. Denn nicht nur in bestimmten flussnahen Gegenden tritt von Zeit zu Zeit das Wasser über die Ufer, auch durch plötzlichen Starkregen, der erst die Kanalisation und dann die Keller flutet, werden auch Orte abseits von Gewässern in Mitleidenschaft gezogen. Welche verheerenden Schäden die Wassermassen anrichten können, haben die Überschwemmungen der letzten Jahre gezeigt.
Quelle: GDV, Broschüre Land unter…
Die Risikobewertung besteht im Wesentlichen aus der Risikoabschätzung und der Bestimmung der Akzeptabilität eines Risikos.
Risikoabschätzung
Die beiden zentralen Komponenten der Risikoabschätzung sind
– die Schadeneintrittswahrscheinlichkeit,
– das mögliche Schadenausmaß.
Sie werden durch die Auswertung statistischer Daten unter Beachtung des Gesetzes der großen Zahl gewonnen. Die Wahrscheinlichkeit ergibt sich aus dem Verhältnis der vermuteten Schadenfälle zu den insgesamt möglichen Fällen. Die Einheit des Schadenausmaßes hängt vom jeweiligen Sachgebiet ab. Es können finanzielle Werte sein (€), aber auch Tote oder der Totalverlust eines Schiffes/Flugzeuges.
Hochwassergefahr steigt
Düsseldorf (jis) Die massiven Niederschläge der vergangenen Tage bleiben kein Ausnahme-Ereignis, warnen Meteorologen. Künftig müsse häufiger mit extremen Wetterlagen gerechnet werden. Rund 30 bis 40 Prozent mehr Niederschlag sei zu erwarten, vor allem im Winter. Dazu kommen weniger Schnee- Tage. Schnee aber bindet Wasser. Die Folgen: Sowohl das Ausmaß als auch die Häufigkeit von Hochwasser werden stark zunehmen, sagt Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) NRW. Jansen warnt: NRW ist auf ein dramatisches Hochwasser nicht vorbereitet.
Der Umweltexperte entwirft ein düsteres Szenario. Bei einem Zweihundertjahreshochwasser ständen 25 Prozent von Düsseldorf unter Wasser, dazu seien viele rheinnahe Chemiebetriebe gefährdet. Das Schadenspotenzial ist gigantisch, so Jansen. Selbst eine radikale Reduzierung der Treibhausgase reiche nicht aus, das Problem zu lösen. Laut BUND müsse darauf geachtet werden, weniger Flächen zu versiegeln, dazu den Wald, der als wichtiger Wasserspeicher fungiert, zu schützen. Außerdem sollte man Flüsse langsamer machen, indem man ihnen mehr Raum gibt.
(Quelle: Rheinische Post vom 11. Aug. 2007)
Bei der im Beispielsfall betrachteten Naturkatastrophe Überschwemmung ist eine Zunahme der Eintrittswahrscheinlichkeit zu beobachten. Prognosen gehen davon aus, dass infolge des Klimawandels zukünftig mit noch häufigeren Überschwemmungen gerechnet werden muss, wobei auch das Schadenausmaß beträchlich steigen soll.
Exkurs: Überschwemmungsrisiko in Deutschland
Versicherungswirtschaft überarbeitet Zornierungssystem (ZÜRS)
Das Überschwemmungsrisiko in Deutschland kann künftig noch besser eingeschätzt werden. Dazu haben die deutschen VR ihr Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS) überarbeitet und weiter verbessert. In dieser Software werden die Überschwemmungsgebiete in unterschiedliche Gefährdungsklassen eingeteilt, Rückstau und Starkregen dagegen werden deutschlandweit einheitlich bewertet. In der neuen ZÜRS-Version 2006 wurden die Straßen- und Adressinformationen aktualisiert, so dass die Abdeckung jetzt bei ca. 90 Prozent liegt. Außerdem wurden die Überschwemmungsflächen erneut mit den Daten der Wasserwirtschaftsämter abgeglichen und auf den neuesten Stand gebracht.
Neu ist auch die so genannte Bachzone: Das Flussnetz wurde um kleine Gewässer erweitert um die eine Pufferzone von jeweils 100 Metern pro Seite gelegt wurde. Liegt ein Haus innerhalb dieser Zone, also nicht mehr als 100 Meter vom Bach entfernt, gibt ZÜRS diese Bachinformation zusätzlich zur Gefährdungsklasse an. Dies ist insbesondere für Risiken in der Gefährdungsklasse 1 eine wichtige Zusatzinformation, da bei größeren Ereignissen ein erheblicher Anteil der Schäden in der Gefährdungsklasse 1 hegt. Zudem kann nun abgelesen werden, ob ein Risiko auf einer Nordsee- oder Ostseeinsel hegt. Lässt sich eine Adresse nicht eindeutig einer Gefährdungsklasse zuordnen, gibt die neue ZÜRS-Version für die Risiken, die in der Gefährdungsklasse 0 hegen an, welche minimale und maximale Gefährdungsklasse die gesamte Straße hat.
Hintergrund:
Ein wichtiger Arbeitsgang innerhalb des Projektes ZÜRS ist die Erstellung der deutschlandweiten Überschwemmungsflächen. Als wissenschaftliche Grundlage für die einzelnen Gefährdungsklassen dient die hydraulische Berechnung unterschiedlicher Hochwasserszenarien (HQ10, HQ50, HQ200). Diese hydraulischen Berechnungen sind zur Qualitätsverbesserung mit örtlichen Gegebenheiten der Wasserwirtschaft abgeglichen worden, so dass der GDV seinen Versicherungsunternehmen Gefährdungsklassen speziell für versicherungstechnische Zwecke zur Verfügung stellen kann. In der Zone 2 liegen etwa 10 bis 12 Prozent der Gebäude. Etwa 3 Prozent der Gebäude liegen in den Zonen 3 und 4.
Die ZÜRS-Zonen
– Gefährdungsklasse 4: statistisch 1 mal in 10 Jahren ein Hochwasser
– Gefährdungsklasse 3: statistisch 1 mal in 10-50 Jahren ein Hochwasser
– Gefährdungsklasse 2: statistisch 1 mal in 50 – 200 Jahren ein Hochwasser
– Gefährdungsklasse 1: statistisch seltener als einmal alle 200 Jahre ein Hochwasser
– Gefährdungsklasse 0 : keine Zuordnung möglich
– Akzeptabilität eines Risikos
Für die Beurteilung der Frage, inwieweit ein Risiko akzeptiert wird, eignet sich das sog. Ampelmodell. Es beruht auf den drei Bewertungskategorien Normalbereich, Grenzbereich und inakzeptabler Bereich, wobei natürlich persönliche Wertvorstellungen und Risikobereitschaft eine große Rolle spielen.
Beispiel:
Der Käufer eines Neuwagens wird eine leichte Beschädigung seines Fahrzeugs vermutlich als inakzeptabel bewerten, während er eine gleichartige Beschädigung zwei Jahre später vielleicht schon als Grenzbereich einstuft. Für den Käufer eines älteren Gebrauchtwagens wird eine leichte Beschädigung vielleicht als normal erachtet.
Auf die verschiedenen Akzeptanzbereiche könnte im Beispielsfall wie folgt reagiert werden:
– Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung bei Neukauf des Fahrzeuges,
– Vereinbarung einer Selbstbeteiligung in späteren Jahren,
– Verzicht auf Vollkaskoversicherung, wenn das Fahrzeug ein bestimmtes Alter
erreicht hat.
Risikobewältigung
a) Grundsätzliche Möglichkeiten der Risikobewältigung
Grundsätzlich können folgende Maßnahmen unterschieden werden:
– Gefahrenumgehung
Einer möglichen Gefahr wird sich erst gar nicht ausgesetzt.
Beispiel:
Der Hausherr verzichtet auf den Einbau eines offenen Kamins, um die mögliche Brandgefahr aus dieser Einrichtung erst gar nicht zu schaffen.
Gefahrenabwehr Beispiel:
Blitzableiter auf dem Haus
– Schadenminderung
Maßnahmen zur Schadenminderung können während und auch nach der Wirksamkeit eines schadenverursachenden Ereignisses (z.B. Brand) ergriffen werden.
Beispiele:
(1) Als in der Küche ein Brand ausbricht, alarmiert der Wohnungsinhaber noch vor einem eigenen Löschversuch sofort die Feuerwehr.
(2) Nach einem Dachstuhlbrand wird eine Plane aufgezogen, um das Hausinnere vor möglichem Regenwasser zu schützen.
– Finanzielle Vorsorge Beispiele:
Rücklagenbildung, Abschluss entsprechender Versicherungsverträge
In Wirtschaftsunternehmen bezieht sich das Risikomanagement häufig auf Teilbereiche; das risikopolitische Instrumentarium besteht hier u. a. aus
• Risikoabwälzung:
So kann z. B. der Versender einer Ware u. U. das Transportrisiko auf den Frachtführer abwälzen. Durch vertragliche Abmachung wird hier versucht, selber so wenig wie möglich des insgesamt gegebenen Risikos zu tragen.
• Risikoteilung:
Ein risikoreiches Bauvorhaben im Ausland (Termine und Gewährleistung) kann z.B. auf eine größere Gruppe von Bauunternehmern so aufgeteilt werden, dass der einzelne Partner nicht über die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit hinaus in Anspruch genommen werden kann.
• Risikostreuung:
Eine Bank kann z. B. mögliche Kreditverluste in der Weise eingrenzen, dass statt weniger großer Kredite viele kleine Kredite, und zwar an Unternehmen verschiedener Wirtschaftszweige, gewährt werden.
b) Risikobewältigung am Beispiel der Gefahr Überschwemmung
Situationsbeispiel (2. Fortsetzung)
Hans Heinze möchte ein Einfamilienhaus bauen und hat zwei Grundstücke zur Wahl. Ein Freund rät ihm, bei seiner Auswahlentscheidung auch die Möglichkeit einer Überschwemmung mit einzubeziehen, nachdem er eine solche selber erfahren musste.
– Risikoeinschätzung beim Grundstücks- bzw. Hauskauf
Wer ein Grundstück/Haus anschafft, sollte sich bei der zuständigen Behörde nach früheren Überschwemmungen und dem bekannten bzw. erwarteten Grundwasserstand informieren. Einen bedeutenden Anhaltspunkt liefert auch die ZÜRS-Tabelle. Auch sollte man die jeweiligen Geländehöhen und die Geländebeschaffenheit untersuchen, um festzustellen, ob das Grundstück bei Starkregen durch Oberflächenwasser überschwemmt werden kann.
– Vorbeugende Baumaßnahmen
Bei großer Überschwemmungsgefahr sollte man ggf. auf den Bau eines Kellers verzichten und den Baukörper erhöht aufbauen. Starkregen überlastet häufig die Kanalisation und verursacht einen Rückstau, wodurch Kellerräume überflutet werden können. Eine Rückstausicherung im Abflussrohr kann hier Abhilfe schaffen. Teilweise ist eine solche Sicherung gesetzlich vorgeschrieben. Ein Heizöltank und die zugehörigen Rohrleitungen sollten gegen Aufschwimmen und das Eindringen von Wasser gesichert werden. Vor allen pingen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten sollten mobile Schutzsysteme geplant werden, mit denen Türen, Fenster, Lichtschächte und Keller schnell verschlossen werden können.
– Einrichtungsüberlegungen
In überschwemmungsgefährdeten Gebieten sollte auf die hochwertige Ausstattung bedrohter Räume verzichtet werden. Wassergefährdende Stoffe, z. B. Lacke, aber auch wichtige Dokumente, sollten nicht im Keller auf bewahrt werden. Elektrische Versorgungseinrichtungen sollten ebenfalls in höher gelegenen Bereichen installiert sein.
– Abschluss einer Elementarschadenversicherung
Im Rahmen der Elementarschadenversicherung, die sowohl als Ergänzung zur Wohngebäude-, als auch zur Hausratversicherung abgeschlossen werden kann, ist das Überschwemmungsrisiko mitversichert.
• Notfallplan
Ein Notfallplan sollte vor einer möglichen Überschwemmung ausgearbeitet werden, damit man in der zu erwartenden Hektik nicht die Übersicht verliert.
Hierzu zählt:
– eine Liste der Telefonnummern und Anschriften von Rettungsdiensten, Ärzten, Angehörigen,
– eine Grundausstattung an Lebensmitteln und Medikamenten, die griffbereit zur Verfügung steht,
– ein Maßnahmenplan, der wie folgt aussehen könnte:
• Alarmieren und evakuieren gefährdeter Personen
• Strom bzw. elektrische Geräte in bedrohten Räumen abschalten
• Wertgegenstände und Dokumente sichern
• Fenster, Türen usw. abdichten
• gefährdete Räume entleeren
• Auto aus der Gefahrenzone fahren
Wasser übt einen enormen Drück auf das Mauerwerk aus. Ggf. muss die Flutung des Kellers geplant werden, um Gebäudeschäden vorzubeugen.
Verhalten nach der Überschwemmung
Nach einer Überschwemmung lässt sich das Schadenausmaß ggf. noch begrenzen. Rasches Abpumpen des Wassers sowie Trocknung des Gebäudes und der durchnässten Einrichtung sind erste Maßnahmen in diesem Sinne. Elektrische Geräte sollten nicht ohne vorherige Prüfung in Betrieb genommen werden. Bei ausgelaufenen Schadstoffen ist die Feuerwehr zu verständigen. Sofern eine Elementarschadenversicherung besteht, muss der VN den VR unverzüglich informieren und die Weisungen zur Schadenminderung einholen. Unabhängig davon empfiehlt es sich, die erreichten Wasserstände und die Schäden zu dokumentieren.